Erdogan-Schmähgedicht Böhmermann gibt keine Unterlassung ab
Im Rechtsstreit mit dem türkischen Präsidenten Erdogan hat der Moderator Böhmermann die Frist zur Abgabe einer Unterlassungserklärung verstreichen lassen. Das berichtet der "Spiegel" unter Berufung auf Böhmermanns Anwalt. Beim ZDF sorgt der Fall derweil intern für Diskussionen.
Moderator Jan Böhmermann hat keine Unterlassungserklärung abgegeben, so wie es der Rechtsanwalt des türkischen Präsidenten Recep Erdogan gefordert hatte. Einem Bericht des "Spiegel" zufolge ließ Böhmermann eine Frist zur Abgabe der Erklärung verstreichen.
Böhmermanns Anwalt schrieb dem Bericht zufolge an Erdogans Rechtsvertreter, offensichtlich sei übersehen worden, dass "das Gedicht nicht solitär verbreitet wurde, sondern in einer Gesamtdarstellung, über das, was in Deutschland erlaubt ist und was nicht".
"Gerade geht es ja ganz viel um Begriffe wie "Strafantrag", Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen Beleidigung etc. - das ist die Ebene des Strafrechts. Daneben gibt es noch eine separate Baustelle, die im Medienrecht auch immer wichtig ist: die Ebene des Zivilrechts. Da streiten die Betroffenen untereinander, ob man etwas sagen durfte oder nicht. Man hört ja nach umstrittenen Pressartikeln oder Beiträgen immer wieder mal: Person xy verlangt Unterlassung, oder möchte eine einstweilige Verfügung erwirken. Das scheint Herr Erdogan gegenüber Herrn Böhmermann auch zu versuchen, und Herr Böhmermann hat nun auf dieser zivilrechtlichen Ebene gesagt: 'Nein, ich gebe keine Unterlassungserklärung ab.' Auf ein mögliches Strafverfahren hat das aber keine direkten Auswirkungen. Der Rechtsstreit wird einfach parallel auf mehreren Ebenen geführt." ARD-Rechtsexperte Frank Bräutigam
Beim ZDF sorgt der Umgang mit dem Fall für Diskussionen. Der Redakteursausschuss des Senders ließ einen Brief verteilen, in dem die Löschung des Böhmermann-Videos aus der Mediathek kritisiert wird. "Wir würden es begrüßen, wenn die 'Schmähkritik' vom Giftschrank wieder in die Mediathek gestellt wird. Als Dokument der Zeitgeschichte", heißt es in dem Schreiben, das tagesschau.de vorliegt. Personen der Zeitgeschichte müssten sich bitterböse Satire auch gefallen lassen, schreibt der Redakteursausschuss weiter.
Das ZDF habe einen großartigen Erfolg errungen: "Eine ZDF-Sendung bewegt Regierungschefs und ersetzt ein juristisches Proseminar. Programmauftrag erfüllt", heißt es in dem Brief. Der Preis dafür sei allerdings eine ZDF-Führung, "der teilweise vorauseilender Gehorsam nachgesagt wird" und ZDF-Redakteure, die abgenommene Filme aus der Mediathek nehmen müssten. Die "Verantwortlichen des Hauses" sollten sich nun einer Debatte stellen, wie weit Satire gehen dürfe.
Schmähkritik sorgt für Debatte
Der ZDF-Moderator Böhmermann hatte vor zwei Wochen in seiner Sendung "Neo Magazine Royale" in einem Gedicht über Erdogan bewusst beleidigende Formulierungen benutzt. Er kündigte das Gedicht in der Sendung als Beispiel für herabwürdigende Schmähkritik an, die nicht erlaubt sei. Erdogan hat ihn deshalb angezeigt. Böhmermann steht mittlerweile unter Polizeischutz. Seine für heute geplante Sendung wurde abgesagt.