Varosha auf Zypern Ein Sandstrand im Fokus der Politik
Es ist nur ein Stück Sandstrand - aber Anlass für internationale Kritik und den Sturz einer Regierung. Auf Zypern wurde im Südosten auf der türkischen Seite ein Stück des Strandes von Varosha freigegeben.
In den 60ern war Varosha ein Traumstrand mit feinstem Sand am azurblauen Meer auf drei Kilometern Länge. Dann kamen der Massentourismus und Bettenburgen mit Platz für 10.000 Urlauber. Varosha war in. Elizabeth Taylor, Brigitte Bardot, Sophia Lauren und Richard Burton machten hier Urlaub. Mehr als 50 Prozent der gesamten Einnahmen aus dem Tourismus wurden hier erwirtschaftet.
1974 war mit einem Schlag Schluss. Mit der türkischen Invasion kam die Stadt Famagusta, zu der Varosha gehört, unter türkische Kontrolle. Knapp 40.000 Menschen aus dem griechisch-zyprischen Stadtteil flüchteten aus ihren Häusern.
Geisterstadt hinter Stacheldraht
Varosha samt Traumstand wurde zur Geisterstand hinter Stacheldraht. Zutritt für alle verboten, ob Türke, türkischer oder griechischer Zyprer. Vergessen war das Gelände trotzdem nie. Famagusta ist Sinnbild der Teilung der Insel. Und bei den Gesprächen um eine Wiedervereinigung spielte der Stadtteil Varosha immer eine wichtige Rolle. Man hoffte Vertrauen aufbauen zu können, wenn man ihn an die früheren griechisch-zyprischen Bewohner zurückgeben würde.
Durch seine besondere Lage und sein touristisches Potential war er auch wertvolle Verhandlungsmasse. Präsident Erdogan sagte Anfang der Woche, man sei geduldig gewesen, habe aber nichts dafür bekommen. Varosha gehöre zu Nordzypern. Zu diesem Zeitpunkt stand der zyprische Ministerpräsident Tatar neben ihm. Gemeinsam verkündeten sie, dass ein Teil des Strandes wieder freigegeben wird. Das war nicht nur ein Schlag ins Gesicht der griechischen Zyprer, sondern auch in das des eigenen Präsidenten Akinici und das von Außenministers Özersay. Denn beide wussten nach eigenem Bekunden nichts davon.
Öffnung nur ein Wahlkampfmanöver?
Was gerade geschehe, sei ein Schandfleck für die Demokratie in Nordzypern und ein direkter Eingriff in die Präsidentschaftswahlen, schimpfte Akinci in einem nordzyprischen Fernsehsender. Es sei offensichtlich, dass Varosha nur geöffnet werde, um einen bestimmten Kandidaten im Wahlkampf zu unterstützen. Gemeint ist Ministerpräsident Tartar, der gegen Akinici antritt.
Auch Außenminister Özersay ist am Sonntag bei den Präsidentschaftswahlen Kandidat. Er hat die Koalition inzwischen verlassen, das Ende für die Regierung von Nordzypern, das nur von der Türkei offiziell anerkannt wird. Özersay verfolgt seit Jahren die Strategie, dass beide Inselteile wirtschaftlich zusammenarbeiten, auch beim Thema Gas und Erdöl solle man auf Augenhöhe verhandeln. Sein Plan war, dass frühere Eigentümer nach Marash, wie Varosha auf Türkisch heißt, zurückkehren können und man der Küstenregion wieder gemeinsam zum Aufschwung verhilft. Özersay nennt die Entscheidung von Erdogan und Tartar eine Piratenaktion.
Eines der wenigen kritischen türkischen Medien, "Gazete Duvar", kommentiert das Thema. Man unterschätze die Intelligenz der Menschen in Nordzypern, schreibt der Kommentator mit Blick auf die Wahlen am Sonntag. Sie seien wütend, dass sich Ankara einmische. Nordzypern bekomme von Erdogans Partei AKP genau das ab, was auch die Türkei selbst abkriege: eine Missachtung der Rechtsstaatlichkeit.
EU: Ankara schürt neue Spannungen
Auch international hagelt es Kritik. Zypern und Griechenland sehen mit der Entscheidung der Türkei alle Resolutionen des UN-Sicherheitsrates verletzt. Die EU warf Ankara vor, zwischen Zypern und der türkischen Republik Nordzypern neue Spannungen zu schüren. Auch Russland verurteilt, dass der Strand teilweise wieder freigegeben wurde.
Erdogan hat einmal mehr Fakten geschaffen, wie schon beim Erdgasstreit mit Griechenland und der EU im Östlichen Mittelmeer.
Hier gibt es aber weitere Anzeichen, dass sich die Lage entspannen könnte. Der türkische Außenminister Cavusoglu tauschte sich am Rande eines Sicherheitsforums in Bratislava direkt mit seinem griechischen Amtskollegen Dendias aus. Von griechischer Seite hieß es, man habe Sondierungsgespräche und vertrauensbildende Maßnahmen vereinbart.