Treffen von Scholz, Habeck, Lindner Ampel ringt weiter um Kompromiss im AKW-Streit
Im Streit um den Weiterbetrieb der drei verbliebenen deutschen Atomkraftwerke will die SPD zeitnah einen Kompromiss finden. Die Gespräche zwischen Scholz, Habeck und Lindner dazu sollen am Montag fortgesetzt werden.
Im Streit um den Weiterbetrieb der drei verbliebenen deutschen Atomkraftwerke will die SPD zeitnah einen Kompromiss finden. Die Gespräche zwischen Scholz, Habeck und Lindner dazu sollen am Montag fortgesetzt werden.
Ob die drei verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland weiter betrieben werden sollen oder ob nur zwei von ihnen in Reserve gehalten werden, ist weiter unklar. Ein Gespräch zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner im Kanzleramt endete am Sonntagnachmittag - doch keiner der drei Ampel-Politiker äußerte sich zu den Inhalten. Offenbar wurde Stillschweigen vereinbart. Die Gespräche sollen am Montag fortgesetzt werden.
Scholz hatte am Freitag eine schnelle Einigung in Aussicht gestellt. "Die ganz konkrete praktische Frage werden wir ganz schnell, zeitnah bis zur nächsten Woche lösen", sagte der SPD-Politiker. Zuvor hatte SPD-Chef Lars Klingbeil deutlich gemacht, dass er erwartet, dass die drei Politiker das Thema noch im Laufe der Woche, also bis heute, abräumen.
Grüne bestätigen Kurs der Parteiführung
"Wir sind als Koalition gefordert, jetzt sehr schnell zu einer Einigung zu kommen, weil die Bürgerinnen und Bürger zu Recht von uns erwarten, dass wir als Koalition die Orientierung geben", sagte auch die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge im Bericht aus Berlin. "Wir brauchen das auch mit Blick auf den Winter. Die Unternehmen, die jetzt handeln müssen, brauchen das auch mit Blick auf den Winter." Deswegen gebe es einen Gesetzentwurf, der in den Bundestag eingebracht werden könnte - den trägt die FDP aber nicht mehr mit.
Beim Parteitag in Bonn hatten die Grünen am Freitagabend mit klarer Mehrheit beschlossen, die beiden süddeutschen Atomkraftwerke Isar 2 und Neckarwestheim 2 bis zum 15. April in Reserve zu halten. Bei Bedarf könnten sie dann noch weiter für die Stromerzeugung genutzt werden. Das dritte AKW Emsland soll demnach zum 1. Januar 2023 abgeschaltet werden. Das ist auch der Kurs der Parteiführung.
Dröge: Keine Notwendigkeit für längere Laufzeiten
Die FDP verlangte dagegen, die Kraftwerke bis 2024 weiter zu betreiben, um den stark gestiegenen Energiepreise entgegenzuwirken. Eventuell wollte die Partei sogar bereits stillgelegte AKW wieder reaktivieren.
Es gebe keine Notwendigkeit dafür, die Atomkraftwerke länger als bis April am Netz zu lassen, sagt Grünen-Fraktionschefin Dröge: "Die Notwendigkeit besteht jetzt in diesem Winter." Sie sei begründet mit der Krise der Atomkraftwerke in Frankreich und der Krise, die durch Russlands Angriffskrieg hervorgerufen werde. Mit Blick auf den nächsten Winter gäbe es andere Maßnahmen, um einen höheren Grad an Versorgungssicherheit zu gewährleisten - unter anderem mit erneuerbaren Energien und LNG-Terminals.
SPD ohne klare Position
Die SPD hat sich bislang nicht klar positioniert. "Mein Eindruck ist, dass die Menschen nicht interessiert, wer welche politischen Aktien in der Atomdebatte hat", sagte die SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Katja Mast. Viel wichtiger sei, wie Energiesicherheit hergestellt und die Energiepreise gesenkt werden könnten. "Ich bin zuversichtlich, dass die Ampel diese Fragen löst. Zeitnah und in der gebotenen politischen Ernsthaftigkeit."
Ein deutlich längerer Betrieb der Atomkraftwerke würde bedeuten, dass neue Brennstäbe beschafft werden müssen. Das lehnten die Grünen beim Parteitag ab. "Bündnis 90/Die Grünen werden im Bundestag keiner gesetzlichen Regelung zustimmen, mit der neue Brennelemente, noch dafür notwendiges neues angereichertes Uran beschafft werden sollen", heißt es im beschlossenen Antrag. Kurz vor dem Parteitag hatte die Parteispitze betont, das Ergebnis der Abstimmung sei für die anstehenden Gespräche mit SPD und FDP bindend.
Nouripour: "Wir haben eine Lösung"
"Wir hatten ja eigentlich eine Lösung. Die haben wir miteinander vereinbart in der Koalition", sagte Grünen-Parteichef Omid Nouripour. Im sogenannten "Doppel-Wumms"-Beschluss der Bundesregierung stehe, dass im Notfall die beiden süddeutschen Atomkraftwerke begrenzt weiterlaufen könnten.
Das bedeute aber auch, dass das AKW Emsland abgeschaltet werde, so Nouripour. "Das ist der Beschluss, den wir miteinander vereinbart haben in der Koalition." Es gebe keine energiepolitische Notwendigkeit für eine längere Laufzeit des niedersächsischen Meilers. "Deshalb wüsste ich jetzt nicht, warum wir da was ändern sollten."
FDP drängt Grüne nachzugeben
FDP-Chef Christian Lindner drängte die Grünen nachzugeben. "Wenn es darum geht, Schaden von unserem Land abzuwenden, hohe Energiepreise zu reduzieren und Blackouts zu verhindern, dann gibt es für mich keine roten Linien. Es geht hier nicht um Parteipolitik. Über meinen finanzpolitischen Schatten bin ich schon Milliarden mal gesprungen", schrieb er bei Twitter.
Im ersten Quartal 2022 erzeugten Atomkraftwerke amtlichen Angaben zufolge 6 Prozent des Stroms in Deutschland, Gaskraftwerke 13 Prozent. Neben Strom erzeugen Gaskraftwerke allerdings häufig auch Heizwärme und können deshalb nicht einfach durch ein AKW ersetzt werden. Atomkraftwerke sind nur schwer regelbar und deshalb nicht geeignet, um flexibel mit Wind- oder Solarstrom kombiniert zu werden. Weil die Abschaltung der drei verbliebenen AKW für Ende 2022 geplant war, wurden zudem längst fällige Sicherheitsüberprüfungen nicht mehr durchgeführt.