Pläne für Abstammungsrecht Ein Kind - zwei Mütter
Bundesjustizministerin Barley will Regenbogenfamilien durch eine Reform des Abstammungsrechts stärken. Bei lesbischen Ehen soll die Gattin der Mutter als "Mit-Mutter" des Kindes anerkannt werden.
Kinder sollen im Abstammungsrecht künftig anstelle von Mutter und Vater auch zwei Mütter haben dürfen. So sieht es ein "Diskussionsteilentwurf" des Bundesjustizministeriums vor, den Ministerin Katarina Barley (SPD) vorgestellt hat.
Demnach sollen in einer lesbischen Lebenspartnerschaft Regeln wie bei der Vaterschaft eines Mannes gelten: Als "Mit-Mutter" könnte die Partnerin somit zweiter rechtlicher Elternteil werden. Bislang ist im Bürgerlichen Gesetzbuch festgehalten, dass der zweite Elternteil ein Mann sein muss.
Abstammungsrecht "teilweise nicht mehr zeitgemäß"
Im Entwurf ist von einer "moderaten Fortentwicklung" des Abstammungsrechts die Rede. "Das Abstammungsrecht ist mit Blick auf die Möglichkeiten der modernen Reproduktionsmedizin und die in der Gesellschaft gelebten Familienformen teilweise nicht mehr zeitgemäß," erklärte Barley. Sie räumte ein, dass mit ihren Vorschlägen "grundlegende Fragen unserer Gesellschaft aufgeworfen" würden.
Schätzungen zufolge könnte ein solches Gesetz Auswirkungen für rund 30.000 Kinder haben. Voraussetzung für eine Mit-Mutterschaft ist den Angaben zufolge, dass die Betreffende mit der Mutter verheiratet ist oder in eingetragener Lebenspartnerschaft lebt, die Mutterschaft anerkannt hat oder nach einer ärztlich assistierten künstlichen Befruchtung ihre Mutterschaft durch ein Gericht festgestellt wurde.
Änderungen sollen nur für Mütter gelten
Bei allen Überlegungen spiele das Wohl des Kindes eine sehr wichtige Rolle, betonte Barley.
Anders ist die Situation bei schwulen Paaren. Denn Mutter soll wie bisher die Frau bleiben, die das Kind geboren hat. Das gilt auch bei einer Embryospende und bei einer Leihmutterschaft, bei der eine Frau das Kind für eine andere austrägt. Mutter, Vater oder Mit-Mutter kann indes auch eine intersexuelle oder transsexuelle Person sein, wie im Entwurf klargestellt wird.
Festgehalten wird aber an dem Prinzip, dass es nur zwei Elternteile gibt - zwei Väter und eine Mutter sind also im Abstammungsrecht nicht vorgesehen. Ein schwuler Partner eines Vaters muss weiterhin den Weg der Adoption nehmen.
Regelungen zur Vaterschaft sollen angepasst werden
Bei der Vaterschaft sind ebenfalls Veränderungen geplant: Wenn sich ein unverheiratetes Paar gemeinsam in die Kinderwunschbehandlung begibt und die Frau durch eine Samenspende schwanger wird, ist der Mann bislang nicht der rechtliche Vater. Künftig aber soll er für das Kind rechtlich verantwortlich sein, da er durch seine Einwilligung in die künstliche Befruchtung "maßgeblich zur Entstehung des Kindes beigetragen hat", wie es heißt.
Ein Kind soll laut Entwurf zudem einen Anspruch darauf haben, zu klären, wer der genetische Vater oder die genetische Mutter ist - sofern es mutmaßliche Kandidaten dafür gibt. Auch der mutmaßlich genetische Vater soll es leichter haben, die Vaterschaft klären zu lassen.
Lange vorbereitete Reform
Das Justizministerium befasst sich schon seit Jahren mit dem Thema: Im Sommer 2017 hat ein von dem Haus eingesetzter "Arbeitskreis Abstammungsrecht" nach zweijähriger Arbeit bereits Änderungen im Abstammungsrecht empfohlen. Barleys Entwurf soll nun gesellschaftlich diskutiert werden, bevor er in die Ressortabstimmung geht.
Gleichgeschlechtliche Ehen wurden im Juli 2017 mit der "Ehe für alle" zwar gesetzlich gleichgestellt. Allerdings blieb das Abstammungsrecht unverändert.