Coronavirus Warten auf das Impfstoff-Update
An die Omikron-Variante angepasste Impfstoffe sollen zum Herbst besser gegen das Coronavirus schützen. Noch ist aber nicht klar, wann genau sie auf den Markt kommen. Angekündigt sind Impfstoffe der "nächsten Generation".
Die Nachrichten von Moderna und BioNTech-Pfizer ließen aufhorchen: Beide Impfstoffhersteller haben mitgeteilt, dass ihr angepasster Corona-Impfstoff eine gute Immunantwort gegen die Omikron-Variante hervorgerufen habe. Die Zahl der neutralisierenden Antikörper lag bei BioNTech/Pfizer nach Verabreichung der vierten Dosis im Schnitt zwei bis drei Mal so hoch wie nach der Gabe des nicht angepassten Impfstoffs.
Der an Omikron angepasste Covid-19-Impfstoffkandidat von Moderna hat ersten Studiendaten zufolge ebenfalls eine bessere Antikörperreaktion gegen die hochansteckende Variante gezeigt. Das Vakzin - eine Kombination aus dem ursprünglichen Moderna-Impfstoff Spikevax und einem gegen die Omikron-Variante gerichteten Mittel - habe eine überlegene neutralisierende Antikörperreaktion im Vergleich zu Spikevax erzielt, teilt der US-Biotechnologiekonzern mit.
Ergebnisse aus Labor-Studien
Die Daten zur Wirksamkeit beruhen auf Labor-Studien. Das bedeutet: Es wurde nicht gezählt, wie viele vierfach geimpfte Menschen sich im Vergleich zu ungeimpften beziehungsweise nicht vierfach geimpften Menschen angesteckt haben.
Die Wirksamkeit in der Realität könnte also größer oder auch geringer sein, sagt Rolf Hömke vom Verband der forschenden Pharma-Unternehmen. Das liege auch an einer Bevölkerung, die in der Vergangenheit mit verschiedenen Virenvarianten, aber auch mit verschiedenen Impfstoffen Kontakt hatten. So reagiert jemand mit einer Dreifach-Impfung und nach durchgemachter Infektion möglicherweise etwas anders auf eine vierte Impfung als jemand, der beispielsweise nur zweifach geimpft ist oder eine Kombination aus dem AstraZeneca-Impfstoff und einem mRNA-Impfstoff erhalten hat. Das stelle die Unternehmen in ihren Studien vor große Herausforderungen, so Hömke.
Generell sagt Prof. Ulrike Protzer von der Technischen Universität München: "Die Daten zeigen, dass eine vierte Impfung hilft." Deshalb empfiehlt die Virologin, dass gerade Risikogruppen nicht auf den angepassten Impfstoff warten sollten. "Diese Gruppen mit einem erhöhten Risiko sollten sich jetzt zum vierten Mal impfen lassen." Dreifach geimpfte Menschen ohne Vorerkrankungen benötigen allerdings jetzt noch keine vierte Impfung. Diese Gruppe könne auf einen angepassten Impfstoff warten.
Schnellere Zulassungsverfahren gefordert
Wie einige ihrer Fachkollegen hofft Protzer in Zukunft auf schnellere Zulassungsverfahren. Aktuell hinken die Updates der Impfstoffe den derzeit dominierenden Varianten hinterher. So ist der Impfstoff an die ursprüngliche Omikron-Variante angepasst und eben nicht an die derzeit dominante BA.5-Variante. Aus den Daten der Hersteller geht auch hervor, dass die Wirksamkeit gegen diese neue BA5-Variante etwas schwächer ausfällt.
Wie bei den Grippeimpfstoffen, so Virologin Protzer, sollten die Hersteller auf einer Plattform die weltweit auftretenden Varianten sammeln, um die Impfstoffe dann jährlich oder sogar noch schneller anpassen zu können. Dafür müssten aber die Hürden für die Zulassungsverfahren gesenkt werden. Das sei aber auch vertretbar, meint Protzer. Ähnlich argumentieren auch die Impfstoffhersteller.
In der "Welt am Sonntag" hatte Prof. Klaus Cichutek, Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts, das Ansinnen der Pharmakonzerne eher kritisch gesehen. "Sorgfalt sollte bleiben", zitiert ihn die Zeitung. Dahinter steckt auch die Befürchtung, so vermuten Branchenkenner, dass ein beschleunigtes Verfahren das Vertrauen in die Impfstoffe beschädigen könnte.
Impfstoffe ab Herbst verfügbar?
Den angepassten Impfstoffen kommt für die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplante Impfkampagne eine entscheidende Rolle zu. Sollen sie doch eine Infektionswelle im Herbst verhindern. Doch hört man sich in der Branche um, will noch niemand ein genaues Datum für die Verfügbarkeit des Impfstoffs nennen.
In dieser Woche entschied die amerikanische Zulassungsbehörde FDA auf die angepassten Impfstoffe von Moderna und BioNTech/Pfizer zu setzen. Anfang Oktober könne mit den Auffrischungsimpfungen begonnen werden, sagt Peter Marks, Leiter des FDA-Zentrums für die Bewertung und Erforschung biologischer Produkte. "Je besser die Impfstoffe auf den zirkulierenden Stamm abgestimmt sind, desto höher ist unserer Meinung nach die Wirksamkeit des Impfstoffs und desto dauerhafter ist der Schutz."
Um sich gegen eine mögliche Welle im Herbst zu wappnen, hat die US-Regierung für eine Booster-Kampagne Dosen von BioNTech/Pfizer im Wert von 3,1 Milliarden Euro bestellt - insgesamt 105 Millionen Dosen des angepassten Impfstoffs.
Auf einer Konferenz in dieser Woche gab BioNTech zudem bekannt, man wolle mit seinem Partner Pfizer in der zweiten Jahreshälfte Impfstoffe der nächsten Generation in klinischen Studien testen. Dieser neue Impfstoff soll dann laut BioNTech gegen eine Vielzahl von Coronaviren schützen. Ziel sei ein Impfstoff, der vor der gesamten Virusfamilie und ihren Mutationen schütze.