Besuch in der Türkei Merkel offen für Visa-Erleichterungen
Kanzlerin Merkel hat sich für Visa-Erleichterungen für türkische Bürger in der EU ausgesprochen. Diese könnten für Wirtschaftsvertreter, Akademiker, Künstler und Studenten gelten, sagte Merkel bei einem Wirtschaftsforum in Istanbul. Die Türkei müsse jedoch einige Bedingungen dafür erfüllen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich bei einem deutsch-türkischen Wirtschaftsforum in Istanbul offen für Visa-Erleichterungen für die Türkei in der EU gezeigt. Denkbar sei etwa, die Reisebedingungen für Wirtschaftsvertreter, aber auch für Studenten und Künstler zu erleichtern, sagte Merkel: "Wir alle haben daran Interesse", betonte sie. Visa sollten zudem länger gelten und Verlängerungen einfacher werden.
Voraussetzung sei jedoch ein Rückführungsabkommen in Fällen von illegaler Einreise. Bislang weigert sich die Türkei, Flüchtlinge, die über ihr Territorium in die EU eingereist sind, nach der Abschiebung wieder aufzunehmen. Merkel forderte die Türkei auch auf, ihre Grenzen besser zu schützen. In dieser Hinsicht sei die Regierung in Ankara auf einem guten Weg.
Türkei fühlt sich gegenüber Balkan-Staaten benachteiligt
Die Verhandlungen über Visa-Erleichterungen werden von der EU geführt. Merkel erklärte, sie könne sich aber auch eine bilaterale Lösung zwischen Deutschland und der Türkei vorstellen. Die Regierung in Ankara hatte unter Verweis auf die Visafreiheit der EU mit Serbien, Mazedonien und Montenegro gleiches Recht für ihre Staatsbürger gefordert. Die Bürger aus den ehemaligen jugoslawischen Teilstaaten können visumfrei reisen, obwohl ihre Länder noch nicht mit Beitrittsgesprächen begonnen haben. Die Türkei fühlt sich benachteiligt, da sie dem Visumzwang unterliegt, obwohl die Verhandlungen für einen EU-Beitritt seit 2005 laufen.
Neues Steuerabkommen bis zum Jahresende
Merkel ging bei dem Wirtschaftsforum auch auf eine Forderung deutscher Wirtschaftsvertreter ein. Diese hatten im Vorfeld von Merkels Türkei-Reise ein neues Doppelbesteuerungsabkommen zwischen beiden Staaten bis zum Ende des Jahres gefordert.
Sie sei sich mit dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan einig, dass die Finanzminister beider Länder schneller die offenen Fragen klären müssten, sagte Merkel bei dem Wirtschaftsforum. Sollte es dabei zu Problemen kommen, seien beide Regierungschefs bereit, diese zu lösen.
Mit Doppelbesteuerungsabkommen wird verhindert, dass Steuerzahler sowohl in Deutschland als auch im Ausland Steuern auf ihre Einkommen und Vermögen zahlen müssen. Festgelegt ist darin, wann ein Land auf eine Besteuerung verzichtet oder in welcher Höhe bereits gezahlte Steuern aus dem Ausland im Inland anzurechnen sind.
Im Kampf gegen Steuerflucht hatte die schwarz-rote Vorgängerregierung in Berlin im vergangenen Sommer das deutsch-türkische Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von Bürgern und Unternehmen gekündigt - und zwar zum 1. Januar 2011. Auf eine Kündigung bereits zum 1. Januar 2010 wurde verzichtet, um genügend Zeit für Verhandlungen über ein neues Abkommen zu haben.
Das Doppelbesteuerungsabkommen mit der Türkei besteht inzwischen fast 25 Jahre. Ankara war nach mehrfacher Aufforderung Berlins nicht an den Verhandlungstisch gekommen.