Kampf gegen Coronavirus "Die Pandemie ist alles andere als vorbei"
Die vierte Corona-Welle habe Deutschland "mit voller Wucht" erreicht, warnt Minister Spahn. Vor allem die Booster-Impfungen müssten vorangetrieben werden. Ebenso wie RKI-Chef Wieler mahnt Spahn weiterhin zu Vorsicht und Umsicht.
Angesichts der steigenden Infektionszahlen in Deutschland mahnt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, im Kampf gegen das Coronavirus nicht nachzulassen. "Die Pandemie ist alles andere als vorbei", warnte der CDU-Politiker. Die vierte Welle sei "mit voller Wucht" da.
Auch der Chef des Robert Koch-Institutes, Lothar Wieler, sprach von "erschreckenden Zahlen". Allein in den vergangenen 24 Stunden meldete sein Institut fast 20.400 Neuinfektionen. Auch die Zahl der Menschen, die infolge einer Erkrankung sterben, steige wieder an, ebenso wie die Zahl der Corona-Patienten auf den Intensivstationen, warnte Wieler weiter.
Anhand dieser Entwicklung des Pandemiegeschehens brauche es weiterhin staatlich beschlossene Schutzmaßnahmen und die Vorsicht jedes Einzelnen, betonte Spahn. Er nannte drei zentrale Punkte, auf die es seiner Ansicht nach ankomme, um der vierten Welle entgegenzuwirken.
Strikte Kontrollen von 3G- und 2G-Regelung gefordert
Zum einen pochte er auf das Einhalten von Hygiene- und Schutzmaßnahmen im Alltag wie das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes. Des Weiteren müsse die 3G-Regelung im öffentlichen Raum wie etwa in der Gastronomie oder bei Veranstaltungen konsequent umgesetzt werden, in besonders gefährdeten Regionen solle die 2G-Regelung zum Tragen kommen. Dann haben nur Geimpfte und Genesene Zugang zu beispielsweise Museen, Restaurants oder Kinos.
Entscheidend sei aber, dass diese Regelungen auch konsequent kontrolliert würden und notfalls auch Bußgelder verhängt würden, sagte Spahn weiter. RKI-Chef Wieler appellierte an Gastronomen und Betreiber, die Nachweise mit entsprechenden Apps, etwa der CovPassCheck-App, zu kontrollieren.
Als weitere wichtige Maßnahme nannte Spahn verpflichtende Tests in Alten- und Pflegeheimen - "dort, wo die Verwundbarsten ihr Leben leben". Diese Pflicht müsse aber auch für Personal und Besucher gelten, unabhängig davon, ob sie bereits geimpft oder genesen seien. Es müsse verhindert werden, dass "Außenstehende das Virus in die Einrichtungen hineintragen".
Zu wenig Tempo beim Boostern
Und der dritte Punkt bleibt das Thema Impfen. Spahn beklagte, dass viele Ungeimpfte sich auch nicht mehr davon überzeugen ließen, sich gegen Covid-19 zu impfen. Wieler betonte angesichts dessen abermals, dass eine Impfung einen hohen Schutz vor einem schweren oder gar tödlichen Krankheitsverlauf biete. Allerdings sei eine Impfung "auch keine Wunderwaffe", so Wieler weiter. Auch das Risiko der Impfdurchbrüche nehme mit der vierten Welle weiter zu. Auch Geimpfte und Genesene dürften sich daher "nicht in falscher Sicherheit wiegen".
Für Gesundheitsminister Spahn stehen darum auch die Auffrischungsimpfungen im Vordergrund - momentan noch für Risikogruppen und Ältere, langfristig für alle, die sich sechs Monate nach der vollständigen Impfung ein weiteres Mal impfen lassen wollen. Er kritisierte das zu geringe Tempo bei den sogenannten Booster-Impfungen, schließlich seien die ersten Beschlüsse hierzu bereits im August gefällt worden.
Spahn appellierte an die Bundesländer, ihr Impfangebot wieder auszubauen: nicht nur, indem Impfzentren wieder in Betrieb genommen würden, auch durch Impfungen an dezentralen und kleineren Stellen. Zudem sprach er sich dafür aus, die Personengruppen, für die eine Auffrischungsimpfung nun empfohlen wird, schriftlich darüber zu informieren.
Spahn drängt auf Bund-Länder-Treffen
Um das Vorgehen gegen die Pandemie bundesweit möglichst einheitlich zu gestalten, plädierte Spahn erneut dafür, weitere Beratungen zwischen Bund und den Ministerpräsidenten der Länder anzuberaumen. Entscheidungen müssten auf eine "möglichst breite Basis gestellt" werden, denn "Einheitlichkeit führt zu Akzeptanz".
Gleichzeitig bekräftigte Spahn seine Auffassung, die wegen der Pandemie erklärte "epidemische Notlage von nationaler Tragweite" in diesem Monat auslaufen zu lassen. Auch die drei möglichen Koalitionsparteien SPD, Grüne und FDP hatten sich vor einer Woche für das Ende des Ausnahmezustands ausgesprochen und für einen Maßnahmenkatalog, der künftig den Kurs der Bundesländer in der Pandemie bestimmen solle. Spahn betonte jedoch, sein Votum für das Ende der epidemischen Notlage mit einem Ende der Pandemie gleichzusetzen, sei ein Missverständnis.
"Spahn schafft mehr Verwirrung als er klärt"
Jüngst hatte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa kritisiert, Spahn schaffe mit seiner "chaotischen Amtsführung mehr Verwirrung als er klärt". "Erst die Forderung nach dem Auslaufen der epidemischen Lage, ohne auch nur den Hauch einer Überlegung, wie das für die Länder praktikabel gemacht werden kann", sagte Mützenich und fuhr fort: "Als nächstes die Forderung nach Booster-Impfungen für alle, zu einem Zeitpunkt, zu dem noch nicht einmal die besonders schutzbedürftigen Menschen eine solche Impfung erhalten haben."
Auch Spahns Vorstoß für ein erneutes Bund-Länder-Treffen stößt beim SPD-Fraktionschef auf Widerspruch. Für ihn sei unklar, was derzeit auf einem solchen Treffen besprochen werden sollte.