Pläne von Minister Spahn Kritik an Corona-App wächst
Gesundheitsminister Spahn setzt bei der Corona-App weiter auf eine zentrale Datenspeicherung - und wird dafür nicht nur von Datenschützern kritisiert. Auch netzpolitische Organisationen fordern, die Pläne aufzugeben.
Zahlreiche netzpolitische Organisationen haben die Bundesregierung in einem offenen Brief aufgefordert, ihr Konzept für eine Tracing-App zur Eindämmung der Corona-Pandemie aufzugeben. Sie kritisierten den Plan der Regierung, das Softwaregerüst der Initiative PEPP-PT (Pan-European Privacy-Preserving Proximity Tracing) mit einer zentralen Datenspeicherung zu nutzen.
"Diese Entscheidung stößt bei uns zwischenzeitlich auf großes Unverständnis, da gerade dies der problematischste unter den vorliegenden Entwürfen ist", heißt es in dem Schreiben. Zu den Unterzeichnern gehört unter anderem der Chaos Computer Club (CCC).
Nachdem PEPP-PT nicht in der Lage gewesen sei, schnell eine "halbwegs funktionierende und datenschutzfreundliche Lösung" zu liefern, sollte nun den technisch ausgereiften und datenschutzrechtlich gebotenen Ansätzen Vorzug gegeben werden.
CCC hält Umsetzung für unrealistisch
"Die Corona-Tracing-App bringt ein hohes Risiko mit sich, da die anfallenden Daten hochsensibel und besonders zu schützen sind", teilte der CCC mit. Je mehr Daten verarbeitet würden, desto größer sei das Risiko einer De-Anonymisierung.
Dass die App massenhaft genutzt werden soll, sei zudem unrealistisch - denn die beiden großen Anbieter mobiler Betriebssysteme, Google und Apple, hätten sich bereits gegen eine Speicherung auf einem zentralen Server entschieden.
Spahn für "pragmatischen Ansatz"
Gesundheitsminister Jens Spahn will jedoch weiterhin an den Plänen der Regierung festhalten. Beim Kampf gegen die Ausbreitung des Virus helfe die App, sagte er im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF.
Dabei werde digital nachvollzogen, was heute schon analog die Gesundheitsämter auf Basis geltenden Rechts machten. Daher werbe er in der Diskussion über den Datenschutz und die Datensicherheit für einen "pragmatischen Ansatz".
Experten begrüßen Ansatz von Google und Apple
Um den Datenschutz bei der Umsetzung geplanter Corona-Warnapps ist ein offener Richtungsstreit zwischen den beteiligten Wissenschaftlern entbrannt. Rund 300 Experten hatten bereits am Montag in einem offenen Brief vor der Gefahr von Überwachung und Missbrauch bei einer zentralisierten Speicherung von Daten gewarnt.
Die Unterzeichner des offenen Briefs befürchten bei der Speicherung auf einem zentralen Server, dass "eine Form der Überwachung durch die Regierung oder den privaten Sektor" ermöglicht werde. Dies werde das Vertrauen in eine App und ihre Akzeptanz in der Gesellschaft "katastrophal beeinträchtigen".
Sie begrüßten den von Google und Apple gewählten Ansatz, die Daten zu Begegnungen einzelner Smartphones nur auf den Geräten zu lagern.