US-Proteste gegen Rassismus "Keine Gerechtigkeit, kein Frieden"
Auch am zweiten Wochenende haben Tausende Menschen in Washington und anderen US-Städten gegen Rassismus und Polizeigewalt demonstriert. Die Proteste blieben friedlich. Doch die Sicherheitskräfte sperrten das Gebiet um das Weiße Haus großräumig ab.
In den USA haben wieder zehntausende Menschen gegen Rassismus und Polizeigewalt demonstriert. Allein in der Hauptstadt Washington versammelten sich auch am zweiten Wochenende nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd tausende Menschen in den Straßen um das Weiße Haus.
Auch in zahlreichen anderen Städten wie New York, Philadelphia, Chicago und Los Angeles gab es Proteste. In Floyds Heimatstaat North Carolina kamen hunderte Menschen zu einer Trauerfeier.
Absperrungen an der National Mall
Das Weiße Haus, in dem sich US-Präsident Donald Trump am Wochenende aufhielt, war weiträumig abgesperrt; Hubschrauber überflogen die Menge. Viele Demonstranten trugen Plakate mit der Aufschrift "Keine Gerechtigkeit, kein Frieden" und knieten immer wieder nieder. Viele hatten auch Fotos von Floyd und anderen durch Polizisten getöteten Afroamerikanern dabei.
An der National Mall, dem langgezogenen Park im Herzen Washingtons, hinderten Absperrungen und Uniformierte Demonstranten daran, auf die Stufen des Lincoln Memorials zu gelangen. Dort hatte der schwarze Bürgerrechtler Martin Luther King 1963 seine berühmte Rede "I Have a Dream" (Ich habe einen Traum) gehalten.
Washingtons Bürgermeisterin als Unterstützerin
Muriel Bowser, die Bürgermeisterin von Washington, hatte sich frühzeitig hinter die Proteste gestellt. So hatte sie etwa eine zentrale Straße im Zentrum der US-Hauptstadt zur "Black Lives Matter-Plaza" umbenannt - nach der Bewegung, die sich seit Jahren gegen rassistisch motivierte Polizeigewalt einsetzt.
Die Gegend hatte in dieser Woche eine besondere symbolische Bedeutung bekommen: Sicherheitskräfte gingen am Montag an der Ecke der 16. Straße und der H-Straße gewaltsam gegen friedliche Demonstranten vor, die nach dem Tod Floyds gegen Rassismus und Polizeigewalt protestierten. Offenbar sollte damit Platz gemacht werden für Trump, der anschließend zu einer an der Ecke gelegenen Kirche lief, die am Vorabend bei Protesten beschädigt worden war.
Festnahme mit tödlichem Ausgang
Der unbewaffnete Floyd war am 25. Mai in Minneapolis festgenommen worden, weil er mutmaßlich mit Falschgeld Zigaretten gekauft hatte. Ein weißer Polizist drückte dann fast neun Minuten lang sein Knie auf den Nacken des am Boden liegenden Mannes, der mehrfach sagte, er bekomme keine Luft mehr.
Ein von einer Passantin aufgenommenes Handyvideo von der Festnahmeszene hatte weit über die Grenzen der USA hinaus Empörung ausgelöst und der "Black Lives Matter"-Bewegung neue Stimmgewalt verschafft.
Nach einer emotionalen Trauerfeier in Minneapolis am Donnerstag wurde am Samstag in Floyds Heimatstaat North Carolina dem Toten gedacht. In der Stadt Raeford versammelten sich Medienberichten zufolge hunderte Menschen, um an Floyds Sarg Abschied zu nehmen.
Kein Würgegriff mehr
Die Polizei in Minneapolis hatte am Freitag angekündigt, Beamten den Würgegriff zu verbieten, der bereits 2014 in New York zum Tod des Schwarzen Eric Garner geführt hatte. Der Polizeichef von Seattle erklärte angesichts neuer Demonstrationen an, 30 Tage auf den Einsatz von Tränengas zu verzichten.
Im Bundesstaat Kalifornien wies Gouverneur Gavin Newsom die Verantwortlichen der Schulungsprogramme für Polizeianwärter an, künftigen Beamten nicht länger den Würgegriff beizubringen, der die Blutzufuhr zum Hirn abschneidet.
Biden verspricht Reformen
Der designierte Präsidentschaftskandidat der US-Demokraten, Joe Biden, will Floyds brutalen Tod und die anhaltenden Proteste zum Anlass für Polizeireformen und einen entschlossenen Kampf gegen Rassismus nehmen. Es brauche "längst fällige konkrete Maßnahmen", um dem "systematischen Rassismus" in den USA ein Ende zu bereiten, forderte Biden in einem Gastbeitrag in der "Los Angeles Times".
Biden versprach, als Präsident in seinen ersten 100 Tagen im Amt eine Kommission für Polizeireformen einzusetzen. Zudem solle der Kongress schon jetzt handeln und umstrittene Polizeimethoden wie Würgegriffe bei Festnahmen verbieten. Auch müsse der Transfer von Waffen und Ausrüstung des Militärs an die Polizei gestoppt und die Kontrolle über örtliche Sicherheitskräfte verstärkt werden, forderte Biden.