Kliniken und Arztpraxen Tausende Behandlungsfehler bestätigt
Mehr als 3500 Behandlungsfehler hat der Medizinische Dienst 2021 in deutschen Kliniken und Arztpraxen nachgewiesen. Die Dunkelziffer könnte deutlich höher sein. Patientenvertreter fordern ein bundesweites Register.
Der Verdacht auf einen Fehler bei der ärztlichen Behandlung in einer Klinik oder einer Praxis hat sich 2021 in jedem vierten Fall bestätigt. Das geht aus der Jahresstatistik zur Behandlungsfehlerbegutachtung des Medizinisches Dienstes Bund hervor.
13.050 Verdachtsfälle hat der Medizinische Dienst Bund fachärztlich geprüft, in insgesamt 3665 Fällen konnte er tatsächlich Behandlungsfehler feststellen. In 3222 Fällen gab es einen Fehler mit Schaden, in 2709 Fällen war der Fehler auch die Ursache des erlittenen Schadens.
Hohe Dunkelziffer
In knapp zwei Drittel der Fälle war der Schaden nur vorübergehend, in gut einem Drittel der begutachteten Fälle haben die Patienten jedoch dauerhafte Schäden davongetragen. In knapp vier Prozent der Fälle hat der Fehler dazu geführt oder wesentlich dazu beigetragen, dass der Patient verstorben ist.
Die tatsächliche Zahl der Behandlungsfehler könnte deutlich höher sein als die Statistik angibt, sagt Stefan Gronemeyer, Vorstandsvorsitzender des Medizinischen Dienstes Bund. "Die Dunkelziffer der Behandlungsfehler liegt deutlich über dem, was in der Begutachtungsstatistik sichtbar wird. Das ist vielfach wissenschaftlich belegt."
130 "Never Events"
Handlungsbedarf sieht Gronemeyer insbesondere bei sogenannten "Never Events". Dabei handelt es sich um Fehler, die leicht vermeidbar gewesen wären und zu besonders schwerwiegenden Folgen beim Patienten geführt haben.
Dazu zählen unter anderem Patientenverwechslungen, Fehler bei den Medikamenten oder zurückgebliebene Fremdkörper nach Operationen. Solche Fehler sind aber sehr selten: 2021 gab es der Statistik zufolge 130 "Never Events".
Zentralregister gefordert
"Um die Patientensicherheit mit gezielten Maßnahmen zu verbessern, sollte eine Nationale Liste für Never Events verpflichtend eingeführt werden", fordert Gronemeyer.
Auch Patientenschützer verlangen ein bundesweites Zentralregister, in dem schwere Behandlungsfehler gesammelt und ausgewertet werden. "Auf Basis der Ergebnisse können notwendige Präventionsmaßnahmen abgeleitet und zudem überprüft werden, ob diese in der Praxis wirken", sagte der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Stefan Schwartze.
"Nur eine umfassende Statistik zeigt schnell und transparent, wo es schief läuft und wo Gegenmaßnahmen wirken", sagte Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz.