Bundesrat zu Grundgesetz Wie kann der "Rasse"-Begriff ersetzt werden?
Die Wissenschaft ist sich einig: Menschliche Rassen gibt es nicht. Im Grundgesetz steht der Begriff aber an prominenter Stelle. Heute berät der Bundesrat, ob - und wie - der Begriff ersetzt werden könnte.
Eigentlich hätten die Mütter und Väter des Grundgesetzes ja gute Absichten gehabt, sagt die Grünen-Politikerin Aminata Touré, Vizepräsidentin des schleswig-holsteinischen Landtages. Damals wollte man sich klar von den Gräueltaten der Nazis distanzieren. In Artikel 3 des Grundgesetzes heißt es deshalb: Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. Niemand soll benachteiligt werden - auch nicht aufgrund seiner "Rasse".
Dieser Begriff sei falsch, sagt Touré. Denn er suggeriere, dass es unterschiedliche Rassen gebe. Und das ist wissenschaftlich widerlegt. Sie fordert eine Änderung des Grundgesetzes. Und noch eine Ergänzung: Der Staat soll Menschen, die Rassismus erfahren, Schutz zusichern.
"Rassistisch" statt "Rasse"?
Besonders die "Black Lives Matter"-Demonstrationen im vergangenen Sommer haben die Debatte über den Rassebegriff im Grundgesetz wieder entfacht. Der Bundesrat diskutiert heute darüber, ob "Rasse“ durch "rassistisch" ersetzt werden soll. Das schlagen die Länder Hamburg und Thüringen vor. Bereits im Frühjahr nach dem Anschlag in Hanau hatten die Grünen gefordert, den Rassebegriff aus dem Grundgesetz zu streichen.
Justiz- und Innenministerium arbeiten an Formulierung
Auch Justizministerin Christine Lambrecht von der SPD sieht mittlerweile Handlungsbedarf. Man müsse leider erleben, dass der Begriff Rasse genutzt werde, um rassistische Äußerungen, Verfolgung und Diskriminierung zu betreiben. Deswegen sei es wichtig, dass man das Wort ersetze. Dabei dürften aber auch keine Schutzlücken entstehen, so Lambrecht.
Laut einem internen Papier der Bundesregierung strebt man an, sich bald auf eine Änderung des Grundgesetzes zu einigen. Wie die neue Formulierung lautet, soll eine Arbeitsgruppe im Bundesinnenministerium und Justizministerium erarbeiten.
Das sei keine einfache Aufgabe, sagt Mathias Middelberg, innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion. Die war anfangs skeptisch. Denn die Rechtsprechung lege den Rassebegriff mittlerweile sehr weit aus, sodass zum Beispiel auch ethnische Begründungen, Hautfarbe, Sprache oder Dialekte darunterfallen. Diese breite Schutzwirkung müsse auch ein neuer Begriff leisten, sagt Middelberg.
Schutzwirkung muss gewährleistet sein
Das Problem am Begriff "rassistisch": Er könnte so verstanden werden, dass nur bewusste Handlungen, absichtliche Diskriminierungen damit gemeint sind. Das kann laut Einschätzung der Bundesregierung den Schutz einschränken. Um den Rassebegriff zu streichen und das Grundgesetz zu ändern, müssen zwei Drittel der Abgeordneten in Bundestag und Bundesrat zustimmen. Fast alle Parteien bis hin auf die AfD sind sich mittlerweile einig, dass der Passus geändert werden sollte. Doch die Frage bleibt, wie.