Nach Teillegalisierung 125 Cannabis-Verurteilte aus Haft entlassen
Wer wegen Cannabis-Vergehen eine Strafe verbüßt, kann nach der Teillegalisierung auf Milde hoffen. Mindestens 125 Menschen wurden bereits aus der Haft entlassen. Das ergab eine Anfrage des ARD-Hauptstadtstudios.
Seit einem Monat ist das neue Cannabis-Gesetz in Kraft. Es regelt die Teillegalisierung von Cannabis und beinhaltet auch eine Amnestie auf Vergehen, die nach heutiger Gesetzeslage keine Straftaten mehr wären. Aufgrund dieser Neuregelung sind bundesweit mindestens 125 Menschen aus der Haft entlassen worden. Das geht aus einer Anfrage des ARD-Hauptstadtstudios an alle Bundesländer hervor.
So gab es zum Beispiel in Bayern 24 Haftentlassungen, in Rheinland-Pfalz 13 und in Niedersachsen zwei. Das Justizministerium in Nordrhein-Westfalen gab nur Zahlen für den Bereich der Generalstaatsanwaltschaft Hamm bekannt. Demnach wurden dort 50 Menschen aus der Haft entlassen. Die Zahl kann aber deutschlandweit auch deshalb noch steigen, weil einige Bundesländer die Überprüfung der infrage kommenden Verfahren noch nicht abgeschlossen haben.
"Mischfälle" erfordern mehr Zeit
In vielen Fällen ist der - bis 25 Gramm nun nicht mehr strafbare - Besitz von Cannabis auch nur ein Teilaspekt des Verfahrens. Bei sogenannten "Mischfällen" muss in der Regel ein Richter neu über das Strafmaß entscheiden. Aus dem Saarland heißt es dazu von der Staatsanwaltschaft Saarbrücken, hierzu seien entsprechende Aktenvorlagen und Anträge der Staatsanwaltschaft an die jeweiligen Strafgerichte erforderlich.
Die gerichtlichen Entscheidungen seien mit Rechtsmitteln anfechtbar, die dann weitere gerichtliche Entscheidungen erforderlich machten. Bis diese Entscheidungen getroffen sind, kann es noch einige Zeit dauern. Keines der angefragten Bundesländer konnte schon umfassende Zahlen zu diesen "Mischfällen" vorlegen.
Prüfung von alten Fällen dauert bis zu einer Stunde
Insgesamt wurden bundesweit bisher rund 216.000 Verfahren überprüft, mindestens 10.000 Fälle stehen noch aus. Auch das geht aus der Anfrage des ARD-Hauptstadtstudios an die Bundesländer hervor. Allein in Nordrhein-Westfalen mussten nach Regierungsangaben 86.000 Verfahren darauf überprüft werden, ob die Fälle von der neuen Rechtslage betroffen sind. Aus Baden-Württemberg heißt es, der zeitliche Aufwand für die Überprüfung liege - nur bei den Staatsanwaltschaften - bei 15 bis 60 Minuten pro Akte.
Einige Bundesländer hatten nach eigenen Angaben schon im vergangenen Jahr - noch vor Inkrafttreten des Gesetzes - mit der Überprüfung begonnen. Nicht alle Bundesländer konnten Angaben dazu machen, wie viele Verfahren überprüft wurden. Daher ist die Zahl insgesamt wahrscheinlich noch höher.
Zahlen zu Verstößen gegen das neue Gesetz aus zwei Bundesländern
Zwei Bundesländer machten auf Anfrage auch aktuelle Aussagen zu registrierten Verstößen gegen das neue Gesetz. Das Innenministerium in Brandenburg teilte mit, es habe Kenntnis von einer "geringen zweistelligen Anzahl" von Strafanzeigen aufgrund des Verdachts des Verstoßes gegen das Konsumcannabisgesetz. Anlass für die Strafanzeigen waren demnach unter anderem "das Antreffen minderjähriger Personen mit Cannabis bzw. Cannabisanhaftungen" oder "der Besitz von Cannabis im öffentlichen Raum über der erlaubten Menge".
Konkretere Zahlen nennt das Bayerische Staatsministerium des Innern: Demnach habe die Bayerische Polizei zwischen dem 1. April und dem 18. April "rund 611 Anzeigenvorgänge mit Bezug zu Cannabis erfasst." Darunter zum Beispiel 54 Ordnungswidrigkeiten unter anderem wegen Verstößen gegen Konsumverbotszonen sowie 330 Verkehrsordnungswidrigkeiten und zwölf Verkehrsstraftaten wegen Fahrens unter Cannabiseinfluss.