Nach tagelangen Protesten in Tunesien Demonstranten erkämpfen Regierungsumbildung
Nach tagelangen Demonstrationen ist die Übergangsregierung in Tunesien massiv umgebaut worden: Mehrere Gefolgsleute des Ex-Präsidenten mussten ihre Posten räumen. Premierminister Ghannouchi, der dieses Amt auch schon unter Ben Ali innehatte, bleibt Chef der Regierung. Diese soll nun freie Wahlen organisieren.
Die "tunesische Revolution" - wie sie die Menschen in dem Land selbst bezeichnen - hat offenbar Erfolg: Zwei Wochen nach der Flucht des gestürzten Präsidenten Zine El Abidine Ben Ali wird die junge Übergangsregierung massiv umgebaut. So bleibt zwar Ministerpräsident Mohammed Ghannouchi an der Spitze, doch zentrale Ministerposten, die bislang Vertraute des gestürzten Präsidenten innehatten, werden neu besetzt.
Mehrere Gefolgsleute Ben Alis nicht mehr in der Regierung
Ghannouchi teilte die mit Spannung erwartete Kabinettsumbildung am Abend in einer Ansprache im Fernsehen mit. Einen Wechsel gab es unter anderem bei den Schlüsselressorts Inneres, Äußeres, Verteidigung sowie Finanzen. Diese Posten hatten Minister inne, die vor dem Sturz des Regimes Mitglied in der Regierungspartei RCD waren.
Tausende Tunesier und die mächtige Einheitsgewerkschaft UGTT hatten seit Tagen den Austritt aller früheren Gefolgsleute Ben Alis aus der Regierung gefordert, einschließlich des Regierungschefs Ghannouchi. Der Kompromiss war nun offenbar, dass die UGTT selbst nicht der Regierung beitritt, aber den Verbleib Ghannouchis im Amt akzeptiert - als einziges früheres Mitglied der Regierungspartei RCD.
Druck durch Demonstrationen
Zuvor war bereits der Rücktritt von Außenminister Kamel Morjane bekanntgegeben worden. Dieser hatte ebenfalls bereits unter dem geflüchteten Präsidenten Ben Ali gedient. Morjane hatte seinen Schritt mit den Interessen des Landes begründet, denen er nicht entgegenstehen wolle.
Am Nachmittag hatten in der Hauptstadt Tunis erneut Schüler und Studenten demonstriert. Vor dem Sitz der Übergangsregierung ging ein Sitzstreik von Protestierenden in den fünften Tag. In der Stadt Sidi Bouzid hatte es ebenfalls wieder Proteste gegeben.
Ziel: Freie Wahlen abhalten
Nun soll die neue Regierung freie Wahlen organisieren, die von einer unabhängigen Institution organisiert werden sollen. Wie Premierminister Ghannouchi mitteilte, sollen die Wahlen - nach fast 30 Jahren unter Präsident Ben Ali - von internationalen Beobachtern überwacht werden.
Nach 23 Jahren an der Macht war Ben Ali war am 14. Januar nach tagelangen Protesten ins saudi-arabische Exil geflohen. Die Schweiz hat bereits seine Konten einfrieren lassen. Die EU hat dies ebenfalls vor und hat mittlerweile Beamte nach Tunesien geschickt, um sich ein besseres Bild von der politischen Lage zu machen.