ARD-DeutschlandTrend Zufriedenheit mit Bundesregierung auf Tiefstwert
Eine deutliche Mehrheit der Deutschen ist zumindest teilweise für eine Lockerung der Corona-Beschränkungen. Die Zufriedenheit mit der Bundesregierung sinkt auf den niedrigsten Wert seit Beginn der Pandemie.
Der Lockdown wird bis Ende März verlängert, aber gleichzeitig sollen schrittweise Lockerungen möglich sein. Dieser Beschluss des Bund-Länder-Gipfels scheint auch im Sinne der Bürger zu sein. Zwar bewertet knapp die Hälfte der Deutschen (47 Prozent) die aktuell noch geltenden Maßnahmen als angemessen und weitere 20 Prozent befürworten sogar eine Verschärfung. Damit ist weiterhin eine deutliche Mehrheit (67 Prozent) der Ansicht, dass die Maßnahmen - so wie sie diese Woche gelten - angemessen sind oder nicht weit genug gehen.
Das hat eine repräsentative Umfrage von infratest dimap für den ARD-DeutschlandTrend am Montag und Dienstag dieser Woche ergeben - und damit vor den aktuellsten Beschlüssen.
Kritik vor allem bei AfD- und FDP-Anhängern
Allerdings wächst in der Bevölkerung die Kritik an den bestehenden Maßnahmen: Nach 22 Prozent Anfang Februar und 27 Prozent zur Monatsmitte sind aktuell 30 Prozent der Meinung, dass die Maßnahmen mittlerweile zu weit gehen. Widerspruch erfahren die Corona-Maßnahmen vor allem aus dem Lager der AfD (70 Prozent), ebenso aus Teilen der FDP-Anhängerschaft (51 Prozent) sowie in der Wählergruppe der sonstigen Parteien (58 Prozent).
Mehrheit für teilweise Aufhebung der Corona-Maßnahmen
Obwohl die Mehrheit die aktuell geltenden Maßnahmen im Grundsatz akzeptiert, wünschen sich viele für die Zukunft eine gewisse Lockerung von Alltagseinschränkungen: Gut die Hälfte (53 Prozent) favorisiert eine teilweise Aufhebung geltender Corona-Regeln. Ihre vollständige Aufhebung befürwortet derzeit jeder Zehnte (10 Prozent). Hingegen möchte ein Drittel der Deutschen (34 Prozent), dass an den bestehenden Maßnahmen strikt festgehalten wird.
Doch auf welche Bereiche beziehen die Bürger die teilweise oder vollständige Aufhebung geltender Corona-Regeln? Bei der Öffnung von Läden und Geschäften gibt es die größte Zustimmung zur vollständigen (27 Prozent) bzw. teilweisen (55 Prozent) Aufhebung der Corona-Beschränkungen. Nur 17 Prozent wollen hier, dass an den Maßnahmen festgehalten wird. Ein fast identisches Bild zeigt sich bei Restaurants und Gastronomie: 28 Prozent wünschen sich eine vollständige bzw. 52 Prozent eine teilweise Aufhebung; nur 18 Prozent wollen an den Maßnahmen festhalten.
Etwas strenger sind die Bürger bei Kinos, Museen und Theatern: 19 Prozent sind für eine vollständige bzw. 49 Prozent für eine teilweise Aufhebung; 30 Prozent wollen an den Maßnahmen festhalten. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei Fitnessstudios und Sportstätten: 19 Prozent sind für eine vollständige bzw. 46 Prozent für eine teilweise Aufhebung; 32 Prozent wollen an den aktuell geltenden Maßnahmen festhalten.
Zuspruch für regionale Differenzierung
Bei der Lockerung wie der Verschärfung von Corona-Maßnahmen wünschen sich die Befragten aktuell mehrheitlich ein differenziertes Vorgehen: 58 Prozent befürworten regional geltende Regeln, die die Infektionszahl am jeweiligen Ort berücksichtigen. 38 Prozent favorisieren stattdessen einheitliche Corona-Regelungen, die flächendeckend für ganz Deutschland bestehen.
Viel Unzufriedenheit mit Impfkampagne
Das konkrete Management der Corona-Pandemie durch die Politikerinnen und Politiker wird von den Befragten aktuell kritisch bewertet. So sind mit der Impfstoffbeschaffung (74 Prozent) und der Organisation der Corona-Impfungen (73 Prozent) jeweils etwa drei Viertel der Wahlberechtigten weniger oder gar nicht zufrieden. Sieben von zehn äußern ihr Unbehagen über die Organisation des Schulbetriebes und der Kita-Betreuung im Lockdown (67 Prozent) sowie den bereitgestellten Hilfen für Wirtschaft und Selbständige (69 Prozent).
Zwei Drittel sind unzufrieden mit der Bereitstellung und Nutzung von Corona-Schnelltests (66 Prozent). Ebenso viele vergeben schlechte Noten dafür, wie die Politik ihre Corona-Entscheidungen begründet und erklärt (65 Prozent).
