US-Wahl 2024
Bidens Rede zum Rückzug Kampf um das politische Vermächtnis
In einer emotionalen Rede hat Biden die nächste Wahl zu einer Abstimmung über die Demokratie erklärt. Fünf Erkenntnisse aus seinem ersten Auftritt nach dem Verzicht auf eine erneute Präsidentschaftskandidatur.
Der Elefant im Raum
Er würdigt ihn mit keiner Silbe, aber die Gefahr für die Demokratie, die US-Präsident Joe Biden heraufbeschwört, hat einen Namen: Donald Trump. Ehrlichkeit, Anstand und Respekt sind nicht gerade dessen Stärken. Kein Wunder, dass der US-Präsident gerade diese Begriffe in den Mittelpunkt stellt. Dass er ihn rhetorisch in die Nähe von Monarchen oder Diktatoren rückt, dürfte allerdings nicht dazu beitragen, die politischen Lager in diesem tief gespaltenen Land wieder näher zusammenzubringen.
Ein Befreiungsschlag sieht anders aus
Seine Stimme noch immer heiser und brüchig, seine Aussprache zuweilen undeutlich und schwer zu verstehen: Wer sich von dem Auftritt ein Comeback des resoluten Anführers der freien Welt erhofft hatte, wurde enttäuscht.
Biden sind die Spuren des Alters überdeutlich anzusehen. Selbst mit Hilfe eines Teleprompters kommt der älteste Amtsinhaber der Geschichte nicht mehr ruckelfrei durch eine elf Minuten kurze Ansprache. Wasser auf die Mühlen von denjenigen, die ihm keine weiteren sechs Monate im Amt zutrauen.
Gesucht: Platz in den Geschichtsbüchern
Wenn Biden in seiner Rede historische Größen wie George Washington, Abraham Lincoln oder Franklin Roosevelt zitiert, entsteht der Eindruck, dass da jemand selbst um seinen Platz in den Geschichtsbüchern kämpft.
Die Messlatte für sein politisches Vermächtnis hat er dabei jedoch sehr hoch gelegt. Nur wenn Kamala Harris die kommende Wahl gewinnt, hat Biden erfolgreich den Staffelstab an die nächste Generation weitergegeben. Verliert sie, bleibt er ein unvollendeter "one-term president" - ein Präsident mit nur einer Amtszeit.
Beeindruckende Bilanz
Eigenlob ist im allgemeinen Sprachgebrauch bekanntlich keine Zier. Das hat Biden jedoch nicht davon abgehalten, persönlich Bilanz seiner Erfolge zu ziehen - und die können sich in der Tat sehen lassen: Millionen neuer Jobs, steigende Löhne, sinkende Preise und nachlassende Kriminalität dürften das Leben vieler Amerikaner spürbar verbessert haben.
Deshalb gab es bis zuletzt auch nicht wenige, die ihm eine zweite Amtszeit durchaus zugetraut hätten. Der Stolz auf das Erreichte war dem scheidenden Präsidenten anzumerken. Jetzt müssen aber andere sein Werk vollenden.
Halbherzige Werbung für Harris
Drei kurze Sätze ganz zum Schluss der Rede, mehr Unterstützung bekam die neue Hoffnungsträgerin der Demokraten nicht mit auf ihren steinigen Weg zur Wahl im November. Erfahren, zäh und fähig sei Harris - sowie eine unglaubliche Partnerin für ihn und eine Führungspersönlichkeit für das Land.
Etwas mehr Werbung hätte es aus Sicht der derzeitigen Vizepräsidentin schon sein dürfen. So hat der Amtsinhaber möglicherweise eine Chance vertan - zur besten Sendezeit.