Zahlen der Kultusministerien Bundesweit fehlen mehr als 12.000 Lehrkräfte
In vielen Schulen fehlt es an Lehrerinnen und Lehrern, wie eine Umfrage des Redaktionsnetzwerks Deutschland zeigt. Der Deutsche Lehrerverband zeichnet sogar ein deutlich drastischeres Bild beim Personalmangel im Klassenzimmer.
In deutschen Schulen fehlt es massiv an Lehrkräften: Bundesweit sind derzeit mehr als 12.000 Stellen nicht besetzt, wie eine Umfrage des Redaktionsnetzwerks Deutschland unter den Kultusministerien aller Bundesländer ergab. Doch dem Deutschen Lehrerverband zufolge ist der Personalmangel in den Klassenzimmern noch deutlich drastischer.
Den Zahlen der Ministerien zufolge sind in ganz Deutschland aktuell 12.341 Stellen für Lehrerinnen und Lehrer vakant. Am deutlichsten spiegelt sich der Mangel an Lehrkräften dabei in Nordrhein-Westfalen wider: Hier zählt das Ministerium mehr als 8000 unbesetzte Stellen. In Sachsen-Anhalt und Berlin sind es jeweils mehr als 800 vakante Posten und in Sachsen, Baden-Württemberg und Niedersachsen fehlen derzeit mehr als 400 Lehrkräfte, wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland weiter berichtet. In Schleswig-Holstein sind es demnach 200.
Ganz anders gestaltet sich die Lage in Hessen. Das dortige Kultusministerium spricht laut Bericht sogar von einem Überangebot an verfügbaren Lehrkräften. Auch im Saarland, in Rheinland-Pfalz, Brandenburg und Bayern gibt es den Ministerien zufolge genug Lehrpersonal an den Schulen.
Lehrerverband geht von bis zu 40.000 offenen Stellen aus
Doch vom Deutschen Lehrerverband gibt es erhebliche Zweifel an den Zahlen der Kultusministerien. Verbandspräsident Heinz-Peter Meidinger spricht gar von einer "Milchmädchenrechnung" und kritisiert, dass in der Erfassung "enorm geschönt und getrickst" werde. Ihm zufolge fehlen bundesweit aktuell zwischen 32.000 und 40.000 Lehrerinnen und Lehrer.
In vielen Bundesländern würden gerade am Anfang des Schuljahres Stunden je nach Lehrermangel gestrichen, sodass der Personalbedarf auf dem Papier gedeckt sei, kritisiert Meidinger. In manchen Bundesländern würden auch Eltern oder andere Nicht-Pädagogen als "Schulhelfer" eingesetzt und in der Statistik als Lehrkräfte verrechnet.
"Alltagshelfer", späterer Ruhestand und Quereinsteiger
Tatsächlich gaben die Kultusministerien in Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Berlin laut Redaktionsnetzwerk Deutschland an, IT- und Verwaltungskräfte oder sogenannte Alltagshelfer einstellen zu wollen, um Lehrkräfte zu entlasten. Sachsen-Anhalt versucht demnach, über eine Headhunting-Agentur in Deutschland und im EU-Ausland mehr Anwärter für Lehrstellen anzuwerben. In Baden-Württemberg soll ein Freiwilliges Pädagogisches Jahr Schulen entlasten und künftige Lehrkräfte gewinnen.
Baden-Württemberg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Berlin versuchen die Personallücken zu füllen, indem pensionierte Lehrerinnen und Lehrer für eine gewisse Zeit wieder in die Klassenzimmer zurückkehren. Teils zahlen die Bundesländer auch Prämien, wenn Lehrkräfte später in den Ruhestand gehen.
Laut Umfrage wollen zwölf von 16 Bundesländern zudem Quereinsteigern den Einstieg in den Lehrberuf erleichtern. Aus Sicht von Verbandspräsident Meidinger ein guter Ansatz. Allerdings warnt er auch, dass Quereinsteiger "ordentlich nachqualifiziert" und "nicht direkt in die Klasse" geworfen werden dürften. "Ohne drei bis sechs Monate Vorphase geht gar nichts", betont er.
Anmerkung: In einer ersten Version des Artikels war von bundesweit 14.341 fehlenden Lehrkräften die Rede, basierend auf den Angaben des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Die Zahl wurde korrigiert, da in Schleswig-Holstein nicht wie ursprünglich angegeben 2000 Lehrstellen unbesetzt sind, sondern 200.