Streit um Waffengesetz im US-Kongress Erfolgloser Sitzstreik der Demokraten
Mit einem stundenlangen Sitzstreik wollten die Demokraten im US-Kongress eine Abstimmung über ein schärferes Waffenrecht erzwingen. Doch die Republikaner blieben hart - und vertagten die Sitzung des Kongresses. Doch der Streit geht weiter.
Die Demokraten im US-Kongress haben mit einem Sitzstreik vergeblich versucht, die Abstimmung über ein schärferes Waffenrecht zu erzwingen. Mit ihrer Aktion legten sie den Betrieb des Repräsentantenhauses zeitweise lahm, entnervte Republikaner zogen sich zurück. Am frühen Donnerstagmorgen (Ortszeit) beschlossen die Republikaner mit ihrer Mehrheit, die Sitzung bis Juli zu vertagen. Die Demokraten blieben auch danach im Sitzungssaal.
Die Teilnehmer der Protestaktion fordern ein Gesetz, das Hintergrund-Checks potenzieller Waffenkäufer ausweitet und Terrorverdächtigen den Erwerb von Waffen verbietet. Hintergrund der Initiative ist das jüngste Massaker mit 49 Todesopfern in einem Schwulennachtclub in Orlando.
"Wo ist unser Mut?"
Der Protest begann am Mittwoch gegen 11:30 Uhr (Ortszeit) und wurde zur Mittagszeit kurz unterbrochen, als der republikanische Abgeordnete Ted Poe mit der Tagesagenda beginnen wollte. Schon bald musste er jedoch eine Sitzungspause ausrufen, als Dutzende Demokraten sich weigerten, den Fußboden zu verlassen. Was habe der Kongress gegen Waffengewalt getan?, fragte der Abgeordnete John Lewis, der die Protestler im Plenum anführte. "Nichts. Wir haben die Ohren vor dem Blut Unschuldiger verschlossen. Wir sind blind für eine Krise. Wo ist unser Mut?"
Bis zum späten Nachmittag hatten sich 168 Abgeordnete sowie 34 demokratische Senatoren dem Protest angeschlossen, wie das Büro der demokratischen Minderheitsführerin Nancy Pelosi mitteilte. Zwar wurden die Kameras im Plenum abgestellt, doch wurde das Geschehen im Plenum von den Abgeordneten selbst über soziale Medien übertragen. Zudem posteten sie die Nummer des Kapitols im Netz und ermunterten Wähler, anzurufen und eine Abstimmung über das Waffengesetz zu verlangen. "Kein Gesetz, keine Pause", skandierten die Parlamentarier im Saal wiederholt.
Ryan spricht von einem Werbegag
Der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, lehnte jedoch eine Abstimmung über das Waffenrecht ab und qualifizierte den den Sitzstreik als "Werbegag" ab. "Der Anschlag in Orlando ist für mich kein Problem von Waffengesetzen, sondern von radikalem Islamismus. Wenn schärfere Waffengesetze ein Land schützen, dann hätte es nie die Anschläge von Paris gegeben", sagte der republikanische Senator Lindsay Graham.
Dennoch stützen Umfragen die Forderung der Demokraten nach strengeren Waffengesetzen: So sprechen sich mittlerweile 85 Prozent der Amerikaner dafür aus, dass Personen, die auf der Flugverbotsliste des Geheimdienstes FBI stehen, keine Waffen kaufen dürfen. Ein entsprechender Kompromiss für ein Gesetz liegt vor. Von weitreichenden Überprüfungen der Waffenkäufer oder anderen Beschränkungen ist keine Rede mehr. Dafür fehlt es Republikanern, aber auch Demokraten im Jahr der Präsidentenwahl an Willen und politischer Kraft.
Mit Informationen von Torsten Teichmann, zzt. ARD-Studio Washington