DeutschlandTrend

ARD-DeutschlandTrend Knappe Mehrheit für Neuwahlen

Stand: 31.10.2024 18:00 Uhr

Die Zufriedenheit mit der Ampelregierung erreicht einen neuen Tiefpunkt. Eine knappe Mehrheit der Menschen will laut ARD-DeutschlandTrend vorgezogene Neuwahlen. Doch auch eine Unions-Regierung löst keine Euphorie aus.

Seit April 2022 geht die Kurve vor allem bergab - jetzt ist sie auf einem neuen Tiefpunkt angekommen: Nur noch 14 Prozent der Deutschen (-5 Prozentpunkte im Vergleich zu Anfang Oktober) bewerten die Arbeit der Ampelkoalition positiv. 85 Prozent sind weniger oder gar nicht zufrieden. Das hat der ARD-DeutschlandTrend in einer Befragung von 1.333 Wahlberechtigten von Montag bis Mittwoch dieser Woche ergeben.

Knappe Mehrheit will Neuwahlen

Seit 1997 fragt der ARD-DeutschlandTrend nach der Zufriedenheit mit der Arbeit der Bundesregierung. Nur viermal lag der Wert seitdem noch niedriger: einmal bei der schwarz-gelben Bundesregierung im Juni 2010 (zwölf Prozent) und dreimal bei Rot-Grün in den Jahren 2003 und 2004 (elf bzw. 13 Prozent). Die rot-grüne Regierung endete schließlich vorzeitig im Jahr 2005 - mit vorgezogenen Neuwahlen. Für genau die spricht sich auch aktuell eine Mehrheit der Deutschen aus: 54 Prozent wollen vorgezogene Neuwahlen, 41 Prozent hingegen den Fortbestand der Koalition bis zum regulären Wahltermin im September 2025.

Union legt bei Sonntagsfrage zu

Wenn schon am kommenden Sonntag Bundestagswahl wäre, käme die SPD auf 16 Prozent (unverändert im Vergleich zu Anfang Oktober 2024). Die Union aus CDU und CSU verbessert sich auf 34 Prozent (+3) und wäre damit klar stärkste Kraft. Es ist ihr bester Wert seit Februar 2021.

Die Grünen verlieren gegenüber Anfang Oktober zwei Punkte und landen bei elf Prozent. Die FDP läge mit vier Prozent (+1) weiterhin unterhalb der Mandatsschwelle. Die AfD bleibt bei 17 Prozent. Das Bündnis Sahra Wagenknecht büßt gegenüber Anfang des Monats zwei Punkte ein und landet derzeit bei sechs Prozent. Auf alle anderen Parteien entfallen derzeit zwölf Prozent - darunter auch die Linke und die Freien Wähler.

Keine hohen Erwartungen in Unions-Regierung

CDU/CSU bekommen also aktuell den meisten Rückhalt - und verzeichnen seit der Wahl 2021 eine Aufwärtskurve. Einer möglichen Bundesregierung unter Führung der Union traut aktuell knapp jeder vierte Wahlberechtigte (23 Prozent) zu, die anstehenden Aufgaben und Probleme in Deutschland besser zu lösen als die jetzige Bundesregierung (+1). Jeder Sechste (16 Prozent) glaubt hingegen, CDU/CSU würden eine schlechtere Arbeit machen (+2). Gut jeder Zweite (53 Prozent) ist der Ansicht, eine CDU/CSU-geführte Regierung würde ähnlich gut bzw. schlecht arbeiten (-1).

Grüne und FDP enttäuschen bei Haushalts- und Wirtschaftspolitik

Auf zwei Feldern ist die amtierende Bundesregierung gerade besonders gefordert, auf beiden fehlt den Deutschen das Vertrauen: Sowohl im Feld der Wirtschaftspolitik als auch in der Haushalts- und Finanzpolitik sind 83 Prozent unzufrieden mit der Arbeit der Ampel. Und die Unzufriedenheit konzentriert sich auf die Parteien, die die verantwortlichen Ministerien besetzen: In der Haushalts- und Finanzpolitik überwiegt die Enttäuschung mit FDP (38 Prozent) und Grünen (36 Prozent), von der SPD sind weniger Menschen enttäuscht (17 Prozent).

In der Wirtschaftspolitik sagt jeder zweite Unzufriedene, vor allem von den Grünen enttäuscht zu sein, ein knappes Viertel (24 Prozent) ist von der FDP am meisten enttäuscht, fast jeder Fünfte (19 Prozent) von der SPD.

In der persönlichen Bewertung rutscht Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im Vergleich zu Anfang Oktober deutlich ab (20 Prozent Zufriedenheit, -8 Punkte). Damit liegt er etwa gleichauf mit Bundesfinanzminister Christian Lindner von der FDP (19 Prozent Zufriedenheit, +2) und SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz (19 Prozent Zufriedenheit, -2).

Zum Vergleich: Der schlechteste Wert von Gerhard Schröder (SPD) während seiner siebenjährigen Amtszeit als Kanzler war 24 Prozent, der von Angela Merkel (CDU) während ihrer 16-jährigen Amtszeit war 40 Prozent.

Große Sorge um Wirtschaftsstandort

In einer Woche paralleler Gipfel und Gespräche sind sich Regierung und Regierte einig in der Sorge um den Wirtschaftsstandort Deutschland - drei Viertel der Deutschen (73 Prozent) sind besorgt darüber. Zudem machen sich 44 Prozent Sorgen, dass sie ihren Lebensstandard in Zukunft nicht mehr halten können und 18 Prozent der Erwerbstätigen sorgen sich um ihren Arbeitsplatz.

