Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Gericht weist Klagen im Vaterschaftsstreit ab
Leibliche Väter haben nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht in jedem Fall Anspruch auf rechtliche Anerkennung der Vaterschaft. Sie können die Vaterschaft nicht einklagen, wenn die Mutter mit einem Mann zusammenlebt, der als rechtlicher Vater gilt.
Von Michael Reissenberger, SWR
Vater werden ist schwer, vor allem im rechtlichen Sinne. Das erfuhren heute zwei Männer aus Berlin und Nordrhein-Westfalen. Die Straßburger Richter für Menschenrechte erteilten ihnen erneut diese Lektion, wie schon zuvor die deutschen Familiengerichte.
Der eine Mann weiß schon, dass er - biologisch gesprochen - der Erzeuger eines Mädchens ist, für das er auch die rechtliche Stellung eines Vaters einnehmen will. Der andere ahnt es eher als es bereits zu wissen, denn diese Tochter wurde sozusagen zwischen Alt- und Neuehe der Mutter geboren. Er würde gerne einen Gentest zur Bestätigung seiner Vaterschaft durchführen.
Nicht nur biologische Tatsachen zählen
Doch beiden sagt jetzt der Europäische Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg: Nicht nur die biologischen Tatsachen zählen, wenn es um Vaterschaft geht. Deshalb haben es die Straßburger Richter gebilligt, dass der Erzeuger eines Kindes keine Möglichkeit bekommt, seine Vaterschaft feststellen zu lassen, wenn ein anderer Mann die Vaterschaft bereits vorher rechtlich anerkannt hat und in enger sozialer Bindung mit dem Kind und der Kindesmutter lebt.
Bestehende Familie wird geschützt
Die Straßburger Richter schützen somit bereits bestehende Familien bewusst vor denkbaren Außen-Störungen und zwar im Interesse des Kindeswohls. Hier verlangen die Straßburger Richter allerdings genaues Hinsehen der deutschen Familienrichter. Es gibt Konstellationen, in denen der Wunsch nach Feststellung der Vaterschaft nicht so störend empfunden werden muss wie in den beiden jetzt entschiedenen Fällen. Und beim Thema "Umgang mit dem Kind" haben sich die Straßburger Richter schon in früheren Urteilen dafür stark gemacht, dass ein gelegentliches Treffen von Kind und außerehelichem Erzeuger möglich gemacht werden muss.
Mehr Rechte für rechtliche Väter
Die deutsche Rechtsprechung hält außerdem für die Kinder selbst in späteren Jahren die Möglichkeit offen, die biologische Wahrheit über ihre Abstammung im Zweifelsfalle auch durch Klage vor dem Familiengericht in Erfahrung zu bringen. Hier aber wurden die Klagen der beiden Männer abgewiesen, die eine Verletzung ihres Rechts auf Familie beziehungsweise ihres Privatlebens beklagt hatten. Der deutsche Gesetzgeber habe sich - wie auch etliche andere europäischen Staaten - auf diese Weise für den Vorrang des rechtlichen Vaters entscheiden dürfen, der sich regelmäßig um das Kind kümmert.