Hakenkreuzschmiererei an einer Gedenkstätte Nordbahnhof in Berlin (Archivbild 2013)

Umfrage zu Antisemitismus Juden beklagen wachsende Feindseligkeit

Stand: 22.01.2019 15:30 Uhr

Am 27. Januar ist Holocaust-Gedenktag. Einer neuen EU-Umfrage zufolge nimmt etwa jeder dritte EU-Bürger einen Anstieg von Antisemitismus in seinem Land wahr - in Deutschland sogar jeder zweite.

In wenigen Tagen wird weltweit der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Antisemitismus ist allerdings noch immer ein Problem: Etwa jeder dritte EU-Bürger nimmt einer Studie zufolge einen Anstieg von Judenfeindlichkeit in seinem Land wahr - in der jüdischen Bevölkerung liegt der Anteil allerdings viel höher.

Das geht aus einer Eurobarometer-Umfrage hervor, die in Brüssel veröffentlichte wurde. Demnach nehmen in der Gesamtbevölkerung 36 Prozent zunehmenden Antisemitismus wahr, unter Juden sind es 90 Prozent.

"Antisemitismus erhebt noch immer seinen hässlichen Kopf"

"Leider erhebt Antisemitismus noch immer seinen hässlichen Kopf über ganz Europa", sagte der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans. EU-Justizkommissarin Vera Jourová betonte: "Niemand sollte Angst davor haben, in der EU eine Synagoge zu besuchen oder eine Kippa zu tragen."

Jourová betonte, dass das Bewusstsein für Antisemitismus in jenen Ländern größer sei, in denen große jüdische Gemeinden lebten - unter ihnen auch Deutschland. Dort hätten viele Menschen jüdische Freunde, oder es habe Anschläge auf die jüdische Gemeinschaft gegeben, über die Medien berichteten.

Die Stelen des Holocaust-Mahnmals in Berlin

Am 27. Januar ist der Holocaust-Gedenktag. Antisemitismus ist in den Augen jedes zweiten EU-Bürgers ein Problem in seinem Land.

Zunehmender Antisemitismus

In Deutschland nehmen der Studie zufolge 61 Prozent der Bevölkerung zunehmenden Antisemitismus wahr, in Schweden sind es sogar 73 Prozent. Grundsätzlich hält jeder zweite EU-Bürger (50 Prozent) Antisemitismus in seinem Land für ein Problem.

In einigen Ländern ist das Bewusstsein für Judenfeindlichkeit deutlich höher, auch in Deutschland. Hier sehen zwei Drittel der Bevölkerung (66 Prozent) Antisemitismus als Problem, in Frankreich sogar 72 Prozent und in Schweden 81 Prozent.

Fehlendes Wissen über jüdische Geschichte und Bräuche

Eine Mehrheit von 71 Prozent der Deutschen sehen die Leugnung des Holocaust der Studie zufolge als ein Problem. Europaweit gaben 53 Prozent an, dass die Holocaustleugnung ein Problem sei. Die Umfrage zeigt auch, dass ein Großteil der Europäer (58 Prozent) nicht weiß, dass es strafbar ist, den Holocaust zu leugnen.

Nur drei Prozent der Europäer gaben an, "sehr gut" über jüdische Geschichte und Bräuche informiert zu sein. 68 Prozent sagten, sie hätten kein Wissen darüber.

Für die Eurobarometer-Umfrage wurden 27.643 Menschen in 28 Mitgliedstaaten befragt.

EU-Justizkommissarin: Europa muss wachsam sein

In einer im Dezember veröffentlichten Umfrage der EU-Grundrechteagentur hatten sich vor kurzem Juden selbst über den Antisemitismus geäußert. Dabei sahen neun von zehn Befragten den Antisemitismus in Europa wieder im Ansteigen begriffen, wie die EU-Kommission erklärte. Es gebe also einen deutlichen Unterschied in der Wahrnehmung des Problems, urteilte die Kommission.

Justizkommissarin Jourova erklärte, Europa müsse wachsam sein. Sie selbst und die EU-Kommission seien entschlossen, "eine Zukunft für das jüdische Volk auf diesem Kontinent sicherzustellen - um des jüdischen Volkes und um Europas willen."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 22. Januar 2019 um 17:15 Uhr und Deutschlandfunk am 10. Dezember 2018 um 23:38 Uhr.