Auto in Menschenmenge gelenkt Auch Giffey spricht von "Amoktat"
Kanzler Scholz und Berlins Regierende Bürgermeisterin Giffey bezeichnen die tödliche Autofahrt in der Hauptstadt als Amoktat. Es wird in alle Richtungen ermittelt. Dabei gibt es Hinweise auf eine psychische Beeinträchtigung des Fahrers.
Nach Bundeskanzler Olaf Scholz hat auch Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey die tödliche Autofahrt in der Hauptstadt als Amoktat eingestuft. Die SPD-Politikerin sprach im Interview mit dem rbb von einem "dunklen Tag in der Berliner Stadtgeschichte".
Lehrerin aus Hessen getötet
Der 29 Jahre alte, in Berlin lebende Deutsch-Armenier war gestern Nachmittag in der Nähe der Gedächtniskirche im Stadtteil Charlottenburg mit einem Kleinwagen in eine Gruppe Passanten gefahren. Darunter befanden sich auch Schüler einer Abschlussklasse aus Bad Arolsen. Ihre Lehrerin wurde getötet.
Nach Polizeiangaben wurden insgesamt 29 Menschen verletzt. Darunter seien 14 Schüler. Sieben von ihnen und ein weiterer Lehrer seien schwer verletzt und befänden sich nach wie vor im Krankenhaus. Zudem seien 14 Passanten verletzt worden.
Eine Reise endet "in einem Alptraum"
Am Abend hatte auch Bundeskanzler Scholz auf Twitter von einer "grausamen Amoktat" gesprochen. Diese mache ihn "tief betroffen". Die Reise einer hessischen Schulklasse nach Berlin sei in einem Alptraum geendet. "Wir denken an die Angehörigen der Toten und an die Verletzten, darunter viele Kinder. Ihnen allen wünsche ich eine schnelle Genesung."
Neben Scholz bekundeten auch viele weitere Politikerinnen und Politiker Trauer und Anteilnahme. "Meine Gedanken sind bei den schwer und sehr schwer Verletzten, bei dem Todesopfer", erklärte beispielsweise Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.
Hinweise auf psychische Beeinträchtigung
Der mutmaßliche Täter hatte nach Erkenntnissen der Polizei in der Vergangenheit psychische Probleme. "Die genauen Umstände müssen im Rahmen der laufenden Ermittlungen noch geklärt werden", sagte Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD). Der jetzt 29-jährige Mann sei 2015 in Deutschland eingebürgert worden. Bei der Polizei sei er mehrfach aufgefallen, es habe Ermittlungen gegeben wegen Körperverletzung, Hausfriedensbruchs und Beleidigung.
Über politische und extremistische Taten sei nichts bekannt. Auch im Zusammenhang mit verfassungsfeindlichen Bestrebungen sei der Tatverdächtige bisher nicht aufgefallen. Im Auto sei kein Bekennerschreiben gefunden worden, sagte Spranger. Im Auto wurden Plakate gefunden. Ob und inwieweit diese im Zusammenhang mit der Tat stehen, sei auch Gegenstand der Ermittlungen. Spranger betonte: "Deshalb bewerte ich nach derzeitigem Stand das gestrige Geschehen als einen Amoklauf einer psychisch beeinträchtigten Person."
Der Mann befinde sich im Polizeigewahrsam und werde heute noch einem Richter vorgeführt, sagte Spranger. Der Richter kann einen Haftbefehl ausstellen, so dass der Mann in Untersuchungshaft kommt. Die Ermittlungen würden von der Mordkommission geführt und liefen auf Hochtouren. Die Maßnahmen vor Ort seien abgeschlossen. Die Polizei habe am Mittwochabend die Wohnung des Mannes durchsucht. Zurzeit werde sowohl das Mobiltelefon als auch der Computer sehr intensiv inspiziert. Mithilfe eines Dolmetschers wurde versucht, mehr "aus den teilweise wirren Äußerungen" des Fahrers herauszufinden.
Trauerbeflaggung in Berlin
Am Mittwochabend gedachten zahlreiche Menschen in der Gedächtniskirche der getöteten Frau und der Verletzten. Neben Bürgermeisterin Giffey nahmen auch Einsatzkräfte der Feuerwehr und Polizei teil. Viele Bürgerinnen und Bürger drückten bei der Andacht ebenfalls ihre tiefe Anteilnahme aus. Für heute hat Innensenatorin Spranger Trauerbeflaggung in Berlin angeordnet
Der Unfallort befindet sich unweit des Ortes, an dem im Dezember 2016 ein islamistischer Attentäter mit einem Lkw in einen Weihnachtsmarkt gefahren war. Dabei und an den Spätfolgen starben insgesamt 13 Menschen, mehr als 70 wurden verletzt. Die Gegend ist wegen der vielen Geschäfte, Cafés und Sehenswürdigkeiten oft sehr belebt. Der Fall weckte in Berlin auch Erinnerung an eine Amokfahrt auf der Stadtautobahn A100 im August 2020, als ein Autofahrer gezielt drei Motorradfahrer rammte. Er wurde vom Gericht in die Psychiatrie eingewiesen.