Coronavirus in Deutschland Handwerksmesse abgesagt
Mit der Handwerksmesse in München ist eine weitere Großveranstaltung aus Angst vor der Verbreitung des Coronavirus abgesagt worden. In Sachsen, Thüringen und Brandenburg wurden erstmals Infektionen registriert. Weltweit stieg die Zahl der Toten.
Die Behörden haben die Internationale Handwerksmesse (IHM) in München wegen der Ausbreitung des Coronavirus abgesagt. Das teilten die Veranstalter mit. Sie folgten damit einer Empfehlung des bayerischen Coronavirus-Krisenstabs. Die IHM ist mit alljährlich 1000 Ausstellern aus 60 Ländern und mehr als 100.000 Besuchern die wichtigste Leistungsschau des Handwerks in Deutschland - sie hätte vom 11. bis 15. März stattfinden sollen.
Ursprünglich wollte die Gesellschaft für Handwerksmessen die Traditionsveranstaltung nicht streichen, auch wenn sie mit weniger Besuchern rechneten und bereits erste Aussteller abgesagt hatten. Anstelle einer Absage waren verstärkte Hygienemaßnahmen geplant. Staatsregierung und Behörden hatten jedoch Bedenken. In dem Krisenstab arbeiten unter anderem Gesundheits- und Innenministerium, Polizei und Katastrophenschutz mit. Angesichts der Verbreitung des Coronavirus sei die Absage jedoch unumgänglich, sagte Dieter Dohr, der Geschäftsführer der Gesellschaft für Handwerksmessen.
Hoher Schaden für Hotellerie
Abgesehen von der wirtschaftlichen Bedeutung ist die IHM Pflichttermin für viele Politiker. So trifft sich Kanzlerin Angela Merkel am Rande der Messe jährlich mit den Chefs der vier großen Wirtschaftsverbände von Handwerk, Industrie, Arbeitgebern sowie Industrie- und Handelskammer. Stattfinden soll aber die Vollversammlung des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH).
Für die Münchner Hotellerie und Gastronomie bedeutet die Absage entgangene Einnahmen in Millionenhöhe. Messegäste, die über Nacht bleiben, bringen drei- bis vierstellige Umsätze. In den vergangenen Wochen wurden bereits in mehreren Ländern international bekannte Messen abgesagt, darunter die Tourismusmesse ITB in Berlin, der Genfer Automobilsalon und der World Mobile Congress für Handys und andere mobile Geräte in Barcelona.
Erste Corona-Infektionen in Sachsen und Brandenburg
In den neuen Bundesländern wurden erstmals mehrere Corona-Infektionen gemeldet: Sachsen gab einen bestätigten Corona-Fall bekannt. Der betroffene Rentner gehört den Behörden zufolge zu einer Gruppe von Busreisenden, die aus Italien zurückgekehrt war. Auch in Brandenburg wurde erstmals ein Mensch nachweislich mit dem neuartigen Coronavirus angesteckt. Der Mann war von einer Reise nach Südtirol zurückgekehrt. Er soll nun zu Hause in Quarantäne bleiben. Thüringen meldete ebenfalls einen ersten Infizierten, wie der Sprecher des Gesundheitsministeriums in Erfurt bestätigte. Es handele sich um einen 57 Jahre alten Mann aus dem Orlatal, wie das Landratsamt des Saale-Orla-Kreises in Schleiz mitteilte.
Auch in Bayern wurden sechs neue Fälle bestätigt. Betroffen seien fünf Menschen aus dem oberbayerischen Landkreis Freising und ein Mensch aus München, teilte das Gesundheitsministerium unter Berufung auf das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in München mit. Die Fälle im Landkreis Freising stünden im Zusammenhang mit dem Ehemann einer Erzieherin, der ebenfalls positiv auf den Erreger getestet wurde. Damit sind bislang in Bayern insgesamt 34 Patienten positiv auf Sars-CoV-2 getestet worden.
In Berlin sind ebenfalls zwei weitere Menschen infiziert. Es handelt sich um zwei neue Fälle, die nach bisherigen Erkenntnissen nicht in Verbindung mit dem ersten nachweislich erkrankten Berliner stehen, teilte die Senatsverwaltung für Gesundheit mitteilte.
In Deutschland sind inzwischen in 13 der 16 Bundesländer mehr als 150 Infektionen registriert worden. Davon wurde mehr als die Hälfte der Sars-CoV-2-Infektionen allein in Nordrhein-Westfalen attestiert, so das Robert Koch-Institut (RKI). Dieses stufte die Risikoeinschätzung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland von "gering bis mäßig" auf "mäßig bis hoch". Im Saarland und in wenigen ostdeutschen Bundesländern gab es zunächst keine Meldungen.
