Nach Konferenzbesuch in Berlin Russische Journalistinnen mutmaßlich vergiftet
Zwei russische Exil-Journalistinnen haben nach dem Besuch einer Konferenz eines Kremlkritikers in Berlin über Vergiftungssymptome geklagt. Die Frauen berichteten von Schmerzen und Taubheit. Jetzt ermittelt die Polizei.
Nach einer Konferenz in Berlin ermittelt die Polizei wegen des Verdachts auf Vergiftung zweier russischer Exil-Journalistinnen. Die Frauen hatten im April an einer Veranstaltung des russischen Regierungskritikers Michail Chodorkowski teilgenommen.
Der Sachverhalt werde vom polizeilichen Staatsschutz bearbeitet, sagte ein Polizeisprecher, gab aber mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen keine weiteren Einzelheiten bekannt. Zuerst hatte die "Welt am Sonntag" über die Fälle berichtet.
Russisches Medienportal berichtet von Vergiftungen
Die Zeitung griff einen Bericht des russischen Nachrichten-Portals "Agentstvo" auf. Demzufolge hätten die zwei Konferenzteilnehmerinnen nach der Veranstaltung über gesundheitliche Probleme geklagt. Eine von ihnen, die Leiterin einer gemeinnützigen Organisation mit Sitz in den USA, habe nach Angaben des russischen Medienberichts zunächst auf Facebook von ihren Symptomen berichtet.
Nach der Konferenz habe sie "seltsame Symptome" und einen "akuten Schmerz" gespürt, heißt es. Geblieben sei außerdem ein Taubheitsgefühl. Sie habe die Vermutung geäußert, möglicherweise mit einem Nervenkampfstoff vergiftet worden zu sein. Nach Angaben der Frau habe das FBI in den USA bereits Ermittlungen eingeleitet und sie auf den fraglichen Stoff hin untersucht.
Bei der zweiten Betroffenen könnten die Symptome dem russischen Medienbericht zufolge bereits vor der Konferenz am 29. und 30. April aufgetreten sein, schrieb die "Welt am Sonntag". Sie habe sich in Berlin in die Charité begeben und dort behandeln lassen.
Mehrere Fälle von Vergiftungen
In den vergangenen Jahren kam es immer wieder zu Giftanschlägen auf russische Regimegegner im In- und Ausland. Zuletzt machte vor einiger Zeit der Fall des russischen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny Schlagzeilen: Er war im August 2020 auf einem innerrussischen Flug zusammengebrochen.
Zunächst wurde er in Russland behandelt, dann in die Berliner Charité verlegt. Dort wurde eine Vergiftung mit einem Nervengift festgestellt. Die Regierung in Moskau hatte Vorwürfe zurückgewiesen, russische Behörden hätten versucht, Nawalny zu töten.
Der Kremlkritiker wurde im Januar 2021 bei der Rückkehr aus Deutschland in seine Heimat festgenommen und wegen Verstoßes gegen Bewährungsauflagen und Betrug verurteilt. Er befindet sich seitdem in einem Straflager.