Tröpfcheninfektion Wie gefährlich sind Jogger?
Bei sonnigem Wetter wird es schon mal eng auf Straßen und Parkwegen. Mancher sieht sich durch den Atem von Joggern gefährdet. Forscher schienen das nun zu bestätigen. Doch was ist dran?
Parks und Gehwege sind in diesen Frühlingstagen gut gefüllt. Da kann es schon mal eng werden und der sorgfältig eingehaltene Abstand gerät in Gefahr, erst recht, wenn eilige Jogger vorbei wollen. Tiefes Ein- und Ausatmen der Läufer lassen viele befürchten, dass sie ansteckende Tröpfchenwolken hinterlassen.
Eine Untersuchung von Wissenschaftlern in Belgien und den Niederlanden schien diese Sorgen nun zu bestätigen. In einer Computeranimation ist zu sehen, was für eine Wolke Läufer bei einer gewissen Geschwindigkeit hinterlassen und wie viel eine Person dahinter abbekommen könnte.
Veröffentlicht hat die Animation der Wissenschaftler Bert Blocken, der mit einer Gruppe der Universitäten in Leuven und Eindhoven das Verhalten solcher Wolken untersucht. Im Interview mit dem Deutschlandfunk erklärte er: "Wenn Sie im Freien joggen und dabei Tröpfchen ausatmen, dann sind diese so leicht, dass sie sich nicht mit Ihnen mitbewegen. Sie bleiben in der Luftwolke hinter Ihnen zurück und benötigen einige Zeit, bis sie zu Boden fallen." Wenn jemand direkt dahinter im Windschatten laufe, bewege er sich in diese Wolke hinein. Die Länge dieser Wolke hänge von der Körpergröße des Joggers ab.
Aerodynamische Studie
Blocken betonte, dass er kein Virologe sei. Sein Fachgebiet ist Aerodynamik, wie er auch auf seinem Twitter-Account angibt. Der Wissenschaftler wollte keine Angaben darüber machen, wie groß die Infektionsgefahr bei geringem Abstand zu einem Läufer ist. Er verwies nur auf den Unterschied zwischen kurzem Überholen und einer stundenlangen Fahrradtour im Windschatten einer anderen Person.
Auf Twitter erklärte Blocken, dass die Forscher mit der Simulation herausfinden wollten, wie groß der Abstand zwischen Spaziergängern, Läufern und Fahrradfahrern sein sollte, damit sie so wenig Tröpfchen ausgesetzt sind wie bei einem Abstand von 1,5 Metern zu einer stehenden Person. In der Animation wird deutlich, dass es sicherer ist, neben oder versetzt hinter einem Läufer oder Radfahrer zu bleiben, statt im Windschatten. Die Forscher wollten Joggen und Fahrradfahren unterstützen, betonte Blocken.
Wie groß die Ansteckungsgefahr durch Jogger wirklich ist, bleibt offen.
Kritik an Veröffentlichung
Blocken sorgte für einige Kritik, denn die Erkenntnisse hatte er nicht mit seinen Forscherkollegen in einer wissenschaftlichen Studie veröffentlicht und diese von anderen Wissenschaftlern begutachten lassen, wie es der übliche Prozess ist. Er hatte mit einer Zeitung in Antwerpen gesprochen, die zum Artikel ein Video mit der Animation veröffentlichte. Auch hier war die Hauptaussage: Beim Walkern, Läufern und Radfahrern sollten Sportler den Windschatten des Trainingskameraden meiden. Wenn jemand einen Fahrradfahrer überholen wolle, solle er am besten bei einem Abstand von 20 Metern mit dem Manöver beginnen. Für das Laufen empfiehlt Blocken zehn Meter und beim zügigen Gehen fünf Meter. Wie seine Forschergruppe auf die Ergebnisse gekommen war und welche Bedingungen genau dafür zu Grunde gelegt wurden, geht aus dem Interview nicht hervor.
Blocken begründete die Entscheidung für das Interview damit, dass angesichts der Krise keine Zeit für den üblichen wissenschaftlichen Begutachtungsprozess bleibe. Die Menschen bräuchten jetzt Fakten. Bevor er und seine Kollegen jedoch einen wissenschaftlichen Artikel dazu veröffentlichen konnten, hatte sich die Animation unter Nutzern sozialer Medien weltweit verbreitet, zumeist um zu begründen, warum Sport derzeit vermieden werden sollte oder warum Jogger auf Parkwegen eine Gefahr sein sollen.
Eine wichtige Frage ist jedoch, wie groß die Virenlast sein muss, damit eine Infektion überhaupt stattfindet, welche Rolle die Temperatur und andere Bedingungen spielen. Zu all dem wird derzeit noch geforscht, eindeutige Antworten gibt es bislang nicht. Gesundheitsexperten weisen zudem immer wieder darauf hin, wie wichtig Bewegung an frischer Luft für die Gesundheit ist. Und auch die Studie von Blocken kommt keineswegs zu dem Ergebnis, dass Jogger gefährlich sind.