Messerangriff in Solingen "Islamischer Staat" reklamiert Anschlag für sich
Der "Islamische Staat" hat erklärt, für den Messerangriff in Solingen verantwortlich zu sein. Demnach soll es sich um einen Racheakt für "Muslime in Palästina und überall" handeln. Die Polizei nahm in einer Flüchtlingsunterkunft in Solingen einen Mann fest.
Die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) hat den Anschlag im nordrhein-westfälischen Solingen für sich beansprucht. Ein "Soldat" des IS habe den Angriff "auf eine Versammlung von Christen in der Stadt Solingen in Deutschland" am Freitag verübt, teilte das IS-Propaganda-Organ Amak im Onlinedienst Telegram rund 24 Stunden nach der Tat mit. Der Angriff sei "als Rache für Muslime in Palästina und überall" verübt worden.
Einen Beleg dafür, dass der IS tatsächlich hinter dem Angriff steckt, wird nicht gegeben. Auch ein Beweis für einen Kontakt zwischen IS und dem Attentäter wird nicht geliefert.
Auch die Polizei Düsseldorf erhielt nach eigenen Angaben ein Bekennerschreiben des IS zu dem Messerangriff in Solingen. Jetzt müsse geprüft werden, ob dieses Schreiben echt sei, sagte ein Polizeisprecher.
Festnahme in Flüchtlingsunterkunft
Am Abend durchkämmte die Polizei eine Flüchtlingsunterkunft in Solingen und nahm einen Mann fest. "Wir haben Hinweise erhalten, und aufgrund dessen führen wir gerade polizeiliche Maßnahmen durch", sagte ein Polizeisprecher. Angaben zur Herkunft oder zum Alter des Mannes wurden nicht gemacht. Tatzusammenhänge würden nun geprüft, so der Sprecher.
Bei dem Angriff am Freitag beim Stadtfest in Solingen hatte ein Mann drei Menschen getötet und acht verletzt. Es soll sich um einen "sehr gezielten Angriff auf den Hals" der Opfer gehandelt haben, sagte Polizeiführer Thorsten Fleiß. Der Täter konnte unerkannt fliehen. Die Polizei geht von einem Einzeltäter aus.
Anfangsverdacht für terroristische Motivation
Auf einer Pressekonferenz am Nachmittag hatten die Ermittler von einem Anfangsverdacht für eine terroristische Motivation für die Tat gesprochen. Derzeit sei nach den Gesamtumständen "kein anderes Motiv" ersichtlich, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Markus Caspers. Sollte sich dieser Anfangsverdacht erhärten, würde die Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe die Leitung der weiteren Ermittlungen übernehmen.
Im Zuge der Ermittlungen war bereits am Morgen ein 15-Jähriger festgenommen worden, der möglicherweise vor der Tat Kontakt zum Angreifer hatte. Der Jugendliche soll nach der Aussage von zwei Zeuginnen vor dem Messerangriff mit einer bislang unbekannten Person - dem mutmaßlichen Täter - über Absichten gesprochen haben, die nach Caspers Worten zur Tatausführung passen würden. Dem 15-Jährigen wird vorgeworfen, die möglicherweise geplante Straftat nicht gemeldet zu haben.
Nach der Tat wurden laut Polizei Messer beschlagnahmt, die nun einzeln untersucht werden. Ein Tatzusammenhang war noch unklar.
Politik geschockt - Debatte über Waffenrecht
Die Politik reagierte geschockt auf die Tat in Solingen. Auch die Debatte über ein schärferes Waffenrecht, wie es Innenministerin Nancy Faeser schon länger befürwortet, nahm Fahrt auf. Die FDP, die hier bislang gebremst hatte, signalisierte nun Gesprächsbereitschaft.
Zunächst aber überwogen Trauer und Entsetzen über die Tat. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst sprach von einem "Akt des Terrors", Bundeskanzler Olaf Scholz sprach von einem "schrecklichen Ereignis". Er sei "sehr bestürzt", schrieb er im Online-Dienst X. Der Täter müsse "rasch gefasst und mit der vollen Härte des Gesetzes bestraft werden.