ARD-DeutschlandTrend Mehrheit gegen Erleichterungen für Geimpfte
Eine deutliche Mehrheit der Bundesbürger lehnt eine Aufhebung von Corona-Beschränkungen für Geimpfte ab. Gleichzeitig steigt laut ARD-DeutschlandTrend die Impfbereitschaft. Mit dem Impftempo sind immer weniger zufrieden.
So wie der Deutsche Ethikrat sieht es auch die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger: Gut zwei Drittel der Deutschen sind dagegen, die Corona-Auflagen für jene Menschen zu lockern, die bereits gegen das Virus geimpft wurden. Diskutiert wird zum Beispiel, ob die Geimpften dann einfacher wieder reisen oder ins Restaurant gehen dürfen. 68 Prozent lehnen das ab - fünf Prozentpunkte weniger als im Vormonat. 28 Prozent (+5) sind dafür. Fürsprecher von Sonderrechten für Geimpfte finden sich am ehesten in den Reihen der FDP (48 Prozent).
Der Weg aus der Corona-Krise geht laut Politik über die breitflächige Impfung der Bevölkerung. Und so hängt eine Aufhebung der Corona-Beschränkungen vor allem mit der Impfbereitschaft und dem Impffortschritt zusammen.
Aktuell geben 59 Prozent der Bundesbürger an, sich auf jeden Fall impfen lassen zu wollen, das sind fünf Punkte mehr als im Januar; 17 Prozent sagen aktuell, dass sie sich wahrscheinlich impfen lassen (-4). 21 Prozent (-2) geben an, sich wahrscheinlich nicht oder auf gar keinen Fall impfen zu lassen.
Impfbereitschaft wächst, Enttäuschung steigt
76 Prozent der Deutschen wollen sich also auf jeden Fall oder wahrscheinlich impfen lassen - doch wann wird das möglich sein? Das Tempo der Impfungen in Deutschland bewerten aktuell 68 Prozent als zu langsam - vor einem Monat sagten das 52 Prozent. Nur noch 21 Prozent empfinden das derzeitige Tempo als angemessen - 15 Punkte weniger als im Januar. Kaum jemand (7 Prozent, -1) sagt, dass es zu schnell geht.
Bei der Beschaffung des Corona-Impfstoffs hatten die EU-Länder verabredet, dass nicht jedes Land für sich die Verhandlungen mit den Impfstoffherstellern führt, sondern die EU-Länder gemeinsam bestellen. 63 Prozent finden diesen Kurs weiterhin richtig, auch wenn die Zweifel gewachsen sind (-7 Punkte im Vergleich zu Januar). 33 Prozent (+8) sehen das gemeinsame Vorgehen zur Impfstoffbeschaffung aktuell kritisch.
Mehrheit sieht Entwicklungschancen von Kindern in Gefahr
Die Tatsache, dass seit Mitte Dezember Schulen und Kitas nur eingeschränkt geöffnet sind, beunruhigt die Bürger zunehmend: Aktuell äußern 77 Prozent sehr große oder große Sorgen, dass die Entwicklung von Kindern aufgrund beschränkter Betreuungs- und Schulangebote beeinträchtigt wird. Das sind 14 Prozentpunkte mehr als im Mai 2020. Bei den Eltern mit schulpflichtigen Kindern äußern diesbezüglich 86 Prozent sehr große oder große Sorgen.
Die Sorge, dass man selbst oder Angehörige mit dem Coronavirus infiziert werden könnten, ist fast konstant geblieben: 44 Prozent der Deutschen machen sich aktuell diese Sorgen, zwei Punkte mehr im Vergleich zu Dezember 2020. Genauso viele (44 Prozent) sorgen sich vor Vereinsamung, das heißt, dass sie sich zu selten mit Angehörigen, Freunden und Bekannten treffen. Gut die Hälfte der Deutschen (56 Prozent) beunruhigen allerdings neue Varianten des Coronavirus.
Wirtschaftliche Sorgen weiter hoch
Wie schon seit Ausbruch der Pandemie sind aktuell sieben von zehn Befragten (73 Prozent, +3 im Vgl. zu August 2020) in großer bis sehr großer Sorge um die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands, darunter besonders viele Anhänger von AfD (88 Prozent) und FDP (80 Prozent). Mittlerweile rückt auch die Frage der Finanzierung der Corona-Folgekosten immer mehr in den Fokus. Eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung (71 Prozent) befürwortet die Erhebung von Steuern auf hohe Vermögen. Eine Neuaufnahme von Krediten unterstützen 44 Prozent. Nur wenig Rückhalt findet mit 29 Prozent die Privatisierung staatlicher Unternehmensanteile, wie sie Wirtschaftsminister Peter Altmaier ins Spiel gebracht hatte. Eine Refinanzierung über die Sozialkassen und die Anhebung von Beiträgen zur Kranken- und Rentenversicherung wird nur von jedem Siebten (14 Prozent) unterstützt.
