Luftwaffen-Großmanöver "Air Defender" läuft - der zivile Flugverkehr weitgehend
Die ersten Maschinen starteten in Niedersachsen und Schleswig-Holstein: Seit Montag trainieren Streitkräfte aus 25 Ländern ihre Kampffähigkeit in der Luft beim Manöver "Air Defender". In Hamburg gibt es Einschränkungen für Flugreisende.
Über Deutschland läuft die größte Luftwaffenübung seit Bestehen der NATO. Gegen 8 Uhr am Montagmorgen startete ein Bundeswehr-Transportflugzeug vom Typ "A400M" vom niedersächsischen Fliegerhorst Wunstorf und läutete das Manöver "Air Defender 2023" ein.
Zwei Stunden später folgte der erste Kampfjet: Eine "F-18" hob vom Fliegerhorst Hohn in Schleswig-Holstein ab. An dem Manöver unter deutscher Führung nehmen bis zum 23. Juni 25 Nationen teil - vor allem NATO-Mitgliedstaaten. Nach Angaben der Bundeswehr sind rund 10.000 Soldatinnen und Soldaten sowie 250 Flugzeuge beteiligt, darunter 70 Maschinen aus Deutschland. 2000 Flüge sind an den zehn Übungstagen geplant.
Übung seit mehr als fünf Jahren in Planung
Schon 2018 begann die Planung des Manövers - also nach der russischen Annexion der Krim, aber deutlich vor dem Angriffskrieg Russlands gegen die gesamte Ukraine. Geübt wird die Verteidigung Deutschlands gegen den Angriff eines fiktiven östlichen Bündnisses.
Die sogenannte OCCASUS-Allianz versucht, den Rostocker Hafen in Besitz zu nehmen, und nutzt dabei auch Sabotageaktionen und den Einsatz von Spezialkräften, die aus der Luft unterstützt werden.
Luftverkehrsbranche erwartet mehr Verspätungen
In Hamburg hat die Luftwaffenübung zu Verzögerungen im zivilen Luftverkehr geführt. Für die Übung würden immer wieder Teile des deutschen Luftraums gesperrt, teilte der Flughafen Hamburg mit. "Aus diesem Grund kommt es bereits heute zu zahlreichen Verspätungen vereinzelter Flüge in Hamburg."
An den Flughäfen in Frankfurt am Main, Berlin und Köln/Bonn hat die Luftwaffenübung bisher keine Folgen für Passagiere. Auch in Düsseldorf läuft alles planmäßig und ohne Störungen. Der Flughafen Nürnberg meldete einzelne Verspätungen, die aber nicht vom Manöver verursacht wurden.
Die Luftverkehrsbranche bilanzierte, die Auswirkungen von "Air Defender 2023" hätten sich "noch im Rahmen gehalten". Der Branchenverband BDL verwies aber auch auf den "vergleichsweise geringen militärischen Flugbetrieb" am Anlauftag der Übung. "Wir gehen davon aus, dass an den folgenden Tagen die Beeinträchtigungen des zivilen Luftverkehrs aber zunehmen werden, insbesondere mit Verspätungen in den Abendstunden", erklärte Hauptgeschäftsführer Matthias von Randow.
Klares Wetter hilfreich bei Koordinierung
Die Deutsche Flugsicherung war zuvor in einer ersten Einschätzung von "minimalen Auswirkungen" von "Air Defender" auf den zivilen Luftverkehr hierzulande ausgegangen. Das klare Wetter sei hilfreich bei der Koordinierung, sagte eine Sprecherin. Der Inspekteur der Luftwaffe, Ingo Gerhartz, hatte im Vorfeld nicht mit größeren Einschränkungen für den zivilen Luftverkehr gerechnet. Die Fluglotsengewerkschaft GdF befürchtete dagegen massive Auswirkungen.
Von der Übung sind drei Lufträume in Deutschland direkt betroffen: über Teilen Norddeutschlands und der Nordsee, über Teilen Ostdeutschlands und der Ostsee sowie über Teilen Südwestdeutschlands.
"Wir tun alles, damit es nicht eskalierend wirkt"
Bei dem Manöver gehe es vor allem darum, sich selbst die Verteidigungsfähigkeit zu beweisen, sagte der Chef der Deutschen Luftwaffe, Ingo Gerhartz, im Inforadio des rbb. Eine Provokation Russlands soll dabei vermieden werden. "Wir tun alles, damit es nicht eskalierend wirkt", sagte der Generalleutnant. Als Beispiel fügte er hinzu: "Wir werden keine Flüge in Richtung Kaliningrad unternehmen." Kaliningrad ist eine russische Exklave an der Ostsee, die zwischen Litauen und Polen liegt.
US-Botschafterin Amy Gutmann hatte vor wenigen Tagen allerdings deutlich gemacht, dass die Übung auch ein Signal der Stärke nach außen senden soll - auch an den russischen Präsidenten Wladimir Putin. "Es würde mich sehr wundern, wenn irgendein Staatsoberhaupt der Welt nicht zur Kenntnis nehmen würde, was dies (das Manöver) in Bezug auf den Geist dieses Bündnisses, das heißt die Stärke dieses Bündnisses, zeigt. Und das schließt Herrn Putin ein."
Dass Deutschland diese Übung leitet, liegt laut Gerhartz zum einen an der zentralen Lage in Europa. Andererseits gebe es auch eine gewisse Erwartungshaltung an Deutschland in der NATO. "Wir zeigen, dass wir Verantwortung übernehmen. Wir zeigen, dass wir etwas in die Hand nehmen."