Laschet beim CSU-Parteitag Noch nichts gewonnen
Der Parteitag der CSU endete mit Jubel für Unions-Kanzlerkandidat Laschet. Ab jetzt will man im Bundestagswahlkampf "maximal geschlossen" auftreten. Aber reicht das, um das Ruder noch herumzureißen?
Wer wissen wollte, um wie viel es ging, musste am Samstagmorgen nur CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak beobachten, während er neben CSU-Chef und Gastgeber Markus Söder vor dem Eingang Ost der Nürnberger Messe die Ankunft von Armin Laschet erwartete. Ziemiak trat von einem Bein aufs andere, knetete seine Hände, Söder frotzelte derweil mit einem Kameramann über dessen Frisur.
Dabei war es auch für Söder ein wichtiger Parteitag. Zum einen musste und wollte er auch die letzten davon überzeugen, dass er und seine CSU tatsächlich ohne Wenn und Aber hinter dem gemeinsamen Kanzlerkandidaten stehen, wenn an diesem Wochenende tatsächlich die innerhalb der Union viel beschworene "Trendwende" eingeläutet werden sollte.
Zum anderen signalisierten die Delegierten ihm, dass sie zwar bereit waren, Söders Losung, ein Signal der "Entschlossenheit und Geschlossenheit" vom Parteitag zu senden, zu folgen, aber nicht ohne ihre Zähne zumindest anzudeuten. Denn viele sind nicht nur unzufrieden mit dem Verlauf des Unionswahlkampfes und nicht zuletzt dem Kanzlerkandidaten. Auch Söders Verhalten der vergangenen Monate ist so mancher und manchem sauer aufgestoßen, insbesondere die ständigen Sticheleien aus München gegen Laschet.
87,6 Prozent für Söder als Parteichef
Bei Söders Wiederwahl zum CSU-Vorsitzenden blieb der Eklat erwartbar aus. Die Delegierten bestätigten ihn mit 87,6 Prozent im Amt (im Oktober 2019 waren es noch 91,3 Prozent gewesen). Keine Klatsche, aber auch keine Liebeserklärung.
Söders Verhalten gegenüber Laschet ist aber bei weitem nicht der einzige Grund für die Unzufriedenheit, die immer mal wieder in der CSU aufflackert. Viele Parteimitglieder glauben weiterhin, dass die Union mit einem Kanzlerkandidaten Söder deutlich besser dastehen könnte. Dennoch ist er so manchem zu grün, so mancher zu streng mit seinem Ansatz, um die Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern. Dennoch haben sie ihn mitten im Umfragetief nicht mit einem schwachen Ergebnis beschädigt.
Die Stellvertreter-Klatsche bekam Dorothee Bär ab, die mit 69,7 Prozent (2019 immerhin 71,6 Prozent) zu einer der stellvertretenden Parteivorsitzenden gewählt wurde. Zum Vergleich: Der CSU-Europapolitiker Manfred Weber erhielt 94 Prozent. Bär kandidiert auf Listenplatz zwei der CSU und ist zudem die Frau für Digitales im sogenannten Zukunftsteam von Armin Laschet, wohlgemerkt die einzige Frau aus Bayern.
Laschet gewinnt den Parteitag für sich
Nachdem also Söder Laschet am Freitag den Boden bereitet hatte, unter anderem mit Witzen über die Frisuren der Grünen (Frisuren scheinen es Söder angetan zu haben) oder auch das Gendern, nun also der mit Spannung erwartete Auftritt von Laschet am Samstag.
Laschet kam, wurde umringt von einer Traube aus Medienleuten von Söder ins Plenum geleitet, inklusive Jubel-Abordnung aus der Jungen Union im Eingangsbereich der Messe. Den Jubel hatten sie übrigens im Vorfeld geprobt. Nur nichts dem Zufall überlassen.
Ähnlich inszeniert wirkte dann Laschets umjubelter Einlauf ins Plenum, der ihm die Bilder bescherte, die er und die Union so dringend brauchen. Am Redepult angekommen, hielt Laschet eine solide, für seine Verhältnisse kämpferische, Rede, abgestimmt auf den CSU-Geschmack. Viele Warnungen vor der "roten Gefahr", Attacken auf die politischen Mitbewerber, speziell SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz, sowie Umgarnen der bayerischen Seele.
Während Laschets Rede lohnte sich erneut der Blick auf den weiterhin sichtlich angespannten CDU-Generalsekretär Ziemiak. Er hing an Laschets Lippen, schien ihn allein durch Willenskraft durch die Rede hindurchtragen zu wollen. Schien nicht zu wissen, wohin mit seinen Händen, hatte sie mal am Kinn, um dann doch zum Kaffeebecher zu greifen. Saß und war doch ständig in Bewegung bis zu den - offenbar für ihn erlösenden - letzten Worten Laschets. Große Erleichterung bei Ziemiak, großer Jubel und minutenlanger Applaus in der Halle 7A der Nürnberger Messe.
Verordnete Geschlossenheit der Schwesterparteien
Was als Inszenierung begann, schien von Herzen zu enden und Söder schien zu wissen: Eine mögliche Niederlage der Union bei der Bundestagswahl würde spätestens nach diesem Wochenende auch auf ihn zurückfallen, wenn er sich in den kommenden zwei Wochen die schon fast zur Gewohnheit gewordenen Sticheleien gegen Armin Laschet nicht verkneifen kann.
Für die Union stellt sich nach dem CSU-Parteitag die Frage, ob "Egal wie spät, Hauptsache Geschlossenheit", wirklich eine Wahlkampfstrategie für die Geschichtsbücher sein wird. Viele hoffen, dass doch noch etwas geht im Wahlkampf. Wie viel das letztlich sein wird, weiß niemand, auch nicht hochrangige CSU-Mitglieder.
Söders persönliche Prüfung steht bei der bayerischen Landtagswahl 2023 an: Obwohl seine Umfrage- und Beliebtheitswerte gut sind, hat er bisher keine überragenden Wahlergebnisse vorzuweisen. Anders als ein schlechtes Abschneiden bei der Bundestagswahl ließe sich eine schwache Vorstellung bei der Landtagswahl nicht ohne weiteres auf die CDU, den "Bundestrend" oder gar Laschet schieben. Söder, Laschet sowie der gesamte Unionswahlkampf haben sich also in die nächste Runde gerettet - aber ob das reicht, um das Ruder noch herumzureißen?