Türkei-Besuch von Außenminister Westerwelle "Die Richtung der Türkei ist Europa"
Außenminister Westerwelle hat bei seinem Istanbul-Besuch den hohen Stellenwert der Türkei für Deutschland und die EU bekräftigt. Dabei sorgte er auf Türkisch für Freude bei den Gastgebern: "'Türkiye 'nin yönü Avropa, dir", sagte er im Beisein seines Amtskollegen Davutoglu: "Die Richtung der Türkei ist Europa".
Von Ulrich Pick, ARD-Hörfunkstudio Istanbul
Es war eine nicht einmal eintägige Stippvisite, doch die beiden Außenminister hatten sichtlich Gefallen an ihr. So lobte nicht nur Gastgeber Ahmet Davutoglu in höchsten Tönen die guten Beziehungen der Türkei zu Deutschland. Auch aus dem Mund von Guido Westerwelle, der bereits das zweite Mal in diesem Jahr an den Bosporus gekommen war, waren fast ausschließlich lobende Töne zu hören: "Drei Millionen Türken, die einen Teil ihres Lebens in Deutschland verbracht haben, und mehr als vier Millionen deutsche Urlauber werden dieses Jahr in der Türkei zu Gast sein. Diese ganz persönliche, menschliche Basis drückt auch sehr viel über die enge Beziehung unserer Länder aus. Sie ist tragfähig und sie sollte intensiviert und auch ausgebaut werden."
Westerwelle: EU-Partnerschaft vorurteilsfrei prüfen
Kein Wunder, dass sich das öffentliche Interesse in der Türkei angesichts solcher Töne vor allem auf die Frage einer möglichen EU-Mitgliedschaft des Landes richtete. Einmal mehr unterstrich der Bundesaußenminister, dass in diesem Zusammenhang das Prinzip der Einhaltung gemachter Verträge gelten müsse. Mit anderen Worten: Der Antrag der Türkei für die Aufnahme in die EU müsse ebenso aufrichtig und vorurteilsfrei geprüft werden wie die anderer Länder.
Westerwelle spricht türkisch
Denn der Stellenwert der Türkei sei ausgesprochen hoch, sagte Westerwelle: "Wir haben ein sehr großes, ein strategisches Interesse daran - nicht nur als Deutschland, sondern auch als Europäische Union - dass die Türkei sich in Richtung Europa orientiert. Oder um es in ihrer Sprache zu versuchen: 'Türkiye 'nin yönü Avrupadir.' Ich hoffe, damit gibt es ab sofort keinerlei Missinterpretationen."
Während man sich am Bosporus über solche Töne gefreut haben dürfte, wie das Lächeln Davutoglus angesichts Westerwelles Türkisch-Übungen bestätigte, könnten solche Äußerungen in Deutschland möglicherweise einen neuen Koalitionskrach mit der Union erzeugen.
Türkiye 'nin yönü Avrupadir.
(Die Richtung der Türkei ist Europa.)
Einigkeit bei Iran und Kampf gegen Terror
Nähe zwischen der Türkei und Deutschland zeigten die Außenminister auch bei den beiden anderen wichtigen Themen des Besuchs: dem Iran und der Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Hier betonte Westerwelle ebenso wie Davutoglu, dass man gemeinsame Interessen verfolge und so weit wie möglich miteinander arbeiten wolle. Eine atomare Bewaffnung des Irans sei für beide Länder nicht akzeptabel und müsse auf jeden Fall verhindert werden.
Westerwelle machte nach den jüngsten, sehr unterschiedlichen Schritten Deutschlands und der Türkei sogar bereits einen Wandel in der iranischen Haltung aus: "Die jüngsten Signale auch von der iranischen Führung, wie wir sie heute auch über die Medien mitgeteilt bekommen haben, zeigen, dass das was die Türkei und die Europäische Union erarbeitet und beschlossen haben, die Gesprächsbereitschaft im Iran befördert." Ob dieser Optimismus des Bundesaußenministers wirklich der Realität entspricht, dürfte sich in sechs Wochen zeigen. Für dann sind neue Gespräche über das umstrittene iranische Atomprogramm angepeilt.