ARD-DeutschlandTrend Der Stern der Kanzlerin strahlt wieder
Die Zypern-Krise ist vorerst gelöst, die SPD kann mit innenpolitischen Themen nicht landen - es läuft wieder rund für Bundeskanzlerin Merkel und die Union. SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück ist im ARD-DeutschlandTrend weit abgeschlagen, auch innerhalb seiner Partei sinkt der Rückhalt. Dennoch: Klare Regierungsmehrheiten gibt es nicht.
Von Jörg Schönenborn, WDR
Die österliche Ruhe in der Innen- und Europapolitik hat in der politischen Stimmung vor allem eines bewirkt: Kanzlerin Angela Merkel und ihre Union finden nach Beruhigung in der Zypern-Krise zu alter Stärke zurück. Während Merkel mit 68 Prozent Zustimmung weiterhin unangefochten beliebteste Parteipolitikerin in Deutschland ist, klettert die Union innerhalb einer Woche um zwei Punkte auf 41 Prozent. Sie ist damit nun genau so stark wie die SPD mit 27 Prozent (minus ein Prozent) und die Grünen mit 14 Prozent (minus ein Prozent) zusammen. Keine Veränderung gibt es für die Linkspartei mit acht Prozent, die FDP mit vier Prozent und die Piraten mit drei Prozent. Klare Regierungsmehrheiten sind allerdings trotz des Höhenflugs der Union nicht erkennbar.
Wie fast immer seit Beginn der Euro-Krise zeigt sich auch jetzt wieder das alte Muster: Sobald ein neuer Krisenherd in Brand gerät, lässt Merkels Popularität und das Zutrauen in ihre Kompetenz leicht nach. So war die Union Mitte März bis auf 38 Prozent zurückgefallen. Sobald das Problem aber zumindest fürs Erste gelöst ist und damit aus dem Blickfeld verschwindet, strahlt der Stern der Kanzlerin wieder hell. Vor allem aber: Die Mehrheit der Deutschen fühlt sich dann bei ihr besonders gut aufgehoben.
Das ist auch aktuell zu beobachten. 75 Prozent der Deutschen (plus 5 gegenüber Januar) glauben, dass der "schlimmste Teil der Euro- und Schuldenkrise" noch bevorsteht. Aber gleichzeitig urteilen 65 Prozent (plus sechs Prozent gegenüber März), dass Merkel "in der Eurokrise richtig und entschlossen gehandelt" habe.
Auch im konkreten Handeln gibt es überwiegend Zustimmung: So teilen gerade 33 Prozent vor allem die außerhalb Deutschlands heftig geäußerte Kritik, die Bundesregierung denke "bei der Euro-Rettung zu wenig daran, wie es den Menschen in den Krisenländern" gehe.
Innenpolitische Themen sind nachrangig
Und aus Sicht der Bundesregierung hat ein europäischer Krisenherd, der sich erstmal wieder beruhigt hat, noch einen entscheidenden Vorteil: Alle innenpolitischen Themen, die die Opposition zu setzen versucht, erscheinen nachrangig und erfüllen kaum Wirkung. Das gilt im Moment für die Steuerpläne der SPD. Sie knüpfen an an das Empfinden der Mehrheit der Deutschen (gegenwärtig 53 Prozent), dass es in diesem Land ungerecht zugeht. Dieses Empfinden beruht ja zu einem guten Teil darauf, dass die Einkommen für Manager und Führungskräfte überproportional gestiegen sind, während es bei kleinen Einkommen in den vergangenen Jahren häufig nicht einmal einen Inflationsausgleich gab.
Konkret beabsichtigt die SPD deshalb, den Spitzensteuersatz nicht nur zu erhöhen, sondern ihn künftig bereits ab einem Einkommen ab 100.000 Euro für Ledige und 200.000 Euro für Verheiratete greifen zu lassen. Wegen der Anpassung des Steuertarifs führt dies dazu, dass bereits ab 64.000 bzw. 128.000 Euro zu versteuernden Jahreseinkommen die Einkommenssteuer steigt. Dafür gibt es deutliche Zustimmung in der Bevölkerung: 58 Prozent finden das richtig, 37 Prozent nicht. Und selbst unter Unions-Anhängern ist die Zustimmung mit 42 Prozent beträchtlich.
