Öffentlich-rechtlicher Rundfunk Länder einig bei Reform - Entscheidung zu Beitrag vertagt
Die Länder haben sich auf eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geeinigt, aber noch keinen Beschluss zur Finanzierung gefasst. Die Entscheidung zum Rundfunkbeitrag wurde vertagt.
Die Bundesländer verschieben eine Entscheidung zum Rundfunkbeitrag. Wie der Bremer Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) bei X postete, konnte sich die Ministerpräsidentenkonferenz in Leipzig nicht auf die "verfassungsrechtlich gebotene Anhebung des Rundfunkbeitrags" verständigen. Wegen des Widerstands "etlicher Länder" sei die Anhebung des Beitrags für die öffentlich-rechtlichen Sender nicht beschlossen worden.
Im Beschluss der Konferenz heißt es, die Rundfunkkommission der Länder werde gebeten, bis Dezember "mögliche Optionen zu prüfen und einen Vorschlag zu unterbreiten". Die unabhängige Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) hatte eine Erhöhung um 58 Cent auf 18,94 Euro zum Jahreswechsel empfohlen.
Einigung auf Reform
Die Länderchefs einigten sich bei ihrem Treffen in Leipzig zugleich auf umfangreiche Reformen für ARD und ZDF. Was die Pläne konkret und im Detail vorsehen und wie der genaue Text des Vertrags aussieht, ist bisher nicht bekannt. "Wir wollen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk moderner, schlanker, dabei auch zukunftsfest machen", sagte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD). "Wir werden den Auftrag qualitativ aufwerten, aber wir werden auch, ja, quantitative Begrenzungen einführen." So schlägt die Konferenz vor, die Zahl der rund 70 Hörfunkwellen auf 53 zu reduzieren.
Laut dem im September online gestellten Entwurf für einen Reformstaatsvertrag sollte auch ein Teil der Fernseh-Spartensender von ARD und ZDF wegfallen, was öffentlich heftig umstritten ist. Besonders gegen die geplante Zusammenlegung von arte und 3sat hatte es Proteste gegeben. Für den Kulturbereich sagte Schweitzer nun, man wolle den Weg aufzeigen, perspektivisch eine europäische Kulturplattform zu schaffen, "die aus dem heute schon bekannten Angebot von arte und auch möglicherweise 3sat besteht". Man habe nicht die Fusion von 3sat und arte beschlossen.
Im Bereich Nachrichten, Bildung und Information sollen nur noch zwei Kanäle bestehen bleiben - das betrifft phoenix, tagesschau24, ARD Alpha und ZDF info. "Und wir werden drei Angebote erhalten wollen, die sich vor allem in dem Bereich Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene betätigen", so Schweitzer. Das betrifft KiKa, ZDF neo, ARD One und das Online-Angebot funk.
Die Sendeanstalten selbst sollen entscheiden, was wegfällt. Der Kinderkanal Kika soll laut Schweitzer aber erhalten bleiben - "das ist unser klarer Wunsch".
Der Konferenz-Vorsitzende Michael Kretschmer (CDU) sagte, der öffentlich-rechtliche Rundfunk habe eine "zentrale Rolle für die Demokratie in unserem Land. Wir stehen zu dieser wichtigen Institution". Es sei wichtig, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk nach der großen Vertrauenskrise nach einer Reihe von Skandalen jetzt wieder Vertrauen zurückgewinne.
ARD will Entscheidung prüfen
Der ARD-Vorsitzende Kai Gniffke kündigte an, man werde prüfen, was die Entscheidung inhaltlich und juristisch für die ARD bedeutet. "Die ARD hat das gleiche Ziel wie die Länder, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk effizient, modern und vor allem zukunftsfest aufzustellen", sagte Gniffke.
"Es wäre hilfreich gewesen, wenn die Länder auch in der ungeklärten Frage der Anpassung des Rundfunkbeitrags zum 1. Januar 2025 eine Entscheidung getroffen hätten." Jetzt bestehe weiter Unsicherheit, erklärte der ARD-Vorsitzende weiter.
ZDF-Intendant Norbert Himmler teilte mit, die Möglichkeiten, junge Menschen insbesondere mit Online-Informationen zu versorgen, würden eingeschränkt. Und die zukünftige Finanzierung sei noch überhaupt nicht geklärt. Das seien "schwierige Botschaften in einer Zeit, in der ich fest davon überzeugt bin, dass wir einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk brauchen", so Himmler.
Deutschlandradio-Intendant Stefan Raue sagte: "Zu den Folgen der verfassungsrechtlich gebotenen und dennoch erneut ausgesetzten Beschlussfassung zur KEF-Empfehlung beim Rundfunkbeitrag werden wir uns mit unseren Gremien beraten."
Kritik vom Journalisten-Verband
Der Deutsche Journalisten-Verband kritisierte die Entscheidungen der Ministerpräsidentenkonferenz. "Die Länderchefs richten einen gewaltigen Flurschaden an", sagte der Bundesvorsitzende Mika Beuster. Der Verband forderte die Anstalten auf, die "Verfassungsmäßigkeit der gefassten Beschlüsse" durch das Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen. Dies seien "die Intendantinnen und Intendanten sowohl den Beschäftigten als auch der Glaubwürdigkeit und dem Ansehen der Sender schuldig."
Damit die Reformen greifen können, müssen noch alle Landtage zustimmen. Lehnt auch nur ein Landesparlament das Papier ab, können die Änderungen in den Staatsverträgen zum Rundfunk nicht in Kraft treten. Die Reform könnte nach früheren Länderangaben von Sommer 2025 an umgesetzt werden.
Gang vor Bundesverfassungsgericht?
Die offene Frage über die künftige Höhe des Beitrags könnte vor dem Bundesverfassungsgericht landen, wenn ARD, ZDF und Deutschlandradio klagen. Denn die neue Beitragsperiode beginnt am 1. Januar 2025. Dann müsste der Rundfunkbeitrag gemäß der Experten-Empfehlung der KEF steigen. Dahinter steht ein verfassungsrechtlich verbrieftes Verfahren. Die Länderchefs müssen sich eigentlich eng an der Empfehlung orientieren.
In dieser Frage braucht es aber ein einstimmiges Votum. Weicht nur ein Regierungschef ab, kann eine Erhöhung nicht auf den Weg gebracht werden. Schon beim vorigen Mal hatte Sachsen-Anhalt vor dem Bundesverfassungsgericht eine Niederlage kassiert, weil sich das Land gegen eine empfohlene Erhöhung gestellt hatte. In den vergangenen Monaten lagen die Positionen beim Rundfunkbeitrag weit auseinander. Länder wie Sachsen-Anhalt und Bayern sprachen sich immer wieder gegen eine Anhebung aus.
Söder: "Maß halten"
"Wir leben im zweiten Jahr einer Rezession, da müssen alle Maß halten", sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder dem BR. Zugleich warnte er die Intendantinnen und Intendanten davor, eine Gebührenerhöhung vor dem Verfassungsgericht einzuklagen. "Ich finde das übrigens ein sehr seltsames Vorgehen, wenn die öffentlich-rechtlichen Sender einen ganz bewussten Konflikt gehen", erklärte der CSU-Politiker.
Die Gegner einer Erhöhung argumentierten, die Häuser hätten nicht genug getan, um sich selbst zu reformieren. Aktuell beträgt der Jahresbetrag für den Rundfunk neun Milliarden Euro. Befürworter sagten, Reformen würden erst mit der Zeit für Einsparungen sorgen. Deshalb müsse man den Häusern das Beitragsplus - auch mit Blick auf die Inflation - zugestehen.