Bundesrat stimmt EU-Reformvertrag zu Kein Ja aus der Hauptstadt
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hat sich bei der Bundesrats-Abstimmung über den EU- Reformvertrag heute enthalten. Damit gab er seinem Koalitionspartner Linkspartei nach. Die Linke hätte eine Ja-Stimme Wowereits als Bruch des Koalitionsvertrags gewertet.
Von Anja Mößner, tagesschau.de
Berlins Regierendem Bürgermeister Wowereit werden in der SPD schon lange bundespolitische Ambitionen nachgesagt. Sein Umgang mit der Linkspartei wird stets skeptisch beäugt und so versucht er, die drohende Niederlage gegen den Koalitionspartner abzuwenden. In den vergangenen Wochen hat Wowereit seine Senatskollegen von der Linkspartei ausdauernd bearbeitet, um sie umzustimmen, doch bislang ohne Erfolg. Laut Koalitonsvertrag muss sich das Land Berlin der Stimme enthalten, wenn die rot-rote Koalition geteilter Meinung ist.
Berliner Linkspartei unter besonderer Beobachtung
Die Berliner Linkspartei zeigt sich unnachgiebig, denn auch sie steht unter besonderer Beobachtung ihrer Genossen. Teile der Bundespartei sorgen sich um ihre Glaubwürdigkeit angesichts der Regierungsbeteiligung im Berliner Senat und den damit verbundenen Kompromissen und realpolitischen Entscheidungen. Die Beschlusslage der Bundespartei in Sachen EU-Reformvertrag ist eindeutig: Er wird als neoliberal, unsozial und militaristisch abgelehnt. Danach sollen sich die Berliner Linken richten, so die unmissverständliche Ansage.
Vor Parteitag Standhaftigkeit beweisen
Die Berliner Linkspartei hat noch einen weiteren Grund, sich klar gegen den EU-Reformvertrag zu stellen: Sie hat bereits schlechte Erfahrungen damit gemacht, dem Drängen Wowereits nachzugeben - und zwar ausgerechnet beim Thema Europa: 2005 bei der Entscheidung über den EU-Verfassungsvertrag, der später an den Referenden in Frankreich und den Niederlanden scheiterte. Die Berliner Linke knickte gegenüber der SPD ein, statt zu opponieren und wurde prompt vom Rest ihrer Partei böse gescholten.
Einen Tag vor dem Bundesparteitag der Linkspartei in Cottbus wollen sich die Berliner nicht noch einmal zum Prügelknaben machen, heißt es aus Linkspartei-Kreisen im Abgeordnetenhaus. Die Berliner wollen mit einem Erfolg in Sachen Standhaftigkeit beim Parteitag auftreten.
Nur eindeutige Länder-Voten gültig
Diese Situation erinnert an die Bundesrats-Abstimmung über das Zuwanderungsgesetz 2002, die tumultartig endete, weil sich die Koalitionäre aus Brandenburg nicht einigen konnten. Diesmal wäre es an Harald Wolf, dem ersten Mann der Linkspartei im Berliner Senat, im Bundesrat die Hand zu heben und zu erklären, dass nun Berlin geteilter Meinung ist.
2002 hatte ausgerechnet Klaus Wowereit als damaliger Bundesratspräsident die Stimme aus Brandenburg im Sinne des Ministerpräsidenten Manfred Stolpe, SPD, gezählt. Das Bundesverfassungsgericht befand allerdings später: Widersprüchliche Aussagen von Mitgliedern einer Landesregierung führen eindeutig dazu, dass die Stimmen des Bundeslandes nicht gezählt werden.