Mögliche Koalition EU-Finanzen - Stolperfalle für Jamaika?
Deutschland sucht eine neue Regierung, Europa sucht zugleich einen Zukunftsplan der EU. Die Vision von Frankreichs Präsident Macron steht. Seine Finanzideen könnten zur hohen Hürde für eine mögliche Jamaika-Koalition werden.
In seiner vielbeachteten Rede hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron diese Woche skizziert, wie eine reformierte EU aussehen könnte. Nicht unabsichtlich platzierte Macron seine Rede nach der Bundestagswahl und vor beginnenden Koalitionsverhandlungen. Nun müssen sich die potentiellen Bündnis-Parteien zu seinen Reformideen positionieren. Auch wenn Macron ein Füllhorn an Ideen ausgoss, so werden doch gerade seine finanzpolitischen Vorschläge heiß diskutiert.
Ein Geldtopf für die Eurozone
Macron wirbt beispielsweise für ein konkretes Eurozonenbudget, also einen gemeinsamen Topf in den alle Staaten der Eurozone einzahlen und der gemeinsamen Investitionen dienen soll. Pathetisch spricht er von "einem gestärkten Budget im Herzen von Europa, im Herzen der Eurozone." Nur mit einer starken Eurozone könne die EU zu einer echten Wirtschaftsmacht werden und es zukünftig mit den USA und China aufnehmen.
Aber Macron geht bei seiner Idee noch weiter. Ein Budget funktioniere nicht ohne starke politische Führung, einem gemeinsamen Minister auf europäischer Ebene, so Macron. Damit spricht sich Macron klar für eine Beschneidung staatlicher Souveränitäten zugunsten eines starken Europas aus.
Zudem will Macron eine EU-weit einheitliche Besteuerung der Unternehmen. Momentan gehen die Steuersätze europaweit deutlich auseinander. Um die Bandbreite zu schmälern, plädiert Macron für steuerliche Ober- und Untergrenzen.
Geht das mit Jamaika?
Könnten gerade Macrons finanzpolitischen Vorschläge zu unüberwindbaren Hürden für eine mögliche Jamaika-Koalition in Deutschland werden? Klar ist, dass die Positionen von Bündnis 90/Die Grünen, FDP, CDU und CSU hier teilweise weit auseinanderliegen.
Macron und Merkel in Tallinn: Die Kanzlerin blieb vage.
Das weiß auch CDU-Chefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel. Beim Treffen der EU-Regierungschefs in Tallinn diese Woche gab es für sie Gelegenheit zum persönlichen Austausch mit Macron. Frankreich sieht in Merkel einen verlässlichen Partner beim großen Vorhaben der Neugestaltung Europas.
Bei der Pressekonferenz blieb die Kanzlerin dann aber eher vage. Es ginge darum, möglichst viele Eurozonen-Mitglieder bei der Diskussion mitzunehmen. Die Themen werde sie zu den Koalitionsverhandlungen in Deutschland mitbringen, so Merkel.
CSU sieht Vorschläge kritisch
So zurückhaltend gibt sich die CSU nicht. Der bayerische Finanzminister Markus Söder machte auf Anfrage des ARD-Hauptstadtstudios deutlich, was er von den europaweiten Steuern und vom Eurozonenbudget hält. "Wir wollen keine Euro-Steuer, wir glauben auch nicht dass eine Art Transferunion, also eine Art Länderfinanzausgleich auf europäischer Ebene, irgendetwas bewirken kann", so Söder.
Die Grünen scheinen grundsätzlich angetan von Macrons Ideenmut. Es gebe jetzt endlich einen Partner in Frankreich der Vorschläge gemacht habe und mit dem man Europa voranbringen könne, so Parteichef Cem Özdemir.
Bleibt noch die FDP. Parteichef Christian Lindner hat bereits am Wahlabend in der "Elefantenrunde" von ARD und ZDF eine rote Linie gezogen und sich strikt gegen einen gemeinsamen Haushalt der Euro-Staaten mit Transferleistungen in andere Mitgliedsstaaten ausgesprochen.
Schwierige Gespräche ?
Es dürften für alle vier möglichen Jamaika-Partner keine einfachen Gespräche werden, sobald es um europäische Finanzpolitik geht.
Aus Brüssel beobachtet EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker das Geschehen in Deutschland übrigens eher mit Gelassenheit. Er glaubt nicht, dass eine Jamaika-Koalition negative Auswirkungen auf den europäischen Reformprozess haben könnte, sondern setzt weiter auf die deutsche Staatsraison. Und diese, so betont Juncker, sei immer proeuropäisch gewesen.