Mund-Nasen-Bedeckungen Was muss eine Maske leisten?
In allen Bundesländern gibt es Vorschriften zum Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen. Jedoch nur sechs von ihnen geben genauer vor, wie diese beschaffen sein müssen - was Raum zum Unterlaufen der Maßnahmen gibt.
Mund-Nasen-Bedeckungen müssen Mund und Nase bedecken - das ist offensichtlich. Damit diese auch einen gewissen Schutz bieten, sollten auch Alltagsmasken gewissen Standards genügen, die vom Robert Koch-Institut formuliert worden sind: Sie sollen aufgrund ihrer Beschaffenheit geeignet sein, eine Ausbreitung von übertragungsfähigen Tröpfchenpartikeln durch Husten, Niesen oder Aussprache zu verringern.
Nun sind die Corona-Verordnungen Ländersache. Nur wenige Bundesländer haben jedoch festgelegt, was die Mund-Nasen-Bedeckungen abhalten müssen, um im Sinne der Verordnungen anerkannt zu werden. Vorschriften hierzu gibt es in Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen, Bremen, Brandenburg und Hessen: Dort müssen die Mund-Nasen-Bedeckungen den RKI-Empfehlungen entsprechen.
Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Berlin belassen es bei Empfehlungen, in allen anderen Bundesländern gibt es gar keine Regeln. Hier könnten also auch Träger von ungeeigneten Masken nicht belangt werden, sofern diese den formalen Kriterien genügen, also Mund und Nase bedecken.
Kritiker der Maßnahme nutzen Lücke
In diese Lücke stößt unter anderem ein Anbieter von Masken, die explizit nicht geeignet sind, die RKI-Empfehlungen zu erfüllen - im Gegenteil: Die Firma, ein Sachverständigenbüro für Kfz-Schäden, wirbt sogar damit, dass die "Gewebedichte wesentlich geringer als bei den handelsüblichen Masken ist und die Rückhaltefähigkeit für Partikel dadurch extrem verringert wird" - und diese "explizit keine Schutzwirkung" haben.
In einer Pressemitteilung bezeichnet der Anbieter selbst hergestellte Mund-Nasen-Bedeckungen als "nicht nur sinnlos, sondern bei unsachgemäßer Handhabung und Nichteinhaltung der damit verbundenen Schutzvorschriften sogar höchst gefährlich".
Wahrscheinlich würde die angebotene Maske in den Bundesländern ohne explizite Anforderungen an die Beschaffenheit formal den Kriterien der jeweiligen Corona-Verordnungen genügen, ohne den erhofften Schutz zu gewähren - für die meisten Menschen in der Umgebung dürfte es auch kaum möglich sein, diese "Fake-Maske" zu erkennen.
Allerdings warnt der Anbieter selbst: "Auch wenn sie legal ist, bedeutet es nicht, dass man sie überall tragen darf. Viele Einrichtungen stellen sich über das Gesetz."
Widersprüche zu Verteilaktion an Schulen
Die Organisation "Querdenken 711", die die Masken aktiv bewirbt, hatte ursprünglich erklärt, man wolle am 9. November eine Million Exemplare an Schulen verteilen. In einer Pressemitteilung heißt es jetzt, die Aktion werde nicht stattfinden. Die Ankündigung sei ein "Test unserer Kommunikationsstrukturen" gewesen. Der Maskenanbieter wirbt jedoch weiter um Geldschenkungen auf sein Firmenkonto, um die "Mund-Nasen-Abdeckung zur Abschaffung der Maskenpflicht" an Schulen verteilen zu können.
Keine Antworten - dafür Drohungen
Angeboten werden die Masken von einem Wirtschaftsingenieur, der nach mehreren Firmeninsolvenzen aktuell das erwähnte Gutachterbüro für Kfz-Schäden betreibt. Mehrere Anfragen des ARD-faktenfinder, welchem Zweck die angebotenen Mund-Nasen-Bedeckungen dienen sollen und ob diese trotz der fehlenden Schutzwirkungen den Anforderungen der Bundesländer mit entsprechenden Vorschriften genügten, blieben unbeantwortet, ebenso die Frage, ob der Anwender für mögliche zivil- oder strafrechtlichen Folgen einstehen würde, die seinen Kunden möglicherweise durch das Tragen der Maske entstünden.
Stattdessen wurde gegen die "verantwortlichen Intendanten und Chefredakteure in Deutschland, die hier verharmlosende Berichterstattung betrieben haben" sowie "alle Redakteure und sogenannte Faktenchecker, die eine Pandemie eindämmen wollen und keine objektive Berichterstattung betreiben", Strafanzeigen angekündigt.
Ministerien warnen
Das Hessisches Ministerium für Soziales und Integration erklärte dem ARD-faktenfinder, dass das Tragen einer Maske, die nicht den Anforderungen der Corona-Kontakt- und Betriebsbeschränkungsverordnung entspricht, dem Nichttragen einer Mund-Nasen-Bedeckung gleichzusetzen ist. Werde in Bereichen, in denen eine Tragepflicht besteht, keine geeignete Mund-Nasen-Bedeckung getragen und lägen auch keine Ausnahmetatbestände vor, werde eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit begangen.
Martin Helfrich, Pressesprecher der Hamburger Sozialbehörde, erklärte ebenfalls, dass ein Verstoß gegen die Maskenpflicht auf individueller Ebene als Ordnungswidrigkeit verfolgt werde. Das sei auch dann der Fall, wenn die Mund-Nasen-Bedeckung nicht den definierten Anforderungen entspräche.
Ergänzung vom 11. November 2020: Die E-Commerce-Plattform Shopify hat den Online-Shop des Anbieters inzwischen geschlossen. Dies sei wegen des Verstoßes gegen die Acceptable Use Policy (Richtlinien für die zulässige Nutzung) des Unternehmens geschehen, erklärte eine Sprecherin gegenüber tagesschau.de.