Zufriedenheit mit Bundesregierung sinkt
Nach 55 Prozent im Vormonat sind aktuell 50 Prozent mit der Arbeit der Bundesregierung zufrieden, 49 Prozent üben Kritik. Das ist der schlechteste Wert für das Berliner Kabinett seit Ausbruch der Pandemie im vergangenen Jahr. Ein wohlwollendes Zeugnis stellen die Anhänger von Union (82:17 Prozent) und SPD (60:39 Prozent) aus. In den Reihen der Grünen (51:47 Prozent) halten sich Zustimmung und Ablehnung derzeit nur noch etwa die Waage. In den Reihen von Linken (39:61 Prozent), FDP (34:69 Prozent), vor allem aber der AfD (7:93 Prozent) überwiegt die Kritik.
Bei einer Bundestagswahl zum jetzigen Zeitpunkt käme die CDU/CSU auf 33 Prozent, ein Punkt weniger als vor einem Monat. Die SPD gewinnt einen Punkt hinzu und käme auf 16 Prozent. Die AfD verbessert sich auch um einen Punkt und landet bei elf Prozent. Die FDP büßt einen Punkt ein und käme auf sieben Prozent. Die Linke verbessert sich um einen Punkt und landet bei sieben Prozent. Die Grünen verlieren einen Punkt und kämen auf 20 Prozent.
Deutliche Verluste für Spahn und Altmaier
Die Arbeit von Bundeskanzlerin Angela Merkel wird weiterhin positiv gesehen, aber mit 64 Prozent Zustimmung (-5 im Vgl. zu Februar) fällt die Kanzlerin auf den niedrigsten Zustimmungswert seit April letzten Jahres (64 Prozent). Mit deutlichem Abstand ist SPD-Vizekanzler Olaf Scholz aktuell nach Angela Merkel das beliebteste Regierungsmitglied (48 Prozent; +2 im Vgl. zu Februar). Während der Finanzminister leicht an Zuspruch zulegt, werden SPD-Außenminister Heiko Maas (44 Prozent; -4) und SPD-Familienminister Franziska Giffey (30 Prozent; -7 zu Juni) schlechter bewertet als zuletzt. Der CDU-Gesundheitsminister Jens Spahn erzielt mit 39 Prozent (-12 zum Vormonat) den geringsten Zuspruch in der Bevölkerung seit November 2019. CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier erfährt bei den Befragten aktuell 33 Prozent (-10) zustimmen. Dies ist der schlechteste Wert seit Übernahme des Wirtschaftsressorts.
Söder von den Bürgern besser bewertet als Laschet
Sechs Monate vor der Bundestagswahl ist die Frage der Spitzenkandidaten oder -kandidatinnen weiterhin nicht für alle Parteien geklärt. Von den beiden potenziellen Bewerbern um die Unions-Kandidatur schneidet der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Markus Söder im Bevölkerungsurteil mit unverändert 54 Prozent weiter deutlich besser ab als Armin Laschet. Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und CDU-Parteivorsitzende erreicht einem Zuspruch von 35 Prozent (-2).
Die Arbeit des Grünen-Vorsitzenden und möglichen Spitzenkandidaten der Partei, Robert Habeck bewerten aktuell 29 Prozent (-2 im Vgl. zu Januar) positiv. Mit der politischen Arbeit des FDP-Bundesvorsitzenden Christian Lindner sind unverändert aktuell 26 Prozent zufrieden. Die Arbeit von AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen wird weiterhin von elf Prozent (+4) positiv gesehen. Wen die Linke im September ins Rennen schicken wird, ist ebenfalls nicht entschieden. Die frisch gewählte Parteivorsitzende Susanne Hennig-Wellsow kommt aktuell auf eine Zustimmung von neun Prozent; ist aber der Mehrheit der Befragten noch kein Begriff. Auch in der eigenen Partei ist sie bei zwei Dritteln (66 Prozent) noch unbekannt.
Grundgesamtheit: Wahlberechtigte in Deutschland
Erhebungsmethode: Zufallsbasierte Telefon*- und Online-Befragung
*davon 60 Prozent Festnetz, 40 Prozent Mobilfunk
Erhebungszeitraum: 01. bis 02. März 2021
Fallzahl: 1.296 Befragte (847 Telefoninterviews und 449 Online Interviews)
Gewichtung: nach soziodemographischen Merkmalen und
Rückerinnerung Wahlverhalten Sonntagsfrage mit separater Gewichtung
Schwankungsbreite: 2* bis 3** Prozentpunkte
* bei einem Anteilswert von 10 Prozent ** bei einem Anteilswert von 50 Prozent
Durchführendes Institut: infratest dimap
Die Ergebnisse sind auf ganze Prozentwerte gerundet, um falsche Erwartungen an die Präzision zu vermeiden. Denn für alle repräsentativen Befragungen müssen Schwankungsbreiten berücksichtigt werden. Diese betragen im Falle eine Erhebung mit 1000 Befragten bei großen Parteien rund drei Prozentpunkte, bei kleineren Parteien etwa einen Punkt. Hinzu kommt, dass der Rundungsfehler für kleine Parteien erheblich ist. Aus diesen Gründen wird keine Partei unter drei Prozent in der Sonntagsfrage ausgewiesen.