Beschwerden über Behandlungsfehler Pfusch in jedem vierten Fall bestätigt
Die Zahl der Patientenbeschwerden über mögliche Behandlungsfehler ist weiterhin hoch. Das bestätigen die Medizinischen Dienste der Krankenkassen in ihrer Jahresstatistik. Die besagt auch, dass besonders viele Fehler beim Zahnarzt passieren.
Über 14.600 Mal haben sich Patienten im vergangenen Jahr bei den ärztlichen Gutachtern ihrer Krankenkasse gemeldet - mit dem Verdacht in der Klinik oder in der Praxis falsch behandelt worden zu sein. Das bedeutet einen weiteren, leichten Anstieg von Klagen, den die Medizinischen Dienste der Krankenkassen in ihrer jährlichen Statistik feststellen.
"Ohne dramatisieren zu wollen, die Zahlen sprechen dafür, dass von einer Entwarnung keine Rede sein kann", versucht Dr. Stefan Gronemeyer vom Medizinischen Dienst des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenkassen einzuordnen. Die Zahlen zeigten auch, dass sich offenbar immer mehr Patientinnen und Patienten dafür entscheiden, den Weg der Aufklärung zu gehen, wenn sie einen Behandlungsfehler-Verdacht haben, so Gronemeyer.
Meiste Behandlungsfehler in der Pflege
Ermutigt seien die Patienten durch das Patientenrechtegesetz, das seit etwas mehr als zwei Jahren gilt und die Statistik in Bewegung gebracht hat. Bei jeder vierten Beschwerde handelt es sich immerhin um einen von den Gutachtern tatsächlich festgestellten Fehler. Und jeder fünfte Fall ist unmittelbar auf medizinischen Pfusch oder folgenschwere Nachlässigkeit zurückzuführen, heißt es in der Bilanz.
Die meisten Beschwerden betreffen die Krankenhäuser, am häufigsten dann, wenn es um Operationen geht. Die tatsächlich nachgewiesenen Fehler treffen in der vorgelegten Bilanz allerdings nicht wie vermutet die Chirurgen. Falsch behandelt wurde laut Gutachtern am meisten in der Pflege.
Trotz der hohen Zahlen dürfe man sich von der Statistik aber nicht täuschen lassen, betont Sozialmedizinerin Astrid Zobel. "Man kann insgesamt sagen, dass eine hohe Anzahl an Vorwürfen nicht bedeutet, dass eine hohe Anzahl an bestätigten Fehlern besteht." Auf der anderen Seite könne man aus einer hohen Zahl bestätigter Fehler nicht auf eine schlechte Behandlungsqualität schließen.
Forderung nach bundesweitem Fehlerregister
Mit anderen Worten: Es gibt kein repräsentatives Bild über die Qualität von medizinischen Behandlungen in Deutschland. Die Medizinischen Dienste der Krankenkassen können nur gemeldete Beschwerden registrieren. Sie führen eine Statistik von vielen. Die Dunkelziffer liegt also hoch.
Stefan Gronemeyer spricht davon, dass hier nur die Spitze des Eisbergs sichtbar sei. Und er fordert einmal mehr ein bundesweites systematisches Register für festgestellte Fehler, so wie es in den USA oder auch Irland längst Praxis sei. "Mit einem Behandlungsfehler-Register könnte man im Idealfall auch feststellen, ob Maßnahmen zur Vermeidung von Fehlern in der Praxis tatsächlich erfolgreich sind."