Feuer in Notre-Dame Gerüchte und Spekulationen im Netz
Katastrophen wie das Feuer in Notre-Dame werden zumeist von Gerüchten im Netz begleitet. So streuten rechte Blogs Spekulationen über einen Anschlag.
Es ist bereits ein Ritual geworden: Schon kurz nach den ersten Eilmeldungen wird im Netz versucht, große Ereignisse oder Katastrophen umgehend im eigenen Sinne zu interpretieren und zu instrumentaliseren.
"Fanal zum Untergang des Abendlandes", titelte das Blog "PI-News" gestern; "ein weiterer Schritt Richtung Eurabia", twittert der rechte Publizist David Berger - und die AfD Solingen verkündete auf Facebook: "Würde wohl niemanden verwundern, wenn es ein Anschlag mit islamistischen Hintergrund wäre." Die Attacken auf "christliche Hoheitsabzeichen" werde in den nächsten Jahren massiv zunehmen."
Viele Spekulationen bezogen sich dabei auf Angriffe auf Kirchen in Frankreich und suggerierten, diese seien islamistisch motiviert gewesen. Verwiesen wurde dabei unter anderem auf einen Artikel der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 9. April mit dem Titel "Die Kirche brennt".
Vandalismus
Und in der Tat berichtete die FAZ von Vandalismus in Kirchen. Auch das in Wien ansässige "Dokumentationsarchiv der Intoleranz gegen Christen" listete mit Bezug auf Medienquellen allein im Zeitraum zwischen dem 1. und dem 10. Februar neun Schändungen und Zerstörungen in Kirchen auf. So sei in Houilles in Nordfrankreich in der katholischen Kirche St. Nicholas eine Statue der Jungfrau Maria zerstört und ein Altarkreuz zu Boden geworfen worden.
Am 17. März brach zudem ein Feuer in der Kirche Saint Sulpice aus. Die Ermittlungsbehörden sind sich sicher, dass es sich um Brandstiftung handelte. Das Feuer sei von einem in Brand gesetzten Haufen Kleidung ausgegangen. Unklar war aber, ob die Kirche überhaupt das Ziel war. Die Zeitung "Le Parisien" berichtete, dass es sich auch um einen Vergeltungsakt gegen einen Obdachlosen gehandelt haben könnte, dem die Kleidung gehörte.
Angeblich Anarchisten als Täter
Zu einem Brand in der Kirche Saint-Jacques in Grenoble Mitte Januar bekannte sich eine Anarchistengruppe namens "Des courts-circuits" (Kurzschlüsse). Die Polizei ging jedoch nicht davon aus, dass es Brandstiftung war, sondern dass die Gruppe den Brand für sich reklamierte, um auf sich aufmerksam zu machen. Zudem sind auch andere öffentliche Institutionen in Frankreich von Angriffen betroffen: So wurde wenige Tage nach dem Brand in der Kirche in Grenoble ein Brandanschlag auf die Radiostation "France Bleu Isère" im gleichen Ort verübt. In der gesamten Region gab es seit 2017 Angriffe auf weitere öffentliche Einrichtungen, darunter auf eine Gendarmerie.
Zu den Motiven der Zerstörungen ist bislang wenig bekannt. Kirche und Ermittlungsbehörden halten sich mit Aussagen dazu zurück. Belastbare Hinweise auf islamistische Motive sind bislang nicht bekannt. Allerdings hatte es zuvor durchaus islamistische Angriffe auf Kirchen gegeben: Zwei Angreifer waren 2016 in der Normandie in eine Kirche eingedrungen und hatten den Priester ermordet.
Schwer gesichert: Ein Polizist im Jahr 2017 vor Notre-Dame
Ebenfalls 2016 war nahe von Notre-Dame ein Auto mit Gasflaschen im Kofferraum gefunden worden. Da der Wagen aber mit Warnblinker abgestellt und keine Zünder gefunden worden waren, ging die Polizei nicht von einem versuchten Anschlag aus, sondern von einem "Probelauf". 2017 griff ein Mann einen Wachposten an Notre-Dame an.
"Gehen nicht von Brandstiftung aus"
Die Pariser Staatsanwaltschaft geht bei der Feuerkatastrophe nicht von Brandstiftung als Ursache aus. Man vermute, dass das Feuer ein Unfall gewesen sei, teilte Staatsanwalt Rémy Heitz mit. Er sagte, dass Mitarbeiter von fünf Unternehmen befragt würden, die angestellt waren, um das Dach der Kathedrale auszubessern. An dem Dach war der Brand zuerst ausgebrochen.
Für Spekulationen hatten Fotos im Netz gesorgt, auf denen angeblich eine Person auf dem Dach zu sehen sei, die möglicherweise den Brand gelegt haben könnte. In Wirklichkeit handelt es sich aber um eine Statue.
Vergleich zum Kölner Dom?
Das rechte Blog "Philosophia Perennis" spekulierte ebenfalls über einen Anschlag auf Notre-Dame - und verwies darauf, dass es auch am Kölner Dom Bauarbeiten gebe: "Aber jeder Fachmann weiß, dass die gotische Kathedrale (auch der Kölner Dom zB.) eine Dauerbaustelle ist."
Allerdings betonten Experten einen entscheidenden Unterschied zum Kölner Dom: Die Dachkonstruktion von Notre-Dame besteht aus Holz, beim Kölner Dom aus Stahl.
Löschflugzeuge kontraproduktiv
Aus diesem Grund hätte auch der Ratschlag von US-Präsident Donald Trump, die französische Feuerwehr solle doch vielleicht schnell Löschflugzeuge einsetzen, wohl verheerende Folgen gehabt.
Die französische Generaldirektion für Zivilschutz und Krisenbewältigung teilte mit, die Wucht des abgeworfenen Wassers hätte das Gebäude zum Einsturz bringen können. Durch die Löscharbeiten konnte die Feuerwehr immerhin die Struktur der gotischen Kathedrale sowie die Fassade mit den beiden Haupttürmen retten.