Sexualisierte Gewalt gegen Kinder Mehr ermitteln, mehr Täter entdecken
Bilder und Videos sexualisierter Gewalt gegen Kinder kursieren oft in Foren und im Darknet. Innenministerin Faeser will die Ermittlungsbehörden deshalb verstärken. Einen Eingriff in die verschlüsselte Privatkommunikation lehnt sie ab.
Ermittlungsbehörden sollen in Foren und bei Darknet-Plattformen verstärkt tätig werden, um gegen die Darstellung sexualisierter Gewalt gegen Kinder vorzugehen. Je mehr ermittelt werde, desto mehr Täter würden entdeckt, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser im Interview mit der "Bild am Sonntag".
"Um das ganze Ausmaß zu fassen, braucht es mehr Personal und eine sehr gute technische Ausstattung", so die SPD-Politikerin. Das gelte für das Bundeskriminalamt ebenso wie für die Strafverfolgungsbehörden der Bundesländer.
Plan der EU-Kommission lehnt Faeser ab
Den Vorschlag der EU-Kommission, bei der Verfolgung von sexualisierter Gewalt gegen Kinder auch verschlüsselte Messenger-Nachrichten zu durchsuchen, lehnt Faeser dagegen ab. Die EU-Kommission hatte Mitte Mai einen Gesetzentwurf vorgestellt, der Anbieter wie Google oder Facebook dazu verpflichten soll, ihre Dienste mithilfe von Software nach entsprechenden Bildern und Videos zu durchsuchen.
Ein EU-Zentrum mit entsprechender Technologie soll demnach eingerichtet werden. Die Software solle den kleinstmöglichen Eingriff in die Privatsphäre der Nutzer vornehmen und keine anderen Informationen auslesen als jene, die auf sexualisierte Gewalt hindeuten. Der EU-Kommission zufolge wurden 2021 insgesamt 85 Millionen Bilder und Videos weltweit gemeldet. Die Dunkelziffer sei hoch.
"Nicht vereinbar mit Freiheitsrechten"
"Wir müssen härter gegen diese widerwärtige Kriminalität vorgehen - gerade auch auf europäischer Ebene, um an die großen Plattformen ranzukommen", sagte Faeser. "Aber wir dürfen nicht in verschlüsselte private Kommunikation eingreifen und damit die vielen Menschen treffen, die mit diesen Taten überhaupt nichts zu tun haben."
Es sei eine große Errungenschaft, dass der Staat nicht in jede Kommunikation gucken dürfe. "Jede private Nachricht anlasslos zu kontrollieren, halte ich für nicht vereinbar mit unseren Freiheitsrechten."
Gefahr im privaten Umfeld am größten
Bilder von sexualisierter Gewalt würden vor allem in Foren und im Darknet verbreitet, so Faeser. Deshalb müssten die Ermittler diese konsequent im Blick behalten. Anbieter müssten die Behörden umgehend informieren, sobald Material entdeckt wird.
Die Gefahr für sexualisierte Gewalt sei für Kinder im privaten Umfeld am größten, sagte Faeser. "Oft kennt der Täter sein Opfer gut, nutzt diese Nähe aus. Dieses Tabu müssen wir brechen."
Hilfesysteme für Frauen ausbauen
Mit Blick auf die jährlich etwa 150 Frauen, die von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet werden, sagte Faeser: "Da darf es keinerlei Verharmlosung geben. Das sind Morde! Wir müssen das klar als Femizid benennen." Der Staat müsse sich eingestehen, dass es dort ein großes, gefährliches Problem gebe, und entsprechend handeln.
Bei häuslicher Gewalt müssten die Ermittlungsbehörden sensibler werden. Direkt nach dem ersten gewalttätigen Übergriff müssten die Täter aus der gemeinsamen Wohnung verwiesen werden. "Wir brauchen flächendeckend bei der Polizei spezielle Ansprechstellen mit extra geschultem Personal." Auch das Hilfesystem für Frauen, vor allem die Frauenhäuser, solle ausgebaut werden.