Hintergrund

Ankara sucht nach Verbündeten bei der PKK-Bekämpfung Wie die USA die Türkei in Richtung Iran und Syrien treiben

Stand: 30.10.2007 05:32 Uhr

Seit Wochen schwelt der Streit um die Bekämpfung der PKK im Nordirak. Die Bitte der Türken um Unterstützung haben die USA bisher nicht erhört. Nun äußerten sie erstmals Verständnis für "begrenzte Militäraktionen". Doch Ankara könnte bereits neue Verbündete gefunden haben: Syrien und Iran.

Seit Wochen schwelt der Streit um die Bekämpfung der PKK im Nordirak. Die Bitte der Türken um Unterstützung haben die USA bisher nicht erhört. Nun äußerten sie erstmals Verständnis für "begrenzte Militäraktionen". Doch Ankara könnte bereits neue Verbündete gefunden haben: Syrien und Iran.

Von Ulrich Pick, ARD-Hörfunkstudio Istanbul, zurzeit in Teheran

Als am Wochenende der türkische Außenminister Ali Babacan Teheran besuchte, war Iran in einer äußerst komfortablen Lage. Ein Nachbarland, das auch Mitglied der Nato ist, suchte um Solidarität nach und die Islamische Republik konnte den Friedensmahner spielen. Denn der iranische Außenminister Manutschehr Mottaki gab seinem Kollegen aus Ankara den Rat, nicht zur Bekämpfung der als Terrororganisation eingestuften PKK in den Nordirak einzumarschieren. Gleichzeitig betonte der iranische Chefdiplomat, dass sein Land Hinweise habe, dass Terrororganisationen im Irak von den USA und Israel unterstützt würden.

Die Angst vor einem Kurdenstaat

Nun klingt es widersprüchlich, wenn ein Land wie Iran, das mit Hamas und Hisbollah selber entsprechende Gruppen finanziert, ihre politischen Gegner der Unterstützung des Terrorismus verdächtigt. Allerdings ist durchaus etwas Richtiges an der Einschätzung Teherans. Denn Washington unterstützt im Nordirak die iranisch-kurdische PJAK, eine Schwesterorganisation der PKK, weil diese gegen das Regime in Teheran vorgeht.

Die PKK

Die PKK kämpft für einen eigenen Staat der Kurden oder zumindest ein Autonomiegebiet im Südosten der Türkei. In einem Guerillakrieg sind seit 1984 laut Schätzungen 40.000 Menschen getötet worden. Das Hauptquartier der PKK befindet sich in den nordirakischen Kandil-Bergen. Mit der türkischen Regierung wurde ein Waffenstillstand vereinbart, den aber beide Seiten inzwischen wieder aufkündigten. Die Beziehungen zur AKP-Regierung sind angespannt.

Die EU, die USA, die Türkei, der Irak und weitere Staaten stufen die PKK als terroristische Vereinigung ein. Die deutsche Organisation der PKK wurde 1993 vom Bundesinnenministerium verboten.

Deswegen wundert es nicht, dass die USA der türkischen Bitte, mit Ankara zusammen die PKK zu bekämpfen, bislang nicht nachgekommen sind. Allerdings hat diese Zurückhaltung ihren Preis: Indem sich die USA dem Ansinnen der Türken verschließen und den Eindruck erzeugen, sie würden Terrororganisationen mit unterschiedlichem Maß messen, erhöhen sie nicht nur den Zorn am Bosporus, sondern treiben Ankara auch in die Arme von Teheran und Damaskus.

Die USA in der Zwickmühle

Denn die Türkei, Iran und Syrien verbindet die gemeinsame Angst vor einer zu großen Macht der Kurden im Nordirak. Kein Wunder, dass an dem Tag, als das türkische Parlament Ministerpräsident Erdogan die Ermächtigung zu einem Einmarschbefehl Richtung Nordirak erteilte, Syriens Präsident Assad in Ankara weilte und Erdogan den Rücken stärkte. Somit sitzt Washington in der Zwickmühle: Einerseits sind die Kurden für die USA eine wichtige Stützte als Machthaber im auseinanderbrechenden Irak. Andererseits treiben sie durch ihre große Solidarität zur kurdischen Regionalregierung in Arbil den wichtigen Nato-Partner Türkei immer mehr in die Arme von Iran und Syrien. Und daran dürfte den USA auch nicht gelegen sein.

Kurden

Die Mehrzahl der rund 30 Millionen Kurden lebt im Grenzgebiet zwischen der Türkei, dem Irak, Iran und Syrien. Trotz einer langen Geschichte hatten sie nie einen eigenen Staat. Im Irak unter Saddam Hussein wurden die Kurden systematisch verfolgt. Heute haben sie im Nordirak faktisch eine Art Selbstverwaltung errichtet. Aus der Türkei gab es immer wieder Berichte über Repressalien gegen Kurden. Vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wurde das Land wegen des Todes von elf Kurden, die 1993 nach "unmenschlicher Behandlung" durch die türkische Polizei starben, verurteilt.