Bundesanwaltschaft Anklage gegen mutmaßliche NSU-Unterstützerin
Die Urteile im NSU-Prozess liegen bereits Jahre zurück. Doch nun erhebt die Bundesanwaltschaft Anklage gegen eine mutmaßliche Helferin der Neonazis. Susann E. soll die Terrorgruppe unterstützt haben.
Die Bundesanwaltschaft hat Anklage gegen die mutmaßliche NSU-Unterstützerin Susann E. erhoben. Der seit längerem bestehende Tatverdacht gegen E. habe sich weiter erhärtet, teilten die Ermittler in Karlsruhe mit. E. ist die Frau von André E., der im Münchner NSU-Prozess bereits rechtskräftig verurteilt wurde.
Anklage: Unterstützung der Terrorgruppe
Gegen sie bestehe der hinreichende Tatverdacht der Unterstützung der inländischen Terrorvereinigung NSU sowie der Beihilfe zu einer schweren räuberischen Erpressung mit Waffen, so die Bundesanwaltschaft. Nun muss das Oberlandesgericht in Dresden entscheiden, ob es die Klage zulässt.
Susann E. befindet sich trotz Anklage weiter auf freiem Fuß.
Offenbar haben die Juristen aus Karlsruhe neues Material zusammengetragen, was nun eine Anklage möglich macht, so ARD-Rechtsexperte Frank Bräutigam. Woher diese Informationen stammen, sei noch unklar.
Allerdings habe der NSU-Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags mehrere Male mit der inhaftierten Terroristin Beate Zschäpe gesprochen - möglicherweise habe sich daraus mit Blick auf die nun Angeklagte eine neue Situation ergeben, sagte Bräutigam bei tagesschau24.
Diese Mutmaßung deckt sich mit Informationen des "Spiegel": Demnach soll Zschäpe bei insgesamt fünf Befragungen umfangreiche Angaben gegenüber den Ermittlungsbehörden gemacht haben, auch zu ihrer ehemaligen guten Freundin Susann E.
Verdächtige soll von Morden gewusst haben
Die Frau soll laut Anklage spätestens seit Anfang 2007 gewusst haben, dass die Mitglieder des NSU unter falschen Identitäten im Untergrund lebten und zu diesem Zeitpunkt bereits rassistisch motivierte Morde und einige Banküberfälle begangen hatten. "Ab Herbst 2008 überließ sie Beate Zschäpe mehrfach ihre Krankenkassenkarte, damit diese unerkannt Arzttermine wahrnehmen konnte", heißt es weiter.
Außerdem soll sie ihre Personalien für das Bestellen von Bahncards zur Verfügung gestellt sowie Zschäpe und Uwe Böhnhardt zu einem Abholtermin für ein Wohnmobil gefahren haben, das diese dann für einen Raubüberfall verwendeten.
Langjährige Mordserie
André E. war im NSU-Prozess bereits zu zwei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Die Bundesanwaltschaft hatte für ihn zwölf Jahre Haft gefordert. Doch das OLG München verurteilte ihn nur wegen der Unterstützung des NSU-Trios. Vom Vorwurf der Beihilfe zum Mord wurde er freigesprochen. Bei der Urteilsverkündung applaudierten Neonazis auf der Zuschauerbank, offenbar wegen des milden Urteils und weil er beharrlich geschwiegen hatte.
Er saß nur einen Teil seiner Haftstrafe ab, ein anderer Teil wurde zur Bewährung ausgesetzt. Seit Juli 2022 ist er auf freiem Fuß.
Das NSU-Trio verübte zehn Morde sowie Bombenanschläge und Überfälle. Bisher gab es nur einen Prozess im Zusammenhang mit der Gewaltserie vor dem Oberlandesgericht München.