Jens Spahn zu Beginn der Plenarsitzung.

Regierungserklärung zu Corona "Der Höhepunkt ist noch nicht erreicht"

Stand: 04.03.2020 14:21 Uhr

Deutschland ist mit dem Coronavirus bislang gut zurechtgekommen, so Gesundheitsminister Spahn. In einer Regierungserklärung lobte er die besonnene Bevölkerung, warnte aber, dass der Höhepunkt der Ausbreitung noch bevorstehe.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat in einer Regierungserklärung ein vorwiegend positives Fazit zur bisherigen Bewältigung der Coronavirus-Krise gezogen. Das neuartige Virus stelle für die Gesellschaft eine große Herausforderung dar, betonte er bei seiner Rede im Bundestag. "Die Folgen von Angst können weit größer sein, als die durch das Virus selbst." Bislang aber reagiere die Bevölkerung bis auf wenige Ausnahmen sehr besonnen.

Der Minister lobte den Einsatz aller Beteiligten im Kampf gegen das Virus, räumte aber ein, dass es natürlich noch Verbesserungsbedarf bei den Abläufen gebe. So dauerten die Tests mitunter noch zu lange. Wichtig sei es, angesichts des bisherigen Verlaufs nicht schon eine Entwarnung zu geben. "Fest steht: Der Höhepunkt der Ausbreitung ist noch nicht erreicht", so Spahn. "Aus der Corona-Epidemie in China ist eine Pandemie geworden." Und in Deutschland habe eine Epidemie begonnen.

"Sicherheit steht vor wirtschaftlichen Interessen"

Der Minister betonte auch, dass die Sicherheit der Bevölkerung im Zweifel immer vorgehe - auch vor wirtschaftlichen Interessen. Sein Ziel sei es, die Bürgerinnen und Bürger zu bestärken: "Bleiben Sie weiterhin besonnen. Informieren Sie sich aus zuverlässigen Quellen wie infektionsschutz.de und strafen Sie diejenigen, die versuchen, Angst und Falschmeldungen zu verbreiten, mit Nichtbeachtung!"

150 Lufthansa-Maschinen am Boden

Der Lufthansa-Konzern lässt wegen der Coronavirus-Krise rund 150 seiner 750 Maschinen am Boden. Am Montag hatte Lufthansa bereits mitgeteilt, dass der Konzern im März die Frequenzen unter anderem auf Routen nach Italien und innerhalb Deutschland verringern wird.

Spahn lobte auch das föderale System mit regionalen Kompetenzzentren, das in Krisenzeiten seine Stärken zeige. "Es ist richtig, dass wir nicht von Berlin aus zu entscheiden haben, ob in Heinsberg oder anderswo eine Schule zeitweise geschlossen wird."

Mit Blick auf die knapp werdenden Vorräte von Atemmasken und Schutzkleidung wies Spahn auch noch einmal auf das Exportverbot für solche Artikel hin, das die Bundesregierung am Vormittag erlassen hatte.

Pflegepersonal-Vorgaben für Kliniken ausgesetzt

Vor seiner Rede hatte Spahn auf Twitter bereits angekündigt, dass die Vorgaben zur Mindestbesetzung mit Pflegekräften in Krankenhäusern vorerst aufgeweicht werden. Um die Kliniken zu entlasten, würden die festen Personaluntergrenzen für bestimmte Stationen bis auf weiteres außer Kraft gesetzt.

AfD hält Spahn Fehleinschätzungen vor

Die Fraktionschefin der AfD im Bundestag, Alice Weidel, zog zum Umgang mit dem Coronavirus ein deutlich negativeres Fazit als Spahn. Es gebe bis heute keine durchstrukturierten und klaren Verantwortlichkeiten für Tests. Weidel warf Spahn Versagen vor. So gehe nach bisherigem Kenntnisstand vom Coronavirus eine höhere Gefahr aus als vom Grippevirus. Das habe der Minister noch Ende Januar geleugnet und von einem milderen Infektionsverlauf als bei der Grippe gesprochen. Das sei nicht seine einzige Fehleinschätzung gewesen.

Wichtig sei nun, eine getrennte Infrastruktur für Corona-Tests aufzubauen, forderte Weidel. Arztpraxen dürften damit nicht allein gelassen werden. Von Hausärzten und Primäversorgungspraxen Hilfeleistung zu erwarten, ohne die erforderliche Schutzausrüstung bereitzustellen, grenze an fahrlässige Körperverletzung. Es brauche zudem systematische Einreisekontrollen an den Grenzen.

SPD wirft Weidel Ahnungslosigkeit vor

Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag, Bärbel Bas, kritisierte die Vorwürfe Weidels als nicht haltbar. Es gebe Pandemiepläne und schon seit Wochen werde koordiniert an der Eindämmung des Virus gearbeitet. Ihr Ruf nach Wärmekameras und Fiebermessungen an Flughäfen sei unsinnig, angesichts der Tatsache, dass eine Übertragung des Virus auch ohne Fieber und Symptome möglich ist.

Dass der Schutz des medizinischen Personals noch besser werden müsse, sei richtig, räumte Bas ein. Aber daran werde mit Hochdruck gearbeitet. Von fahrlässiger Körperverletzung zu sprechen, sei böswillig und unangebracht.

FDP weist auf wirtschaftliche Folgen hin

Die FDP fordert wegen der Folgen der Corona-Epidemie für Deutschland von der Bundesregierung die Einrichtung eines Krisenstabs auch für den Bereich Wirtschaft und Finanzen. "Wir erwarten ein Maßnahmenpaket, das auch fiskalische Maßnahmen umfasst", sagte Partei- und Fraktionschef Christian Lindner im Bundestag. Als Beispiel nannte er Sonderabschreibungen zur Entlastung von Unternehmen. Zudem sollten ohnehin geplante Steuerentlastungen vorgezogen werden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete am 04. März 2020 die tagesschau und Deutschlandfunk in den Nachrichten um 14:00 Uhr.