BAMF und BKA Faeser will Hinweise auf Taleb A. untersuchen
Welche Behörden hatten wann welche Hinweise auf den Attentäter von Magdeburg? Dieser Frage will Innenministerin Faeser nun nachgehen. Offenbar wurde Taleb A. zweimal zu Geldstrafen verurteilt und stritt sich vor Gericht mit Flüchtlingshelfern.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg zusätzliche Ermittlungen angekündigt, um herauszufinden, welche Behörden zuvor Hinweise auf den Täter hatten. "Das Bundeskriminalamt unterstützt die Ermittlungen der Behörden in Sachsen-Anhalt", sagte Faeser der Zeitung Bild am Sonntag. "Die Ermittlungsbehörden werden alle Hintergründe aufklären. Dabei wird auch genau untersucht, welche Hinweise es in der Vergangenheit bereits gab und wie diesen nachgegangen wurde."
So hatte etwa das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nach eigenen Angaben einen Hinweis zu dem mutmaßlichen Täter erhalten. Die Nachricht sei im Spätsommer letzten Jahres über die Social-Media-Kanäle eingegangen, erklärte das BAMF. "Dieser wurde, wie jeder andere der zahlreichen Hinweise auch, ernst genommen." Da das Bundesamt aber keine Ermittlungsbehörde ist, sei die hinweisgebende Person, wie in solchen Fällen üblich, direkt an die verantwortlichen Behörden verwiesen worden, hieß es.
BKA-Chef Münch: "Völlig untypisches Muster"
Auch das Bundeskriminalamt hatte im November 2023 einen Hinweis aus Saudi-Arabien zu dem Mann bekommen. Der Chef des BKA, Holger Münch, sagte am Samstagabend im ZDF, es sei auch ein Verfahren eingeleitet worden. "Die Polizei in Sachsen-Anhalt hat dann auch entsprechende Ermittlungsmaßnahmen vorgenommen." Die Sache sei aber unspezifisch gewesen.
"Er hat auch verschiedene Behördenkontakte gehabt, Beleidigungen, auch mal Drohungen ausgesprochen. Er war aber nicht bekannt, was Gewalthandlungen angeht", sagte Münch zu dem Verdächtigen. Wie der Spiegel berichtet, hatte Taleb A. in Tweets gedroht, Deutschland werde einen "Preis" zahlen für seinen Umgang mit saudi-arabischen Flüchtlingen. Diese Dinge müssten aber nochmal überprüft werden, um zu schauen, ob den Sicherheitsbehörden etwas durchgegangen sei, so Münch. "Wir haben hier ein völlig untypisches Muster, und wir müssen das auch in Ruhe jetzt auch analysieren."
Bericht über mehrere Geldstrafen
Nach Recherchen des ARD-Hauptstadtstudios soll der Mann bereits vor mehr als zehn Jahren auffällig gewesen sein. Aus Ermittlungskreisen hieß es, dass er 2013 vom Amtsgericht Rostock wegen der Androhung von Straftaten zu 90 Tagessätzen zu je zehn Euro verurteilt worden sei. Bei dem späteren Asylverfahren habe die Verurteilung aber nicht zu einer Ablehnung seines Antrags geführt.
In Berlin wurde laut Spiegel gegen A. wegen des Missbrauchs von Notrufen ermittelt. Als Strafe wurde er zu 20 Tagessätzen zu je 30 Euro verurteilt. Am Tag vor dem Magdeburger Anschlag sollte über einen Einspruch von A. dagegen verhandelt werden, bestätigte die Staatsanwaltschaft dem Spiegel. Er sei aber nicht erschienen und der Einspruch verworfen worden.
Laut Spiegel ist A. im November und Dezember mehrfach nach Magdeburg gefahren und hat sich dort in der Innenstadt in einem Hotel eingemietet. Er habe sich dort möglicherweise auf den Anschlag vorbereitet, berichtete das Magazin unter Berufung auf Sicherheitskreise.
Streit mit Zentralrat der Ex-Muslime
Außerdem hatte A. in den vergangenen Jahren Konflikte mit dem Zentralrat der Ex-Muslime. Der aus Saudi-Arabien stammende Arzt habe den Zentralrat und die angeschlossene Säkulare Flüchtlingshilfe "seit Jahren terrorisiert", erklärte die Vorsitzende der Organisation, Mina Ahadi. Der Mann habe die Ausrichtung des Zentralrats und der Flüchtlingshilfe kritisiert und einzelne Aktive öffentlich diffamiert. Diese hätten sich juristisch dagegen gewehrt und im August 2023 vor Gericht erstritten, dass der saudische Arzt die Verleumdungen unterlassen musste.
Als sich in der Berufungsverhandlung Ende Oktober 2024 eine Niederlage für ihn abgezeichnet habe, habe er in einer Wutrede vor Gericht ausgeführt, dass er Europa vor der Islamisierung retten werde, wozu die deutschen Gerichte nicht in der Lage seien. Eine Mitarbeiterin der Säkularen Flüchtlingshilfe habe zudem bereits 2023 Strafanzeige gegen den Mann eingereicht wegen seiner Posts auf der Plattform X, in denen er unter anderem die deutsche Polizei als "Treiber des Islamismus in Deutschland" bezeichnet habe.
Aufarbeitung im Bundestag
Der Anschlag in Magdeburg wird auch Thema im Bundestag. Am 30. Dezember soll sich nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios der Innenausschuss und das Parlamentarische Kontrollgremium mit dem Fall befassen.
"Zwei Tage nach der fürchterlichen Tat kommen immer mehr Details über den Täter ans Licht, die nicht ins Schema X passen, sondern noch Fragen an die Sicherheitsbehörden in Bund und in Sachsen-Anhalt aufwerfen", erklärte SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese. Aus seiner Sicht sollten bei den Sondersitzungen von Innenausschuss und Kontrollgremium neben Bundesinnenministerin Faeser auch die Präsidenten von Bundesnachrichtendienst (BND), Verfassungsschutz und des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vorgeladen werden.