Vereinbarungen zur Finanzierung In das Deutschlandticket kommt Bewegung
Das Deutschlandticket gilt als Erfolgsmodell - doch ob es über dieses Jahr hinaus fortgesetzt werden kann, war lange strittig. Nun haben Bund und Länder weitere Schritte zur Finanzierung des Tickets vereinbart.
Wochenlang wurde gestritten und sogar vor einem Aus gewarnt: Doch nun haben Bund und Länder wichtige Schritte zur weiteren Finanzierung des Deutschlandtickets geklärt. So sollen beispielsweise nicht ausgegebene Mittel aus 2023 im kommenden Jahr verwendet werden können, um etwaige Mehrkosten zu decken. Darauf verständigten sich Kanzler Olaf Scholz sowie die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten bei ihrem Treffen in Berlin.
2024 wollen sich Bund und Länder dann "rechtzeitig" über die weitere Finanzierung verständigen - "einschließlich eines Mechanismus zur Fortschreibung des Ticketpreises, der auch eine Erhöhung beinhalten kann", hieß es weiter. Das Deutschlandticket für den gesamten deutschen Nahverkehr war zu einem Preis von 49 Euro pro Monat eingeführt worden.
Höhe der Mehrkosten noch unklar
Bund und Länder bekräftigten darüber hinaus die Zusage, auch im kommenden Jahr jeweils 1,5 Milliarden Euro für das Ticket zur Verfügung zu stellen. Das Geld soll zum Ausgleich von Einnahmeausfällen bei Bus- und Bahnbetreibern verwendet werden - und ein Nachschießen durch die Verwendung der Restmittel aus 2023 vermieden werden.
Welche Mehrkosten es aber wirklich gibt, lässt sich noch nicht beziffern. Bund und Länder peilen daher eine genaue Abrechnung für 2023 und 2024 an, die nach Vorliegen endgültiger Daten für beide Jahre von den Ländern gemacht werden soll. Laut einer Prognose des Verbands der Verkehrsunternehmen dürften die Verluste für die Branche dieses Jahr 2,3 Milliarden Euro betragen, nachdem das Ticket erst Anfang Mai startete. Im gesamten Jahr 2024 sollen es dann 4,1 Milliarden Euro sein. Bei sechs Milliarden Euro Zuschüssen für 2023 und 2024 könnte sich unter dem Strich also eine Lücke von 400 Millionen Euro ergeben.
Verkehrsminister sollen nun Konzept erarbeiten
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) begrüßte nach dem Gipfel die Verständigung von Bund und Ländern. "Ich rufe die Landesverkehrsminister nun auf, sachlich am Erfolg des Deutschlandtickets zu arbeiten und aufzuhören, es ohne Not in Frage zu stellen", sagte er. Die Minister sollen nun ein Konzept erarbeiten - und zwar rechtzeitig vor dem 1. Mai 2024. Dann wird das Ticket ein Jahr alt.
Wissing erklärte weiter, dass der Beschluss noch einmal das im vergangenen Jahr vereinbarte Finanzkonzept bekräftige und zeige, dass die von den Ländern losgetretene Debatte über die Finanzierung des Deutschlandtickets vollkommen überflüssig gewesen sei. "Außer einer Verunsicherung der Verbraucher wurde damit nichts erreicht." Wissing bezeichnete das Deutschlandticket als großen Erfolg.
Kritik von Verbraucherzentrale und Umweltverbänden
Da die langfristige Finanzierung jedoch weiter ungewiss ist, kritisierte die Chefin des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Ramona Pop, Verbraucherinnen und Verbraucher müssten nun mit Preiserhöhungen rechnen. "Planungssicherheit sieht anders aus", so Pop. 49 Euro seien für viele Menschen bereits die Schmerzgrenze. "Eine Anhebung des Preises gefährdet die Akzeptanz des Deutschlandtickets." Statt die Kosten auf die Verbraucherinnen und Verbraucher abzuwälzen, sollten Bund und Länder ihre Mittel erhöhen und für einen besseren und bezahlbaren Nahverkehr sorgen. "Wer den Umstieg auf den öffentlichen Nahverkehr will, muss dafür sorgen, dass er bezahlbar ist."
Der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch, kritisierte: "Während für den Bau neuer Autobahnen Milliarden verschwendet und Kostensteigerungen problemlos hingenommen werden, erscheint die Finanzierung eines bezahlbaren 49-Euro-Tickets nahezu utopisch." Dabei sei das Deutschlandticket "bislang eines der wenigen guten Dinge, die die Bundesregierung in Sachen Verkehrswende zustande gebracht hat".
Die Umweltorganisation Greenpeace erklärte, Scholz wolle sich mit dem Deutschlandticket schmücken, dafür zahlen wolle er aber nicht. Das könne nicht funktionieren. "Wenn die Kundinnen und Kunden jederzeit mit einer Preiserhöhung rechnen müssen, dann würgt das den Erfolg des Tickets ab, noch bevor es überhaupt richtig angekommen ist", sagte Greenpeace-Expertin Clara Thompson.
Der Verband der Verkehrsunternehmen resümierte, mit dem Beschluss von Bund und Ländern gehe die Debatte über die Zukunft des Tickets "in die Verlängerung". Er forderte - wie auch der Verbraucherzentrale Bundesverband - Lösungen für Studierende und das Jobticket im künftigen Konzept. Zudem mahnte er erneut "schnelle politische Vereinbarungen für den Ausbau und die Modernisierung des deutschen ÖPNV" an.