Debatte über Mobilität Die meisten Menschen leben in Städten
Im Wahlkampf wird über den Sinn einer Förderung von Lastenfahrrädern diskutiert. Ein Argument dagegen lautet, es sei nur für Stadtbewohner attraktiv. Allerdings lebt ein Großteil der Bevölkerung im urbanen Raum.
Von Patrick Gensing, Redaktion ARD-faktenfinder
In der Debatte über eine staatliche Förderung von Lastenfahrrädern kritisieren Politikerinnen und Politiker, die Maßnahme sei mutmaßlich nur für wenige Menschen attraktiv oder sinnvoll. Beispielsweise sagte FDP-Vize-Fraktionschef Christian Dürr der Nachrichtenagentur AFP: "Wir werden das Weltklima nicht retten, indem wir Lastenräder in Berlin-Kreuzberg bezuschussen."
"Lastenfahrräder können in einigen Städten eine Hilfe sein, in den ländlichen Regionen helfen sie praktisch niemandem", sagte Linken-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali der Zeitung "Die Welt".
Ländlich geprägte Karte
Berührt die Diskussion also nur einen kleinen Teil der Bevölkerung? Tatsächlich dürften Lastenfahrräder auf dem Land kaum eine relevante Rolle im Verkehr spielen. Und schaut man beim Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung auf entsprechende Karten, so wird deutlich, dass weite Teile der Bundesrepublik von ländlichen und dünn besiedelten Kreisen geprägt sind.
Das Institut untersucht zudem noch die "Lagegunst und -ungunst" von Kreisen als Strukturmerkmal - und ordnet so einige Gebiete beispielsweise in Mecklenburg-Vorpommern oder Schleswig-Holstein als "sehr peripher" ein.
Die wenigsten leben auf dem Land
Allerdings leben in den weiten ländlichen Regionen eben auch nur relativ wenige Menschen - und dementsprechend nehmen die dichter besiedelten Kreise sowie Städte zwar eine weit geringere Fläche ein, doch lebt dort die überwiegende Zahl der Menschen.
Den Angaben des Statistischen Bundesamts zufolge leben weniger als 15 Prozent der Bevölkerung in Gemeinden mit weniger als 5000 Einwohnern - aber rund 40 Prozent in Städten, die mehr als 50.000 Einwohner aufweisen. 17 Prozent aller Bürgerinnen und Bürger in Deutschland wohnen in Großstädten mit mehr als einer halben Million Einwohnern.
Die Statistiker differenzieren zwischen:
- Große Großstädte: um 500.000 Einwohner und mehr
- Kleinere Großstädte unter 500.000 Einwohner
- Größere Mittelstädte mit Zentrum 50.000 Einwohner und mehr
- Kleinere Mittelstädte mit Zentrum 20.000 bis 50.000 Einwohner
- Größere Kleinstädte mit Zentrum 10.000 Einwohner und mehr
- Kleine Kleinstädte mit Zentrum weniger als 5000 bis 10.000 Einwohnern oder grundzentraler Funktion
- Landgemeinden
Der Trend, dass immer mehr Menschen in Städten leben, setzt sich fort und ist auch international zu beobachten. Unter anderem die Vereinten Nationen bieten umfangreiche Statistiken zu der Verteilung der Bevölkerung auf dem Land und in Ballungszentren an.
Ob die Auswirkungen der Corona-Pandemie diesen Trend nachhaltig umkehren, lässt sich derzeit noch nicht beurteilen; laut Studien haben aber zumindest mehr Menschen den Plan, aufs Land ziehen.
Viele Faktoren wichtig
Inwieweit Lastenfahrräder tatsächlich für viele Menschen in Ballungsräumen und Großstädten eine sinnvolle Ergänzung bei der Mobiliät sein könnten, hängt von zahlreichen Faktoren ab. Dass aber die meisten Menschen ohnehin auf dem Land lebten und die Diskussion daher nur einen kleinen Teil der Bevölkerung betreffe, erscheint angesichts der Daten zumindest fragwürdig.
Die Frage, wie sich Mobilität und mehr Klimaschutz erreichen lässt, ist eine zentrale Frage im Wahlkampf. Das gilt unter anderem für die Förderung von E-Autos oder ein Tempolimit auf Autobahnen. Die Positionen der Parteien im Wahlkamfp dazu finden Sie hier: