Europawahl in Deutschland Verluste bei Union - SPD auf Tiefststand
CDU und CSU bleiben die stärkste deutsche Kraft im EU-Parlament. Trotz deutlicher Verluste deklassierten sie die SPD. Diese sank auf einen historischen Tiefststand. Den größten Zuwachs verzeichnete die FDP. Dennoch blieb sie viertstärkste Kraft hinter den Grünen. Auch die Linkspartei legte zu.
Knapp vier Monate vor der Bundestagswahl sind CDU und CSU als stärkste Kraft aus der Europawahl hervorgegangen. Trotz deutlicher Verluste kam die Union nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis zusammen auf 38,1 Prozent.
Die Union erzielte damit zwar ihr zweitschlechtestes Ergebnis bei einer Europawahl, lag damit aber immer noch deutlich vor den Sozialdemokraten. Diese verschlechterten sich noch einmal gegenüber ihrem Ergebnis von 2004. Die SPD erreichte der Hochrechnung zufolge lediglich einen Stimmenanteil von 20,9 Prozent - so schwach schnitt die Partei noch nie bei einer EU-Wahl ab.
Trotz Plus das Ziel verfehlt
Den stärksten Stimmenzuwachs verzeichnete die FDP. Mit einem Plus von 4,9 sprang sie auf 11 Prozent. Allerdings verfehlten die Liberalen ihr Ziel, drittstärkste politische Kraft zu werden.
Diese Position erreichten die Grünen mit einem Anteil von 12,0 Prozent - sie können ihr Ergebnis von vor fünf Jahren leicht verbessern. Auch die Partei Die Linke steigerte sich und kam auf 7,7 Prozent.
Bei der Wahlbeteiligung zeichnete sich mit 42,7 Prozent ein ähnlich geringes Interesse wie 2004 ab. Damals gab es mit 43 Prozent einen Negativ-Rekord.
Die Bundespolitik gab den Ausschlag
Für viele Wähler waren offenbar nicht europapolitische, sondern bundespolitische Gründe ausschlaggebend. Den Erhebungen von Infratest dimap zufolge bestimmte vor allem die Finanz- und Wirtschaftskrise das Stimmverhalten. Davon profitierte die Union. Ihr trauten 43 Prozent der Wähler eher zu, das Land aus der Krise zu führen. Die SPD kam hier nur auf einen Wert von 22 Prozent.
99 Abgeordnete aus Deutschland
Im EU-Parlament ist die CDU nach derzeitigem Stand künftig mit 35 Abgeordneten vertreten; die Fraktion der Europäischen Volkspartei wird ergänzt durch acht Abgeordnete der CSU. Die SPD stellt künftig 23 Abgeordnete. Die Grünen entsenden 13 Abgeordnete und damit einen mehr als die FDP. Die Partei Die Linke vertreten künftig acht Abgeordnete.
Besonderen Jubel löste die Prognose bei der CSU aus - sie hatte nach dem schlechten Wahlergebnis bei der Landtagswahl vom vergangenen Jahr befürchtet, an der bundesweiten Fünf-Prozent-Hürde zu scheitern. Der ARD-Hochrechnung nach überspringt die CSU aber mit 7,5 Prozent der Stimmen die Hürde deutlich – dies entspricht in Bayern einem Stimmenanteil von 49,5 Prozent.
"Schwieriger Abend" für die SPD
Der SPD-Parteivorsitzende Franz Müntefering sprach in einer ersten Reaktion von einem "schwierigen Abend". Er rief die Parteianhänger vor der Bundestagswahl im September auf, dennoch weiter für die sozialdemokratischen Positionen zu werben. SPD-Kanzlerkandidat räumte ein, dass es der Partei nicht gelungen sei, ihre Wähler in die Wahllokale zu bringen.
Der Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, sagte, nach dem schlechten Abschneiden der SPD sei zudem klar, dass die Sozialdemokraten keinen Anspruch mehr auf das Amt eines deutschen EU-Kommissars erheben könnten.
Die Kleinen jubeln
FDP-Chef Guido Westerwelle vertrat die Ansicht, die FDP habe einen "empfindlichen Rückenwind" für eine bürgerliche Mehrheit bei der Bundestagswahl erhalten. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth wertete das Ergebnis als "Lohn" dafür, dass die Partei Europapolitik thematisiert und auf einen vorgezogenen Bundestagswahlkampf verzichtet habe.
Der Fraktionschef der Linkspartei, Gregor Gysi, betonte, Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer erklärte, die CSU sei "wieder da".
Vor fünf Jahren hatte die CDU einen Anteil von 36,5 Prozent und die CSU von 8,0 Prozent erreicht. Die SPD hatte mit 21,5 Prozent ihr bis dahin schlechtestes Ergebnis bei einer Europawahl erzielt. Die Grünen kamen auf 11,9 Prozent, die FDP auf 6,1 und die PDS auf 1,4 Prozent.
Mehr als 1000 Kandidaten
Für das EU-Parlament hatten sich insgesamt 1196 Kandidaten aus 32 Parteien und Gruppierungen beworben, wovon 30 Bundeslisten aufgestellt hatten. Die CDU trat in 15 Bundesländern mit Landeslisten an, die CSU nur in Bayern.
Zur Wahl aufgerufen waren rund 62 Millionen Stimmberechtigte. Auch 2,1 Millionen EU-Ausländer mit Wohnsitz in Deutschland waren zur Stimmabgabe aufgerufen.
Offizielle Ergebnisse dürfen erst ab 22.00 Uhr bekanntgegeben werden, weil in einigen Mitgliedsstaaten dann erst die Wahllokale schließen. Auf das vorläufige amtliche Endergebnis in Deutschland muss vermutlich bis nach Mitternacht gewertet werden.