Weltspiegel zu Singapur Aus der SARS-Epidemie gelernt
In Singapur bleibt die Zahl der Corona-Infizierten noch überschaubar. Die SARS-Epidemie 2003 hat dem Land gezeigt, wie solche Situationen zu beherrschen sind, sagen die Virologen.
Singapur verschärft in diesen Tagen noch einmal die Vorsichtsmaßnahmen. Man soll einen Meter Abstand halten - auch vor dem Stand von Street-Food-Köchin Ruifang Li. Doch Kitas, Shopping-Center und Markthallen sind weiterhin geöffnet. Im Gegensatz zu anderen hat Ruifang Li bisher kaum Umsatzeinbußen. Sie hofft, dass es die Stadt schafft, ein bisschen Normalität zu erhalten.
"Ich glaube, unsere Regierung hat sich gut vorbereitet", meint Li. "Wir sind nur ein kleines Land und müssen Notfallpläne in der Tasche haben. Die haben ihre Bestände rechtzeitig aufgestockt und sich auch in den Krankenhäusern auf so eine Pandemie vorbereitet."
Putzkolonnen und Temperaturchecks
Singapur ist ein internationales Drehkreuz und hat daher früh reagiert: Schon seit Anfang Februar gilt Code Orange, die zweithöchste Krisenstufe. Extra Putzkolonnen sind im öffentlichen Raum unterwegs und Temperaturchecks werden in vielen Einrichtungen vorgenommen. Ansonsten geht das Leben relativ normal weiter. Erst seit gut einer Woche dürfen keine Besucher mehr ins Land.
Teck Jack Tan ist Arzt in der Public Health Preparedness Clinic - eine der 900 designierten Arztpraxen und Kliniken der Stadt für Verdachtsfälle. Tans Praxis bekommt jetzt alle zwei Wochen vom Gesundheitsministerium eine neue Ration mit Schutzkleidung. Es gilt, die Patienten, aber auch Krankenschwestern und Ärzte zu schützen.
"Unsere Rolle ist es, die Patientenströme zu managen und die Krankenhauser zu entlasten", erzählt Tan. "Die Leute sollen nicht in die Notaufnahme gehen, sondern zu uns kommen. Wir sind darauf vorbereitet worden, die Erstbetreuung zu übernehmen."
Coronavirus ist die geläufigste Bezeichnung für das neuartige Virus aus China. Dessen offizieller Name, den die WHO festgelegt hat, lautet Sars-CoV-2. Die aus dem Virus resultierende Lungenkrankheit heißt Covid-19.
Mit neuem Atemwegsvirus gerechnet
In dem brandneuen, erweiterten Nationalen Zentrum für ansteckende Krankheiten sind Patienten, Labore und Forscher unter einem Dach. Singapur bringt seine Infizierten in Einzel-Isolierzimmer mit Eingangsschleuse. Unterdruck und Spezialfilter verhindern, dass kontaminierte Luft nach außen dringt.
"Seit Jahren haben wir geahnt, dass ein neuer Atemwegsvirus auf uns zukommen kann", sagt die Chefin des Zentrums, Yee Sin Leo. "Im Jahr 2003 hatten wir SARS, und seitdem gab es immer wieder Virus-Infektionswellen wie Dengue und 2016 das Zika-Virus. Wir wussten immer, dass es nicht die Frage ist, ob, sondern nur, wann so ein Virus auftaucht. Darauf muss man vorbereitet sein. Sonst bereut man das."
Testen und Überwachungstechnik
Testen, testen, testen - nach eigenen Angaben hat Singapur bisher in Relation zu seiner Bevölkerung so viele Menschen getestet wie kein anderer Staat.
Eine weitere Strategie: die Suche nach Kontaktpersonen von Infizierten. Hier im Gesundheitsministerium arbeiten inzwischen 20 Teams, die von Polizei und Militär unterstützt werden. Es gilt, die Infektionsketten zu unterbrechen.
Dafür wird auch Überwachungstechnik genutzt, wie zum Beispiel Sicherheitskameras, um Erinnerungslücken auf die Spur zu kommen. So kann man recht genau feststellen, mit wem der Infizierte in Kontakt war, und wen das Gesundheitsministerium noch isolieren muss.
Touristen dürfen nicht mehr kommen, doch jeden Tag landen noch etwa 1200 Heimreisende und damit potentiell Infizierte. Sie werden zwei Wochen kostenlos in Hotels untergebracht - wie beispielsweise auf der Ausflugsinsel Sentosa. Das ist dann staatliche Zwangsquarantäne mit Meerblick.
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