Meldekette in Deutschland Verdacht auf Coronavirus - und dann?
Das Coronavirus hat nun auch Deutschland erreicht. Die Symptome ähneln denen einer Grippe. Um jeden Verdacht auszuschließen, wird getestet. Wie das geht und was dann passiert - ein Überblick.
Das Coronavirus ist bereits in Europa angekommen. Frankreich meldete drei Fälle der Lungenkrankheit. Auch in Deutschland wurde inzwischen eine Infektion mit dem Virus bestätigt. Das Risiko für die Bevölkerung, sich mit dem neuen Virus anzustecken, wird von der "Task Force Infektiologie" des bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit sowie vom Robert-Koch-Institut derzeit als gering erachtet.
In Praxen und Kliniken melden sich zunehmend Menschen mit vermeintlichen Symptomen. Oft stecken die wie immer im Winterhalbjahr kursierenden Influenzaviren - also die normale saisonale Grippe - hinter solchen Erkrankungen. Die Symptome - Fieber, starkes Krankheitsgefühl, Atemwegsprobleme - ähneln sich. Typisch für das neuartige Coronavirus ist nach derzeitigem Stand, dass die oberen Atemwege kaum betroffen sind. Es gibt beispielsweise keinen Schnupfen.
Rückkehr aus Wuhan?
Schon ein Verdachtsfall wird an die jeweilige Gesundheitsbehörde gemeldet. Ein Verdacht auf eine Erkrankung liegt nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) vor allem in zwei Fällen vor: Zum einen, wenn ein Mensch eine akute Infektion der unteren Atemwege wie zum Beispiel eine Lungenentzündung hat und bis maximal 14 Tage vor dem Beginn der Erkrankung in einem Risikogebiet - etwa in Wuhan in China - war. Als Verdachtsfall wird auch eingestuft, wenn die Person nur Symptome wie Husten hat, aber in direktem Kontakt mit einem Erkrankten war. In diesen beiden Fällen soll ein Test auf das Virus veranlasst werden.
Lars Schaade vom RKI empfiehlt potenziell Erkrankten, vorher unbedingt beim Arzt oder im Krankenhaus anzurufen. So könnten die Ärzte Vorbereitungen treffen, um die Ansteckungsgefahr für andere Menschen möglichst gering zu halten.
Für den dann folgenden Ablauf gibt es Regularien. "Die Kette ist so, dass natürlich zunächst einmal ein Arzt den Verdacht bekommt und dann eine Diagnostik anfordert", erklärte der Berliner Virologe Christian Drosten. "Gleichzeitig nimmt er mit dem örtlichen Gesundheitsamt Kontakt auf." Das Gesundheitsamt sei dann zuständig sowohl für den Meldeweg als auch für die Verhängung von weiteren Maßnahmen. Im Moment sei es so, dass in vielen Fällen eine Probe an sein Labor geschickt werde. Die Auswertung des Tests dauert knapp fünf Stunden. Sei das Ergebnis negativ, sei der Fall damit abgeschlossen.
Sofort nach der Entzifferung der Erbgutsequenz des neuartigen Coronavirus in China machten sich Labore weltweit daran, Tests zu entwickeln, mit denen sich der Erreger in Proben von Patienten möglichst sicher nachweisen lässt. Zu den Labors, die ein solches Verfahren binnen kürzester Zeit anboten, gehört das des Virologen Christian Drosten in Berlin. Im Prinzip sei so ein Test nichts Besonderes, erklärte der Direktor des Instituts für Virologie an der Charité der Nachrichtenagentur dpa. "Das ist ein Standardverfahren im Labor, eine Polymerasekettenreaktion." Mit dem Test wird nun für Verdachtsfälle in Deutschland geprüft, ob die Patienten tatsächlich das neuartige Virus in sich tragen. Bislang gibt es Drosten zufolge im Diagnostikbetrieb des Instituts noch keine Nachtschichten wegen einer Fülle eingereichter Proben - von diesem Wochenende an wird damit aber gerechnet.
Viele Labore seien heutzutage in der Lage, solche Tests zu entwickeln, sagte der Virologe. Drostens Labor war im Zuge der SARS-Pandemie 2002/2003 an der Beschreibung des Erregers beteiligt und hatte damals ebenfalls einen ersten Test entwickelt. Aus dieser Erfahrung heraus sei es rasch gelungen, einen treffsicheren Test herzustellen. Der Test stehe nun Laboren weltweit zur Verfügung
In einigen Ländern wie den USA und China seien eigene Tests für die Gesundheitslabore des Landes entwickelt worden, viele andere Staaten griffen auf die aus seinem Labor zurück. Bis zum Freitag gab es demnach bereits weit über 150 Anfragen nationaler Gesundheitslabore und Unikliniken.
Gesundheitsämter spielen wichtige Rolle
Bei einem positiven Testergebnis seien wieder die Gesundheitsämter am Hebel. Die identifizierten dann durch Befragung die Kontaktpersonen. "Wen haben Sie in den letzten Tagen, seitdem Sie in Deutschland sind, getroffen? Mit wem hatten Sie zu tun?" Diese Personen würden dann zunächst einmal namentlich registriert, es werde nach Symptomen gefragt und es würden gegebenenfalls auch Labortests gemacht.
Es gebe bei Kontaktpersonen mit Symptomen auch die Möglichkeit für Gesundheitsämter, so etwas wie Heim-Quarantäne aufzuerlegen, wenn die Patienten nicht schwer krank sind. "Das ist ein sehr verträgliches und und sehr effizientes Mittel, Verbreitungen zu verhindern." Eine schützende Impfung oder eine spezielle Therapie zur Behandlung der Infektion gibt es nicht, die Symptome können aber mit Medikamenten abgemildert werden.
Meistens ein milder Verlauf
Nach derzeitiger Einschätzung von Experten verläuft die neuartige Lungenkrankheit in den meisten Fällen mild, möglicherweise sogar vielfach ganz ohne Symptome. Zur Genesung von leichten Coronavirus-Symptomen sei eine Woche ausreichend, sagte der chinesische Experte der Gesundheitskommission (NHC), Li Xingwang. Milde Verläufe der Infektion würden sich nicht als Lungenentzündung, sondern nur als leichtes Fieber darstellen.
Von den in China registrierten Todesfällen gehen die meisten nach derzeitigem Stand auf ältere Patienten mit schweren Vorerkrankungen zurück. Der neue Erreger ist dem Virus hinter der SARS-Epidemie 2002/2003 sehr ähnlich. Damals hatte es nach Daten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zwischen dem November 2002 und Juli 2003 lediglich neun Nachweise in Deutschland gegeben. Todesfälle gab es nicht.