Der Verkünder dieser Botschaften, SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, profitiert davon allerdings gar nicht - im Gegenteil: In der Direktwahlfrage ist der Abstand so groß wie nie zuvor seit Beginn des Wahlkampfs. Wenn man den Kanzler oder die Kanzlerin direkt wählen könnte, würden sich ganze 25 Prozent für Steinbrück entscheiden, 60 Prozent hingegen für Merkel.
Nicht nur der Abstand von 35 Punkten ist für Steinbrück ein dramatisches Signal. Auch der Rückhalt in seiner Partei ist deutlich verbesserungsfähig. Während 96 Prozent der Unions-Anhänger in dieser Frage hinter Merkel stehen, stehen nur 57 Prozent der SPD-Anhänger hinter Steinbrück. Jeder dritte SPD-Wähler hätte lieber Merkel als Kanzlerin.
Neuer Tiefpunkt für Steinbrück
Bei der Bewertung der wichtigsten Spitzenpolitiker/innen erreicht Steinbrück einen erneuten Tiefpunkt: Nur noch 32 Prozent (minus vier) sind mit seiner Arbeit zufrieden. Das ist der geringste Wert, seit er von Nordrhein-Westfalen aus in die Bundespolitik gewechselt ist. Er liegt auf dem viertletzten Platz vor Linken-Fraktionschef Gregor Gysi (28 Prozent), FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle (27 Prozent) und dem FDP-Vorsitzenden Philipp Rösler (18 Prozent).
Am oberen Tabellenende erreicht außer Merkel (68 Prozent) nur Finanzminister Wolfgang Schäuble einen annähernd guten Wert mit 63 Prozent (minus ein Prozent). Mit etwas Abstand folgen dann NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (54 Prozent, minus zwei Prozent), SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier (54 Prozent, keine Veränderung) und Verteidigungsminister Thomas de Maizière (53 Prozent, keine Veränderung). Erstaunlich: Den sechsten Platz teilen sich jetzt mit je 45 Prozent Zustimmung Außenminister Guido Westerwelle (plus zwei Prozent) und Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (minus zwei Prozent).
Papst Franziskus kommt an
Nach so viel Politik lohnt ein Blick in die Kirche. Seit knapp einem Monat ist Papst Franziskus jetzt im Amt und schon jetzt ist er für die große Mehrheit deutlich überzeugender als sein Vorgänger. 55 Prozent der Deutschen (58 Prozent der Katholiken) sind mit seinem Handeln bisher zufriedener als mit dem des deutschen Vorgängers Benedikt XVI.
Umgekehrt finden nur acht Prozent (elf Prozent der Katholiken), dass Benedikt der XVI. sein Amt besser ausgeführt hat. Die übrigen Befragten wollen oder können diese Frage nicht beantworten. Unter Katholiken gibt es zumindest ein wenig Hoffnung, dass der argentinische Papst ihre Kirche verändern könnte. 29 Prozent der deutschen Katholiken rechnen mit einer starken oder sehr starken Veränderung, 55 Prozent mit nur geringen Veränderungen. 14 Prozent der Katholiken rechnen überhaupt nicht damit, dass sich etwas ändert. Erkennbar ist aber schon jetzt: Der neue Papst in Rom hat das Zeug zum Hoffnungsträger - weit über kirchliche Fragen hinaus.
Stichprobe: Repräsentative Zufallsauswahl / Dual Frame
(Relation Festnetz-/Mobilfunknummern 70:30)
Erhebungsverfahren: Computergestützte Telefoninterviews (CATI)
Fallzahl: 1002 Befragte / Sonntagsfrage: 1502 Befragte
Erhebungszeitraum: 02. bis 03. April 2013
Fehlertoleranz: 1,4* bis 3,1** Prozentpunkte
*bei einem Anteilswert von 5 Prozent ** bei einem Anteilswert von 50 Prozent