Maßnahmen okay, Krisenmanagement weniger
Trotz aller geäußerter Sorgen wird die Notwendigkeit der Corona-Maßnahmen von einer Mehrheit nicht infrage gestellt: 51 Prozent bezeichnen die aktuellen Einschränkungen als angemessen, für 24 Prozent gehen sie nicht weit genug. 22 Prozent hingegen sagen aktuell, dass die Corona-Einschränkungen zu weit gehen. Während der gesamten Zeit der Pandemie stand die Mehrheit der Deutschen hinter den jeweils ergriffenen Corona-Maßnahmen.
Etwas skeptischer wird das konkrete Management der Corona-Krise mittlerweile gesehen: Noch nie haben so viele Bürgerinnen und Bürger das Agieren von Bundesregierung und Bundesländern kritisch bewertet wie aktuell: 56 Prozent der Deutschen sind damit unzufrieden (+2 im Vergleich zu Mitte Januar); 42 Prozent sind zufrieden (-4). Damit haben sich die Werte seit Mitte Dezember 2020 umgekehrt: Damals äußerten sich vor Bekanntgabe der neuen Corona-Beschränkungen 57 Prozent positiv und 42 Prozent kritisch.
Rückhalt für Bundesregierung schrumpft
Nach wie vor überwiegt bei der Gesamtbeurteilung der politischen Arbeit der Bundesregierung das positive Urteil in der Bevölkerung. Mit 55 Prozent (-5 im Vgl. zu Anfang Januar) fällt die Zufriedenheit mit der Großen Koalition allerdings auf den niedrigsten Wert seit Ausbruch der Pandemie im vergangenen Jahr. Ein wohlwollendes Zeugnis stellen der Koalition die Anhänger von Union (83 Prozent) und SPD (70 Prozent), aber auch der Grünen (70 Prozent) aus. In den Reihen von Linken (43 Prozent), FDP (37 Prozent), vor allem aber der AfD (2 Prozent) überwiegt die Kritik.
Abgesehen von SPD-Außenminister Heiko Maas (48 Prozent Zustimmung für seine Arbeit; +3 Punkte im Vgl. zu Januar) verlieren alle abgefragten Regierungsspitzen im Bevölkerungsurteil. Dies trifft weniger Bundeskanzlerin Angela Merkel (69 Prozent; -3), wohl aber CDU-Gesundheitsminister Jens Spahn (51 Prozent; -5) und stärker noch SPD-Finanzminister Olaf Scholz (46 Prozent; -9) und CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier (43 Prozent; -12 zu November). Die Berliner Oppositionsparteien verlieren ebenfalls an Zustimmung, allerdings weniger stark.
Wenig Bewegung in der Sonntagsfrage
Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, käme die Union auf 34 Prozent, 1 Punkt weniger als vor einem Monat. Die SPD gewinnt einen Punkt und käme auf 15 Prozent. Die AfD hätte unverändert 10 Prozent in Aussicht. Die FDP liegt bei 8 Prozent - und legt damit um 1 Punkt zum Vormonat zu. Die Linke verliert einen Punkt und steht aktuell bei 6 Prozent. Die Grünen sind stabil bei 21 Prozent.
Grundgesamtheit: Wahlberechtigte in Deutschland
Stichprobe: Repräsentative Zufallsauswahl/ Dual Frame (Relation Festnetz-/Mobilfunknummern 60:40)
Disproportionaler Ansatz (West/Ost 70:30)
Erhebungsverfahren: Telefoninterviews (CATI)***
Fallzahl: 1003 Befragte
Erhebungszeitraum: 01. bis 02. Februar 2021
Sonntagsfrage
Fallzahl: 1503 Befragte
Erhebungszeitraum: 01. bis 03. Februar 2021
Gewichtung: nach soziodemographischen Merkmalen;
Sonntagsfrage mit separater Gewichtung
Schwankungsbreite: 1,4* bis 3,1** Prozentpunkte
Durchführendes Institut: infratest dimap
* bei einem Anteilswert von fünf Prozent ** bei einem Anteilswert von 50 Prozent
*** Die Ergebnisse sind auf ganze Prozentwerte gerundet, um falsche Erwartungen an die Präzision zu vermeiden. Denn für alle repräsentativen Befragungen müssen Schwankungsbreiten berücksichtigt werden. Diese betragen im Falle eine Erhebung mit 1000 Befragten bei großen Parteien rund drei Prozentpunkte, bei kleineren Parteien etwa einen Punkt. Hinzu kommt, dass der Rundungsfehler für kleine Parteien erheblich ist. Aus diesen Gründen wird keine Partei unter drei Prozent in der Sonntagsfrage ausgewiesen.