Uneinig bei Schuldenbremse, Mehrheit für Subventionen

Die Politik, allen voran die drei Regierungsparteien, ringen um den richtigen Umgang mit der Wirtschaftskrise. Von Seiten der SPD und der Grünen wird zum Beispiel immer wieder die Schuldenbremse infrage gestellt, die FDP will, dass die Regelung weiter Bestand hat.

Auch die Bevölkerung ist sich dabei uneins: 48 Prozent der Deutschen (-5 im Vergleich zu August) sprechen sich für die Schuldenbremse aus, 45 Prozent (+4) wollen, dass sie gelockert wird, zum Beispiel für öffentliche Investitionen.

Mehr Einigkeit gibt es in der Bevölkerung für die Gewährung von staatlichen Hilfen für die Unternehmen, die in Deutschland investieren: Zwei Drittel (67 Prozent) halten das für den richtigen Weg. Eine allgemeine Senkung von Steuern für Unternehmen bejaht gut die Hälfte (54 Prozent).

US-Wahl: Deutsche bevorzugen Harris deutlich

Seit Kamala Harris als Kandidatin in das Rennen um die US-Präsidentschaft eingetreten ist, liegen sie und der ehemalige US-Präsident und aktuelle republikanische Kandidat Donald Trump Kopf an Kopf - sowohl in den nationalen Umfragen in den USA als auch in den Bundesstaaten, die aufgrund des besonderen Wahlsystems in den USA als wahlentscheidende Swing States bekannt sind.

Bei den Deutschen fiele das Ergebnis dagegen klar aus: Wenige Tage vor der Wahl am 5. November halten drei von vier Deutschen (74 Prozent) die demokratische Kandidatin für überzeugender als ihren republikanischen Kontrahenten; elf Prozent halten Trump für überzeugender. Ebenso viele (ebenfalls elf Prozent) sind von keinem der beiden Kandidaten überzeugt.

Eher von Kamala Harris überzeugt sind mit jeweils deutlicher Mehrheit die Anhänger von Grünen (92 Prozent), CDU/CSU sowie SPD (jeweils 90 Prozent). Anhänger des Bündnis Sahra Wagenknecht sind ebenfalls mehrheitlich von Harris überzeugt (61 Prozent); 14 Prozent von ihnen sind eher von Trump überzeugt und jeder Vierte (25 Prozent) von keinem der beiden Kandidaten. Vier von zehn AfD-Anhängern (41 Prozent) sind eher von Trump überzeugt, jeder Vierte (26 Prozent) eher von Harris und 28 Prozent von keinem der beiden Kandidaten.

Unter Harris würde besseres Verhältnis zu Deutschland erwartet

Eine Mehrheit der Deutschen ist davon überzeugt, dass eine Präsidentin Harris sowohl für das Verhältnis zwischen den USA und Deutschland besser (82 Prozent) wäre, als auch für den globalen Kampf gegen den Klimawandel (78 Prozent), die Sicherheit in Europa (77 Prozent) und die deutsche Wirtschaft (75 Prozent).

Auch für die Situation in der Ukraine (70 Prozent) sowie im Nahen Osten (66 Prozent) hielte eine Mehrheit der Deutschen eine US-Präsidentin Harris für besser; auf diesen beiden Feldern traut aber immerhin jeder Sechste (17 Prozent) einem Präsidenten Trump zu, die bessere Lösung zu sein.

Misstrauen gegenüber Trump deutlich größer

Sollte Harris die US-Wahl für sich entscheiden, so glauben nur 13 Prozent der Deutschen, dass Trump ihren Sieg anerkennen würde. Vier von fünf Wahlberechtigten in Deutschland (80 Prozent) glauben, dass Trump einen Sieg von Harris nicht anerkennen würde.

Anders herum würde Kamala Harris nach Meinung von drei Viertel der Deutschen (74 Prozent) einen Wahlsieg von Donald Trump anerkennen; 14 Prozent sind der Ansicht, sie würde das nicht tun.

Untersuchungsanlage

Grundgesamtheit: Wahlberechtigte in Deutschland
Erhebungsmethode: Zufallsbasierte Telefon- und Online-Befragung (davon 60 Prozent Festnetz, 40 Prozent Mobilfunk)
Erhebungszeitraum: 28. bis 30. Oktober 2024
Fallzahl: 1.333 Befragte (795 Telefoninterviews und 538 Online-Interviews)
Gewichtung: nach soziodemographischen Merkmalen und Rückerinnerung Wahlverhalten
Schwankungsbreite: 2 Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 10 Prozent
3 Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 50 Prozent
Durchführendes Institut: infratest dimap


Die Ergebnisse sind auf ganze Prozentwerte gerundet, um falsche Erwartungen an die Präzision zu vermeiden. Denn für alle repräsentativen Befragungen müssen Schwankungsbreiten berücksichtigt werden. Diese betragen im Falle einer Erhebung mit 1000 Befragten bei großen Parteien rund drei Prozentpunkte, bei kleineren Parteien etwa einen Punkt. Hinzu kommt, dass der Rundungsfehler für kleine Parteien erheblich ist. Aus diesen Gründen wird keine Partei unter drei Prozent in der Sonntagsfrage ausgewiesen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichten die tagesthemen am 31. Oktober 2024 um 22:15 Uhr.