Vor Parlamentswahl in Venezuela Maduro begnadigt politische Gefangene
Venezuelas Präsident Maduro will mehr als 100 politische Gefangene freilassen, darunter viele seiner größten Gegner. Die Opposition zweifelt am Friedenswillen des autokratischen Staatschefs und attackiert ihn scharf.
Der venezolanische Kommunikationsminister Jorge Rodríguez verliest die Namen der Begnadigten vor laufender Kamera. Darunter ist auch der Kabinettschef Roberto Marrero, der im Frühjahr letzten Jahres wegen "Terrorismus" inhaftiert worden war. Mit der Freilassung von 110 politischen Gefangenen soll laut der Regierung von Präsident Nicolás Maduro eine nationale Versöhnung gefördert werden. Einige von denen, die auf der Liste stehen, durften die Gefängnisse laut Medienberichten bereits verlassen.
"Wir Venezolaner lösen unsere internen Angelegenheiten selbst. Das machen wir auf einem friedlichen, verfassungsmäßigen und demokratischen Weg", sagt Rodríguez auf einer Pressekonferenz, die im Staatsfernsehen übertragen wird. Die Entscheidung zur Begnadigung kommt drei Monate vor der Parlamentswahl, die für den 6. Dezember angesetzt ist. 27 oppositionelle Parteien und Organisationen wollen die Wahl boykottieren.
Der wegen "Terrorismus" inhaftierte Kabinettschef Roberto Marrero kurz nach seiner Freilassung
Begnadigte Abgeordnete kritisiert Maduro
Die oppositionelle Abgeordnete Mariella Magallanes, die zu den Begnadigten gehört, twitterte unmittelbar nach der Veröffentlichung der Namen: "Es gibt keine Begnadigung. Für mich ist Maduro kein Präsident. Keiner der Abgeordneten, die sich im Exil befinden, oder der politischen Gefangenen hat je ein Vergehen begangen. Maduro will keinen Frieden. Mit der Begnadigung zeigt er nur, dass er der Gefängniswärter dieses Landes ist."
"Das Regime hat heute Geiseln freigelassen. Es ist ein Beweis dafür, dass eine Diktatur herrscht und die Nationalversammlung attackiert wird", schrieb der Oppositionsführer Juan Guaidó auf Twitter. Seit eineinhalb Jahren liefert er sich einen erbitterten Machtkampf mit Maduro. Guaidó hatte sich im Januar letzten Jahres zum Übergangspräsidenten erklärt. Er wird von rund 60 Ländern anerkannt, darunter auch Deutschland und die USA. Maduro wiederum kann auf Verbündete wie Russland, China, den Iran und Kuba setzen.
Oppositionsführer enttäuscht seine Anhänger
Viele Venezolaner hatten große Hoffnungen in Guaidó gesetzt. Sie glaubten, dass es mit ihm einen Wandel geben könnte. Tatsächlich gelang es ihm zunächst, die Opposition zu einen, doch seine Versprechen hat er am Ende nicht einlösen können: Maduro hält sich weiterhin an der Macht, er kann nach wie vor auf die Unterstützung des einflussreichen Militärs setzen.
Drei Monate vor den Parlamentswahlen ist die Opposition erneut zutiefst gespalten, uneins über das weitere Vorgehen. Maria Corina Machado, die nationale Koordinatorin der Oppositionspartei "Vente Venezuela", setzt Juan Guaidó ein Ultimatum: "Dem Interimspräsidenten bleiben 120 Tage das zu tun, was er in 17 Monaten nicht geschafft hat. Die Angst wird nach der Parlamentswahl nicht vergehen. Wir müssen heute, jetzt etwas unternehmen."