Größter deutscher Moscheeverband Ditib-Imame made in Germany
Der bundesweit größte Islamverband Ditib bildet nach anhaltender Kritik erstmals einen Teil der Imame in Deutschland aus. Die Bundesregierung fordert von dem Verband aber weiterhin eine noch stärkere Loslösung von der Türkei.
Der türkisch-islamische Verband Ditib bildet erstmals deutschsprachige Imame aus. Dafür hat der Verband ein Zentrum für die Ausbildung von Religionsbeauftragten in deutschen Moscheegemeinden im nordrhein-westfälischen Dahlem in der Eifel ins Leben gerufen.
22 junge Menschen werden dort eine zweijährige praktische Ausbildung absolvieren. Es sollen aber sukzessive deutlich mehr werden, sagte der Ditib-Bundesvorsitzende Kazim Türkmen. Er sprach von einer "historischen Entwicklung nicht nur für Ditib, sondern auch für Deutschland".
Ausbildung zahlt Ditib
Das Ausbildungskonzept wurde von der Ditib-Akademie erstellt. Vor allem praxisorientiert soll es zugehen: also viel Einsatz für die Auszubildenden in einer Moscheegemeinde. Ihre Theoriewochen absolvieren die zwölf Frauen und zehn Männer des ersten Lehrgangs in Dahlem "überwiegend" auf Deutsch, sagte Akademie-Leiterin Seyda Can. Es gebe auch externe Referenten und Dozenten deutscher Hochschulen.
Auf dem Programm stehen islamisches Recht, der Koran, deutsches Religionsverfassungsrecht, Redekunst. Aber auch gesellschaftliche Themen wie antimuslimische Ressentiments - alles, was auf die Rolle des Vorbeters, Seelsorgers und Gemeindepädagogen vorbereitet. Die Ausbildung zahlt Ditib. Man sei auch offen für Absolventen der Islamischen Theologie aus deutschen Hochschulen, hieß es. Unter den ersten 22 Neuen haben 18 in der Türkei studiert, so der Verband.
Kritik an enger Verbindung zur Türkei
Die Imame von Ditib werden bislang aus der Türkei entsandt und allesamt von der staatlichen Religionsbehörde Diyanet in Ankara bezahlt. Von den etwa 1100 hierzulande tätigen Religionsbeauftragten sind laut Ditib nur 110 deutschsprachig. Die Imame "made in Germany" sollen nun hinzukommen.
Der Staatssekretär im Innenministerium, Markus Kerber, bezeichnete das Ausbildungszentrum als positives Signal des Verbands an den deutschen Staat. Der Bundesregierung sei es in der Integrationsdebatte ein zentrales Anliegen, dass die Islamverbände ihr Moscheepersonal in Deutschland ausbildeten und der Einfluss aus dem Ausland zurückgehe. "Ein Großteil der islamischen Religionsbeauftragten wird künftig stärker der deutschen Lebenswirklichkeit entsprechen, hier werden sie ihren Lebensmittelpunkt und ihre Zukunft sehen", sagte Kerber, der auch die Deutsche Islamkonferenz organisiert.
Interne Debatte
Kerber ging aber auch auf die Störungen im Dialog zwischen Politik und Ditib ein: Der Verband war seit dem Putschversuch in der Türkei 2016 wegen der Bespitzelung von Gegnern des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, wegen Kontakten zur radikalen Muslimbruderschaft sowie Kriegspropaganda für die türkische Armee in Syrien hart in die Kritik geraten.
Der Bund und mehrere Bundesländer hatten deshalb ihre Zusammenarbeit mit der Ditib stark eingeschränkt und gefordert, der Verband möge sich von der Türkei distanzieren. "Es wird noch Zeit und konkrete Schritte brauchen, um verspieltes Vertrauen wiederherzustellen", so Kerber. Er habe aber den Eindruck, dass es inzwischen eine verbandsinterne Debatte über eine größere organisatorische Unabhängigkeit vom türkischen Staat gebe.
Die Ditib ist mit mehr als 850 Moscheegemeinden der größte Islamverband in Deutschland. Nach eigenen Angaben vertritt er rund 800.000 Muslime.