Tote in Italien und in den USA
Italien ist das am stärksten von der Coronavirus-Epidemie betroffene Land Europas. Hier stieg die Zahl der Infizierten auf inzwischen mehr als 2000. 52 Erkrankte sind an dem Virus gestorben, wie der Zivilschutz in Rom mitteilte. Am Vortag lag die Zahl noch bei 34 Toten.
Auch in den USA erhöhte sich die Zahl der Menschen, die am Coronavirus gestorben sind: Die Behörden meldeten sechs Todesfälle. Die Toten wurden aus Pflegeheimen im US-Bundesstaat Washington nahe der Metropole Seattle gemeldet. Am Samstag war der erste Todesfall dort gemeldet worden, der erste seit Beginn des Ausbruchs in den USA.
Die US-Gesundheitsbehörde CDC erhöhte am Montag die Zahl der bisher positiv auf den Erreger Sars-CoV-2 getesteten Menschen in den USA auf 43. Medienberichten zufolge sollen es allerdings bereits deutlich mehr sein. Auch aus der Millionenmetropole New York wurde am Wochenende der erste Fall gemeldet. Die Frau im Alter von Ende 30 habe sich bei einer Reise im Iran angesteckt.
Erstmals Infizierte im Senegal und in Tunesien
Auf dem afrikanischen Kontinent meldeten zwei weitere Länder erstmals Corona-Infektionen: Im Senegal wurde ein Infizierter registriert. Dabei handelt es sich um einen im Land lebenden Franzosen, der nach einem Heimatbesuch ein Privathospital zur Untersuchung aufgesucht hatte und seitdem unter Quarantäne steht. Auch in Tunesien wurde ein erster bestätigter Coronavirus-Fall bekannt. Betroffen sei laut Gesundheitsministerium ein Einheimischer.
Das Ursprungsland China bekommt die Coronavirus-Epidemie nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) unterdessen immer besser in den Griff. Am Sonntag seien nur 206 neue Infektionen gemeldet worden, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus. Dies sei die niedrigste Zahl seit dem 22. Januar.
Airlines dünnen weltweit Flugprogramm aus
Die Epidemie sorgt unterdessen weltweit für weniger Nachfrage bei den Airlines: Dem Welt-Luftfahrtverband IATA zufolge lassen viele Fluggäste aus Angst vor dem Coronavirus ihre Tickets verfallen. Viele Fluggesellschaften meldeten, dass rund 50 Prozent der Kunden gar nicht zum gebuchten Flug auftauchten.
Der Lufthansa-Konzern hatte bereits vergangene Woche angekündigt, das Flugprogramm möglicherweise deutlich zurückzufahren - nun setzen die Lufthansa und ihre Töchter dies um. Neben Flügen nach Asien fallen vorerst vor allem Verbindungen nach Italien weg. Auch das innerdeutsche Flugprogramm wird ausgedünnt. Flüge nach Festlandchina bleiben bis 24. April gestrichen, gleiches gilt für Verbindungen in die iranische Hauptstadt Teheran bis 30. April, wie der Konzern mitteilte.
Wegen verminderter Nachfrage infolge des Coronavirus strich die britische Fluggesellschaft British Airways (BA) zudem Hunderte Flüge in die USA und nach Europa. Wie die Airline mitteilte, werden aus diesem Grund zwischen dem 17. und 28. März mehr als 200 Hin- und Rückflüge abgesagt, unter anderem nach Deutschland, Italien, Frankreich, Österreich, Irland und in die Schweiz. Auch die irische Fluggesellschaft Ryanair kündigte an, ihre Flüge von und nach Italien zusammenzustreichen. Bis zu jeder vierte Kurzstreckenflug "hauptsächlich von und nach Italien" falle zwischen dem 17. März und dem 8. April weg.
EU-Parlament lässt vorerst keine Besucher zu
Auch das EU-Parlament reagierte auf die Ausbreitung des Coronaviurs: Es lässt wegen der wachsenden Ansteckungsgefahr vorerst keine Besucher mehr zu. Wie Parlamentspräsident David Sassoli sagte, gelten die Beschränkungen als Vorsichtsmaßnahme ab sofort für die nächsten drei Wochen. Er verwies darauf, dass pro Jahr rund 700.000 Menschen das Europaparlament besuchten. Das Parlament werde aber weiterhin tagen.
Coronavirus ist die geläufigste Bezeichnung für das neuartige Virus aus China. Dessen offizieller Name, den die WHO festgelegt hat, lautet Sars-CoV-2. Die aus dem Virus resultierende Lungenkrankheit heißt Covid-19.