Hochrechnung zur Landtagswahl in Bremen Knappe Mehrheit für Rot-Grün
Die Verluste von SPD und Grünen bei der Landtagswahl im Bremen sind erheblich, doch nach der jüngsten Hochrechnung des Landeswahlleiters kann Rot-Grün an der Weser mit knapper Mehrheit weiter regieren. Gewinnerin des Wahlabends ist zweifellos die FDP. Sorge bereitet allen Parteien die Wahlbeteiligung.
Es ist das schlechteste Ergebnis für die SPD in Bremen seit dem Kriegsende und doch darf SPD-Spitzenkandidat und Bürgermeister Jens Böhrnsen weiterregieren. Laut der jüngsten Hochrechnung des Landeswahlleiters kann Böhrnsen auch seine Wunschkoalition mit den Grünen fortsetzen. Demnach liegt die SPD bei 32,9 Prozent. 2011 kam die Partei noch auf 38,6 Prozent.
Auch die Grünen verlieren stark. Laut Hochrechnung liegen sie bei 15,3 Prozent. Bei der Wahl vor vier Jahren hatten sie aufgrund der Atomkatastrophe von Fukushima ein Ausnahmeergebnis eingefahren. Nun pendeln sie sich wieder auf ihrem Stand von 2007 ein. Zusammen kommen die beiden Parteien auf 44 Sitze in der Bürgerschaft und könnten so mit einer Mehrheit von zwei Sitzen weiterregieren.
CDU bietet sich als Juniorpartner an
Feierstimmung herrscht dagegen bei Linkspartei, FDP und CDU. Die Christdemokraten von Spitzenkandidatin Elisabeth Motschmann holen 22,6 Prozent. Damit verdrängen sie die Grünen wieder von Platz zwei im Parlament. Umgehend bot sich die CDU der SPD als Juniorpartner an. Das klare Signal der Wähler sei, dass es ein "Weiter so" nicht geben könne, sagte Motschmann. Die CDU hatte das kleinste Bundesland schon von 1995 bis 2007 als Juniorpartner gemeinsam mit der SPD regiert.
Wegen Besonderheiten des Wahlsystems und des Auszählungsverfahrens in Bremen veröffentlicht der Landeswahlleiter voraussichtlich erst am Dienstag oder Mittwoch ein vorläufiges amtliches Ergebnis für die Bürgerschaftswahl. In der Wahlnacht selbst und am Tag danach werden für das Bundesland nur Hochrechnungen veröffentlicht.
Ein Stromausfall im Büro des Wahlleiters verzögerte die Auszählung in der Wahlnacht zusätzlich.
Die FDP feiert den Wiederaufstieg
Gewinnerin des Wahlabends ist zweifellos die FDP. Sie schafft mit 6,5 Prozent locker den Sprung in die neue Bremische Bürgerschaft und setzt damit ihren in Hamburg begonnenen Wiederaufstieg fort. Damit ist die FDP jetzt wieder in sieben Landesparlamenten vertreten. 2011 war die FDP an der Weser mit 2,4 Prozent klar an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert.
Jubeln kann auch die Linkspartei, die nach der aktuellen Hochrechnung 9,2 Prozent erreicht. Vor vier Jahren war sie mit 5,6 Prozent nur knapp in die Bremische Bürgerschaft eingezogen.
Die Alternative für Deutschland (AfD) zieht nun ebenfalls in die Bürgerschaft ein. Die Hochrechnung sieht sie bei 5,5 Prozent. Die weitere Rechtsaußen-Partei, die "Bürger in Wut" (BiW), erreicht 3,3 Prozent und zieht wie schon 2011 wieder über die Bremerhavener Landesliste in die Bürgerschaft ein - das ist eine Besonderheit des Bremer Wahlrechts. In die Bremische Bürgerschaft kann eine Partei auch dann einziehen, wenn sie nur in der kleineren Stadt Bremerhaven über die Fünf-Prozent-Hürde kommt. Dies war den Wutbürgern vor vier Jahren gelungen.
Daraus ergibt sich folgende Sitzverteilung: SPD 30, CDU 20, Grüne 14, Linkspartei 8, FDP 6, AfD 4. Die rechtspopulistischen "Bürger in Wut" holen wieder ein Mandat.
Bremen hat gewählt - was sagt die Bundespolitik zum sich abzeichnenden Ergebnis an der Weser? "Keinen Anlass zur Trauer" sah SPD-Generalsekretärin Fahimi. Auf die herben Verluste der Böhrnsen-SPD ging sie nicht ein. Dagegen sprach CDU-Fraktionsgeschäftsführer Grosse-Brömer von einer "derben Schlappe" für Rot-Grün und einem "schönen Ergebnis" für die CDU. Linkspartei-Chef Riexinger gab sich ebenfalls gelöst: Einen "grandiosen Erfolg" habe seine Partei an der Weser geschafft. FDP-Chef Lindner sah in dem Wiedereinzug der Liberalen in die Bremische Bürgerschaft eine "Richtungsanzeige für die FDP bundesweit". Im Bericht aus Berlin warnte er aber: "Das ist noch nicht das Comeback."
Minusrekord bei der Wahlbeteiligung
Das Interesse an der Wahl war gering. Nur 48,9 Prozent der Wahlberechtigte gaben ihre Stimme ab. Das sind noch einmal deutlich weniger als bei der letzten Wahl - 2011 gingen nur 55,5 Prozent zur Wahl.
Bremen ist seit 70 Jahren fest in SPD-Hand. Seit zehn Jahren regiert der Jurist Böhrnsen zusammen mit den Grünen. Das Land ist das Armenhaus Deutschlands, die Arbeitslosigkeit liegt mit gut elf Prozent fast doppelt so hoch wie im Bund, bei Bildungstests landet Bremen auf dem letzten Platz.
Nach Hamburg war Bremen die zweite und letzte Landtagswahl in diesem Jahr. Bundespolitisch fielen beide Urnengänge nicht ins Gewicht. Dies wird im kommenden Jahr anders sein, wenn in fünf Bundesländern gewählt wird.