Abstimmung im Bundestag Geschäftsmäßige Sterbehilfe wird verboten
Der Bundestag hat sich für ein Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe ausgesprochen. Einzelfallentscheidungen von Ärzten, die Hilfe zum Suizid leisten, bleiben aber straffrei. Für die namentliche Abstimmung wurde der Fraktionszwang aufgehoben.
Geschäftsmäßige Sterbehilfe ist in Deutschland künftig verboten. Der Bundestag stimmte für einen entsprechenden Gesetzentwurf der von einer Abgeordnetengruppe um Michael Brand (CDU) und Kerstin Griese (SPD) vorgelegt worden war. Er erhielt in der Schlussabstimmung 360 von 602 abgegebenen Stimmen. Mit Nein votierten 233 Parlamentarier, 9 Abgeordnete enthielten sich.
Der Entwurf stellt die geschäftsmäßige Hilfe bei der Selbsttötung unter Strafe. "Geschäftsmäßig" meint das auf Wiederholung angelegte, organisierte und gewinnorientierte Handeln von Vereinen und Einzelpersonen. Sollte jemand sich dieser Regelung widersetzen, drohen bis zu drei Jahre Gefängnis.
Einzelfallentscheidungen bleiben straffrei
Angehörige und nahestehende Personen wären allerdings vor einer Bestrafung geschützt, wenn sie Hilfe zum erwünschten Suizid leisten. Auch Einzelfallentscheidungen von Ärzten sollen nicht sanktioniert werden. Die Verfasser begründeten ihren Vorschlag damit, dass sie einen Gewöhnungseffekt der Gesellschaft an Suizidhilfe und eine Bedrängung alter und kranker Menschen vermeiden wollen.
Das Parlament hatte zuvor eingehend über vier verschiedene Vorschläge beraten. Der Entwurf von Brand und Griese zum Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe hatte sich bereits in der zweiten Lesung überraschend klar durchgesetzt und die Stimmen von 309 Abgeordneten bekommen. Für die Vorlage von Bundestagsvizepräsident Peter Hintze (CDU) und der stellvertretenden SPD-Fraktionschefin Carola Reimann, der eine Erlaubnis der ärztlichen Sterbehilfe vorsah, votierten in der zweiten Abstimmung 128 Abgeordnete.
Für den Vorschlag der Grünen-Politikerin Renate Künast, die nicht nur Ärzten, sondern auch Organisationen diese Form der Sterbehilfe ausdrücklich ermöglichen wollte, stimmten 52 Parlamentarier. Dem Entwurf des CDU-Abgeordneten Patrick Sensburg, der die Sterbehilfe generell unter Strafe stellen wollte, stimmten 37 Parlamentarier zu. Für die Abstimmung war der Fraktionszwang aufgehoben worden.
Evangelische Kirche zufrieden
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, begrüßte die Entscheidung des Parlaments. Sie sorge dafür, dass ein Suizid nicht zur normalen Option werde, schrieb Bedform-Strohm auf seiner Facebook-Seite. Er sei auch dankbar, dass im Verhältnis zwischen Arzt und Patient Gewissensspielräume bleiben. Denn nicht jeder Einzelfall lässt sich rechtlich regeln."
Wie zu erwarten will sich der Verein Sterbehilfe Deutschland nicht mit der Entscheidung des Bundestages abfinden. Die Leiterin der Geschäftsstelle des Vereins, Marie-Claire Steilmann, kündigte eine Verfassungsbeschwerde gegen das neue Gesetz an.
Der entsprechende Paragraf, der vor allem auf die umstrittenen Sterbehilfe-Vereine zielt, wird im Strafgesetzbuch eingefügt. Hinter dem Paragrafen, der die Tötung auf Verlangen verbietet, findet sich künftig unter Nummer 2017 folgender Passus:
"Geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung
(1) Wer in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Als Teilnehmer bleibt straffrei, wer selbst nicht geschäftsmäßig handelt und entweder Angehöriger des in Absatz 1 genannten anderen ist oder diesem nahesteht."